Exoplaneten: Der innere Rand der habitablen Zone
Die habitable Zone sonnenähnlicher Sterne ist vermutlich deutlich schmaler, als Forscher zuletzt angenommen hatten. Das zeigt eine Studie, in der ein Team um Jérémy Leconte vom Laboratoire de Météorologie Dynamique in Lyon die Atmosphäre der Erde bei höheren Temperaturen simuliert hat. Demnach kann flüssiges Wasser auf der Oberfläche eines Felsplaneten existieren, wenn zwischen diesem und seinem sonnenähnlichen Zentralgestirn ein Abstand von 95 Prozent des Abstands zwischen Sonne und Erde besteht.
Zuletzt hatten Forscher um Geoffrey Marcy postuliert, Planeten im Orbit von Sonnen könnten bis zu einem Abstand von 50 Prozent der Distanz Erde-Sonne bewohnbar sein. Auf Basis dieser Annahme und der bisher ausgewerteten Daten des Kepler-Teleskops hielten sie es für möglich, dass 22 Prozent aller sonnenähnlichen Sterne in der Milchstraße einen Planeten beherbergen könnten, auf dem Leben denkbar ist. Das nun veröffentlichte Ergebnis von Leconte und seinen Kollegen legt dagegen nahe, dass diese Zahl zu optimistisch ist.
Je enger ein erdähnlicher Planet seinen Stern umkreist, desto heißer wird dessen Atmosphäre. Mit steigender Temperatur verdampft immer mehr Wasser, der Wasserdampf in der Luft verstärkt den Treibhauseffekt. Ab einem gewissen Abstand von Stern und Planet sind Ozeane und Flüsse komplett verdampft – Leben ist damit nur noch sehr schwer vorstellbar. Die meisten Exoplaneten-Forscher betrachten diesen Abstand als inneren Rand der habitablen Zone eines Sterns: Umkreist ein Planet auf einer engeren Umlaufbahn sein Zentralgestirn, kann kein flüssiges Wasser mehr auf der Oberfläche fließen. Vor knapp einem Jahr war dieses Limit auf 99 Prozent des Abstands zwischen Erde und Sonne vergrößert worden. Davor hatte es den Wert 95 Prozent gegeben, der bereits im Jahr 1993 errechnet wurde.
Leconte und seine Kollegen verwendeten nun ein dreidimensionales Atmosphärenmodell, um den Übergang einer feuchten Erde zu einem lebensfeindlichen Felsbrocken zu simulieren; die bisherigen Abschätzungen basierten überwiegend auf eindimensionalen Simulationen, in denen regionale Unterschiede in der Atmosphäre keine Rolle spielen. Die Modelle von Metereologen hingegen sähen nicht den Fall vor, dass Wasserdampf einen wesentlichen Teil der Erdatmosphäre ausmachen kann, schreiben die Autoren. Im Gegensatz zu einfacheren Simulationen einer heißen Atmosphäre ergibt die Arbeit von dem Team um Leconte: Tiefere Atmosphärenschichten voller Wasserdampf können deutlich mehr Wärme aufnehmen, als Forscher in der Vergangenheit dachten.
Der innere Rand der habitablen Zone verschiebt sich daher auf den Wert, den er bereits 1993 hatte: 95 Prozent der Distanz Erde-Sonne. Die Zahl der erdähnlichen Planeten um sonnenähnliche Sterne könnte somit um einen Faktor zwei niedriger sein als zuletzt angenommen, schreibt der Exoplanetenforscher James Kasting in einem Begleitkommentar. Die Folge: Ein künftiges Weltraumteleskop, das aussichtsreiche Kandidaten untersuchen soll, müsste entsprechend größer gebaut werden, so Kasting.
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