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Planetenforschung: Der große Frühjahrssturm auf Saturn

Der Sturm auf Saturn im sichtbaren und infraroten Licht
Eher an ein ätherisches Kunstwerk, denn an einen Himmelskörper erinnert der Anblick des Ringplaneten Saturn im Teleskop. Ruhig scheint die deutlich abgeplattete Kugel inmitten ihres Ringsystems zu schweben, auf ihrer gelblichen Oberfläche lassen sich meist nur Andeutungen von von helleren und dunkleren Wolkenbändern erkennen. Doch derzeit zeigt sich Saturn von seiner dynamischen Seite: Seit Ende letzten Jahres beobachten Amateur- und Profi-Astronomen und die Wissenschaftler der US-Raumsonde Cassini auf der Nordhalbkugel des Planeten einen heftigen Sturm, der sich seitdem immer weiter entlang des 40. Breitengrads ausgebreitet hat und den Planeten nun umgürtet.

Der Sturm reicht dabei vom 20. bis zum 50. Breitengrad. Etwa einmal pro Saturnjahr, also rund alle 30 Erdjahre, bildet sich auf der Nordhalbkugel des Planeten im Laufe der ausgeprägten Jahreszeiten des Ringplaneten ein mächtiger Sturm, der sich als helle Zone erkennen lässt. Erstmals wurde ein solches Ereignis im Jahre 1876 gesichtet, das letzte Ereignis dieser Art zeigte sich im Jahre 1990. Somit kommt dieser Sturm rund zehn Jahre zu früh.

Nun ergriffen Forscher um Leigh N. Fletcher an der Universität von Oxford die Gelegenheit, mittels erdgebundener Großteleskope und Bilddaten der US-Raumsonde Cassini, die seit Juli 2004 den Ringplaneten umkreist, Einblicke in das Sturmgeschehen zu erhalten. Sie nutzten dafür die Infrarotkamera VISIR am Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile und das abbildende Infrarotspektrometer CIRS an Bord von Cassini, um den Ringplaneten im nahen und mittleren Infraroten zu untersuchen. Die Messdaten von Cassini decken den infraroten Wellenlängenbereich von 5 bis 200 Mikrometer ab, die VLT-Beobachtungen erfassen den Bereich von 7 bis 20 Mikrometer. In diesem Wellenlängenbereich lässt sich die Saturnatmosphäre im Druckbereich zwischen 70 Millibar und 3 Bar erkunden, also wesentlich tiefer, als es im sichtbaren Licht möglich wäre. Zudem erlauben die Daten auch die Erkundung der höhergelegenen Stratosphäre im Druckbereich zwischen 0,5 und 20 Millibar.

Mit großer Wahrscheinlichkeit entsteht der Sturm in tieferliegenden Wolkenschichten aus Wasserdampf. Ähnlich wie bei irdischen Gewittern wallen bei Saturn gelegentlich enorme Gasströmungen auf. Sie sind wärmer als die höheren Schichten und drängen somit nach oben in die ruhigen Gas- und Wolkenschichten, die sonst das Bild des Saturn prägen. In den aufwallenden Gewittern konnte das Radiowelleninstrument der Raumsonde Cassini heftige von Blitzen erzeugte Radiostörungen nachweisen.

Die Sturmgebiete werden von den enorm starken Windströmungen in der höheren Saturnatmosphäre erfasst und dabei in die Länge gezogen. Die aufwallenden Gase führen in den hohen Schichten zu deutlichen Temperaturänderungen. Die Stürme setzen in der Saturnatmosphäre Energie frei, die mit den zugehörigen Gasmassen um den gesamten Planeten transportiert werden. Dadurch wird das sonst vorherrschende Regime der Strahlströme verändert, und es entstehen enorme Wirbel, die sich sogar in Amateurfernrohren deutlich als helle Zone auf dem Planeten erkennen lassen.

Nach wie vor ist aber völlig unklar, warum Saturn nur gelegentlich zu solchen Stürmen neigt, obwohl auch dieser Gasriese ähnlich wie sein Nachbar Jupiter aus seinem Inneren mehr Wärme abgibt, als er von der Sonne empfängt. Bei Jupiter sorgt die aus dem Planeteninneren entweichende Wärme für eine äußerst stürmische und turbulente Atmosphäre.

Tilmann Althaus

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