News: Der Hang zur Flasche
Tamara Phillips und ihre Mitarbeiter von der Oregon Health Sciences University führten verschiedene Experimente mit Mäusen durch, denen durch eine Mutation der D2-Rezeptor fehlte. So setzten sie die Tiere in einen Käfig mit zwei Trinkbehältern. Der eine davon war mit Wasser gefüllt, der andere enthielt Ethanol. Die Mäuse der Kontrollgruppe tranken bevorzugt den Alkohol, während die Nager ohne D2-Rezeptor nur halb soviel davon zu sich nahmen. Um sicherzugehen, daß die Tiere nicht einfach den Geschmack widerlich fanden, testeten die Wissenschaftler zusätzlich das Wahlverhalten, wenn anstelle des Alkohols eine süße Saccharin- oder eine bittere Chininlösung neben dem Wasser stand. In beiden Fällen ergaben sich keine Unterschiede zur Kontrollgruppe. "Unserer Forschung zufolge reduziert die Entfernung des D2-Rezeptors den Alkoholkonsum auf die Hälfte", sagt Phillips.
Das Fehlen des Rezeptors verminderte außerdem die benebelnden Auswirkungen des Alkohols. Nach einer Injektion von Ethanol veränderte sich die Motorik der mutierten Mäuse fast gar nicht. Normale Nager hatten dagegen Gleichgewichtsstörungen und Bewegungsschwierigkeiten.
Wie der Zusammenhang zwischen dem Drogenmißbrauch und der Euphorie im Gehirn im Detail hergestellt wird, ist allerdings noch nicht klar. Nach Aussage der Wissenschaftler gibt es vermutlich nicht nur ein "Alkoholiker-Gen", sondern es läuft ein kompliziertes Wechselspiel mehrerer Transmitter und Systeme ab. So konnten Phillips und andere Forscher auch zeigen, daß Mäuse, denen ein Rezeptor für Serotonin fehlt, mehr als doppelt so viel wie normale Tiere trinken.
Obwohl die Untersuchungen an Mäusen durchgeführt wurden, sieht Phillips mögliche Konsequenzen für die Behandlung von Alkoholismus beim Menschen. "Stellen Sie sich vor, Sie hätten ein Medikament, daß an den D2-Rezeptor bindet, so daß Dopamin dort nicht mehr binden kann. Das wäre, als würde der Rezeptor fehlen. Wenn das machbar wäre, könnte dadurch die Trinksucht reduziert werden. Allerdings ist das Hauptproblem, die eventuellen Nebenwirkungen der Arznei zu verhindern, denn Dopamin ist entscheidend an vielen normalen Funktionen des Nervensystems beteiligt."
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 14.5.1998
"Ein möglicher Faktor der Sucht"
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