Sozialpsychologie: Der Glaube ans Gute überwindet Vorurteile
Über eine Gruppe, der wir uns zugehörig fühlen, urteilen wir in der Regel wohlwollend. Das Verhalten »fremder« Gruppen erscheint uns hingegen eher suspekt. In diesem Phänomen wurzeln auch rassistische Einstellungen. Jetzt präsentieren zwei Forscher von der Harvard University einen »unglaublich einfachen« Weg, Vorurteile gegenüber Fremden zu korrigieren. Wie Julian de Freitas und Mina Cikara in der Fachzeitschrift »Journal of Experimental Social Psychology« berichten, genügt eine einzige Frage: Was ist das tiefste, innere Selbst dieser Person?
Zu ihrer dreiteiligen Studienreihe luden die Psychologen jeweils mehrere hundert weiße Probanden über die Onlineplattform Mechanical Turk ein. Zunächst legten sie ihnen die Geschichte eines Mannes vor, der in einer Variante erst ein guter und dann ein schlechter Vater war, in der anderen Variante vom schlechten zum guten Vater wurde. Dann fragten sie die Probanden, welcher Teil seines Selbst das jeweilige Verhalten verursachte.
Es spielte keine Rolle, ob der Vater einen arabischen oder »weißen« Namen trug und ob er sich in der Geschichte zum Guten oder zum Schlechten entwickelte: Die meisten Probanden gaben an, seine guten Seiten spiegelten den wahren Kern seiner Persönlichkeit. Wenn sie diese Frage gestellt bekamen, urteilten sie danach außerdem über arabische Immigranten nicht schlechter als über weiße Mitbürger, unter anderem empfanden sie sie nicht mehr als bedrohlicher. Sollten sie erst über ihre Einstellungen Auskunft geben, bewerteten sie Weiße positiver als Immigranten aus arabischen Ländern.
Zu ihrer Überraschung stellten die Psychologen fest, dass nach der Frage zum wahren Kern des Mannes nicht nur das negative Vorurteil gegen Fremde verschwand: Auch die positive Bewertung der eigenen Gruppe schrumpfte. »Wer zuvor über das wahre Selbst nachgedacht hat, bewertet die Mitglieder sowohl der fremden als auch der eigenen Gruppe nuancierter«, erläutern de Freitas und Cikara. »Die Probanden erinnern sich daran, dass auch die Angehörigen der eigenen Gruppe nicht immer nur Gutes tun.«
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