News: Der Hauch des Hurrikans
Modelle zum Treibhauseffekt sind umso besser, je vollständiger der Satz von Parametern ist, durch welche das Klima beeinflußt wird. Also sollten möglichst alle Quellen und Senken für beispielsweise Kohlendioxid bekannt sein. Dabei kann es zu manch überraschenden Feststellungen kommen. Wer hätte schon gedacht, daß ausgerechnet Hurrikans, die aufgrund der Klimaerwärmung häufiger werden, selbst Kohlendioxid aus dem Meer freisetzen?
Als Nicholas R. Bates und seine Kollegen von der Bermuda Biological Station for Research und der University of Southern California in Los Angeles die Daten vom 14. und 15. August 1995 auswerteten, waren sie überrascht, daß der Hurrikan Felix damals zu einem massiven Anstieg der lokalen Kohlendioxidkonzentration geführt hat (Nature vom 3. September 1998).
Felix wanderte direkt über ein Gebiet in der Sargassosee, 50 Kilometer südlich von Bermuda, in dem die Wissenschaftler routinemäßig Messungen der atmosphärischen Bedingungen und der Meeresoberfläche vornehmen. Durch diesen glücklichen Umstand entdeckten die Forscher, daß der Hurrikan vorübergehend die lokale CO2-Ausgasung der See um das 100fache gesteigert hatte. Nach ihren Berechnungen haben Felix und zwei weitere Hurrikans, die etwas später im Jahr vorbeizogen, zusammen den Gesamtausstoß im Sommer regional um nahezu 55 Prozent gesteigert.
Das Kohlendioxid wird hauptsächlich durch die mechanische Einwirkung des Windes freigesetzt. Der Hurrikan zerstäubt große Wassermengen zu Schaum und feinste Dunstwölkchen, wobei Kohlendioxid entweicht – ähnlich wie bei einer geschüttelten Limonade.
Das Meer speichert gewaltige Mengen CO2, die teilweise physikalisch im Wasser gelöst sind und teilweise als organischer Kohlenstoff der Tiere, Pflanzen und Mikroorganismen vorliegen. Jedes Jahr entziehen die Ozeane der Atmosphäre netto Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Durch Photosynthese binden die Meeresorganismen das Gas, während Kohlendioxid-reiches Wasser aus der Tiefe welches an die Luft abgibt. Die wichtige Rolle der Meere im Kohlendioxidkreislauf kann nur dann richtig eingeschätzt werden, wenn derartige Vorgänge genau bekannt sind. Und ab jetzt werden Hurrikans in diesen Rechnungen berücksichtigt werden müssen.
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