Geophysik: Der große Graben
Jene Nahtstellen unseres Planeten, an denen Erdkruste versinkt und vergeht, machen sich durch Erdbeben und Vulkanismus deutlich bemerkbar. Weniger dramatisch und vor allem kaum sichtbar, da überwiegend tief unter dem Meer, zeigen sich die Orte der Nachschubproduktion: die Riftzonen. Nur an wenigen Stellen bieten sie einen direkten Blick auf das Geschehen. Welch ein Glück, wenn dann auch noch ein Satellit zum richtigen Zeitpunkt genau hinschaut.
Mag es auch nicht so aussehen, unser Untergrund ist ständig in Bewegung – riesigen Puzzleteilen gleich pflügen die Lithosphärenplatten mit Geschwindigkeiten von bis zu mehreren Zentimetern pro Jahr durch den zähen Oberen Erdmantel. An manchen Grenzen schrubben sie einfach nur mehr oder weniger geruhsam längs aneinander vorbei. An anderen wiederum taucht ein Kollisionspartnern unter den anderen, was angesichts der starren Kontrahenten natürlich nicht ohne schweres Rumpeln in Form von Erdbeben und feurigem Aufstoßen aus der glutheißen Tiefe vor sich geht.
Und dann bleiben natürlich noch jene Nahtstellen, an denen Planet Erde das andernorts verschluckte Krustenmaterial wieder nachliefern muss – die Riftzonen, an denen Magma aufsteigt und die aufreißende Erdkruste wieder ausbessert. Da dies vorwiegend an mittelozeanischen Rücken geschieht, sind solche Dehnungsfugen an Land überhaupt nur an wenigen Stellen zu sehen: in Island beispielsweise, und dem Großen Afrikanischen Grabenbruch. Wer nicht so weit reisen und das Ganze in ruhigerer Kulisse genießen will, dem sei der Oberrheingraben empfohlen – auch er paust den Dehnungsstress des Untergrundes durch, der erloschene Kaiserstuhl ein alter vulkanischer Zeuge, das Rheintal abgesunken zwischen den Schultern der Vogesen und des Schwarzwaldes bis zum Odenwald: ein Bilderbuchexemplar eines Grabenbruchs.
Und dann bleiben natürlich noch jene Nahtstellen, an denen Planet Erde das andernorts verschluckte Krustenmaterial wieder nachliefern muss – die Riftzonen, an denen Magma aufsteigt und die aufreißende Erdkruste wieder ausbessert. Da dies vorwiegend an mittelozeanischen Rücken geschieht, sind solche Dehnungsfugen an Land überhaupt nur an wenigen Stellen zu sehen: in Island beispielsweise, und dem Großen Afrikanischen Grabenbruch. Wer nicht so weit reisen und das Ganze in ruhigerer Kulisse genießen will, dem sei der Oberrheingraben empfohlen – auch er paust den Dehnungsstress des Untergrundes durch, der erloschene Kaiserstuhl ein alter vulkanischer Zeuge, das Rheintal abgesunken zwischen den Schultern der Vogesen und des Schwarzwaldes bis zum Odenwald: ein Bilderbuchexemplar eines Grabenbruchs.
Nicht immer öffnen sich solche Fugen nur in Form kleiner Schritte: Tim Wright von der Universität Oxford und seine Kollegen konnten nun einen regelrecht gewaltigen Sprung verfolgen, dank der scharfen Augen des Umweltsatelliten Envisat. Ort des Geschehens: die Afar-Senke in Zentral-Äthiopien, wo die Nubische, Somalische und Arabische Platte auseinander streben.
Am 14. September 2005 hatte ein Erdbeben die Region rund um den Vulkan Dabbahu, 400 Kilometer nordöstlich von Addis Abeba, erschüttert. Hunderte weitere, teils heftige Beben folgten. Am 26. September öffnete sich im Rahmen einer kleinen Eruption des Vulkans eine 500 Meter lange und sechzig Meter tiefe Spalte an dessen östlicher Flanke – und mit ihr Risse und Brüche auf sechzig Kilometer Länge.
Indem die Forscher Satellitenaufnahmen vor und nach den Ereignissen auswerteten, konnten sie ein dreidimensionales Modell des Geschehens erstellen. Demnach war von der nördlichen Spitze der Riftzone in Tiefen von zwei bis neun Kilometern Magma nicht etwa an die Oberfläche, sondern horizontal nach Süden geströmt – mit 2000 Kubikmetern pro Sekunde, was dem mittleren Abfluss des Rheins kurz vor dem Delta entspricht. Binnen nur einer Woche baute die Glutschmelze eine Art Damm im Untergrund auf, der die Erdkruste um bis zu acht Meter aufspreizte. Dieser Keil dürfte nun ein Volumen von 2,5 Kubikkilometern haben – doppelt so viel, wie der Mount St. Helens 1980 in die Luft schleuderte. Der Ausbruch des Dabbahu war dabei möglicherweise nur eine Begleiterscheinung, als das heiße Material eine Magmenkammer des Vulkans erhitzte und so die Eruption auslöste.
Damit präsentiert sich ein ganz neues Bild der Prozesse in einer kontinentalen Riftzone. Bislang gingen Forscher davon aus, dass in einem solchen Grabenbruch auf dem Festland – begrenzt durch zwei parallele Störungszonen – das Zentrum absinkt und Material aus dem Mantel aufsteigt, schmilzt und schließlich schwere Vulkanausbrüche bedingt. Nun aber zeigt sich, dass die Gesteinsschmelze ihren Weg in die Kruste auch unterirdisch findet und die Spreizung fördert, ohne sich als Eruption an der Oberfläche bemerkbar zu machen.
Letztendlich bildet sich so Zentimeter um Zentimeter in der Afar-Wüste ein neuer Ozean. Bis allerdings die Wassermassen des Roten Meers das neue Becken fluten werden, vergeht noch einige Zeit. In einer Million Jahre aber, so schätzt Wright, könnte sich das Horn Afrikas endgültig vom restlichen Festland getrennt haben. Welche Augen dann den großen Graben überwachen werden?
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