News: Der Kampf zwischen Pflanzen und ihren Krankheitserregern
"Die These des 'Wettrüstens' ist ein weithin anerkanntes Modell für die Evolution von Resistenzgenen gegen Krankheiten, weil es sehr eingängig ist. Bisher wurde es aber nicht wissenschaftlich geprüft", sagt Bergelson. Die Forscher untersuchten das Rpm1-Gen in der Gattung Arabidopsis, zu der auch die Ackerschmalwand gehört. Das Gen ist an einer bestimmten Stelle in der DNA – dem Locus – entweder vorhanden oder es fehlt. Diese beiden Möglichkeiten werden Allele genannt. Wenn die Basensequenz fehlt, ist die Pflanze anfällig für Infektionen durch phytopathogene Keime.
Die Wissenschaftler konzentrierten sich auf die angrenzenden DNA-Abschnitte des Gens. Sie zählten die Unterschiede in den Basenpaaren – auch Polymorphismen genannt –, um das Alter des Gens festzustellen. Diese Unterschiede in der Basenzusammensetzung häufen sich im Laufe der Zeit an und dienen so als eine Art molekulare Uhr – je größer die Unterschiede, desto älter das Allel.
Bergelson und ihre Mitarbeiter entdeckten, daß die Zahl an Polymorphismen sehr viel größer war als die "Wettrüsten"-These vermuten ließ. Danach dürften nur wenige Unterschiede auftreten, da die Allele relativ jung sein müßten und eine hohe Mutationsrate aufweisen würden. "Die von uns gezählte Zahl der Polymorphismen zeigt, daß die Allele am Rpm1-Locus etwa 9,8 Millionen Jahre alt sind", sagt Bergelson. Die Forscher stellten außerdem Unterschiede im Rpm1-Gen selbst zwischen zwei eng verwandten Arabidopsis-Arten fest. Diese traten jedoch vor allem in Regionen auf, die keine Information tragen und so die Funktionalität des Produkts nicht beeinträchtigen.
"Wenn sich das Gen wirklich so schnell ändert, wie es im Zuge eines 'Wettrüstens' geschehen würde, dann müßten sich viele Veränderungen im Rpm1-Protein zeigen, da die Pflanze auf einen sehr schnell evoluierenden Krankheitserreger reagiert. Stattdessen scheint das Protein seit nahezu zehn Millionen Jahren unverändert zu sein – das ist das Alter des gemeinsamen Vorfahrens der Arten", sagt Eli Stahl, einer der Autoren.
Bergelson und ihre Kollegen entwarfen daraufhin ein Modell von einer Art "Schützengrabengefecht". Demnach verändert sich die Anzahl an anfälligen und resistenten Pflanzen in Abhängigkeit von auftretenden Epidemien. Während einer Infektion sterben die anfälligen Pflanzen ab, bis nur noch wenige in großen Abständen übrig bleiben. Die Erreger verlieren so ihre Wirte, und gehen selbst ein. Die resistenten Pflanzen dominieren für eine Weile, bis sich der Bestand der anfälligen Pflanzen in Abwesenheit der Krankheitserrerger wieder erholt hat. "Ökologische Modelle von Krankheiten weisen oft einen periodischen Verlauf auf, da sich das Ausmaß der Epidemie zum einen auf die Häufigkeit der anfälligen Organismen auswirkt, aber zum anderen auch davon abhängt", erklärt Bergelson.
"Wir können den Rückgang von resistenten Individuen nach einer Epidemie nur damit erklären, daß es in irgendeiner Art und Weise für die Pflanze kostspielig ist, das Rpm1-Gen auch in Abwesenheit des Pathogens zu behalten", sagt Bergelson. Die Wissenschaftler wollen sich nun in weiteren Untersuchungen um diesen Aspekt kümmern.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 3.8.1998
"Blüten und Käfer im evolutionären Duett"
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