Paläontologie: Der Kleinste der Beutellöwen
Bis zu 130 Kilogramm konnte ein ausgewachsener Beutellöwe der Art Thylacoleo carnifex wiegen, der bis ins Eiszeitalter vor wenigen zehntausend Jahren überlebt hat und zu den größten bekannten Fleischfressern Australiens zählte. Zu seiner näheren Verwandtschaft gehörten jedoch offensichtlich auch sehr kleine Vertreter, die nur die Größe eines Eichhörnchens erreichten und wenige hundert Gramm wogen. Das belegt der Fund von Microleo attenboroughi, der nach dem berühmten britischen Naturfilmer David Attenborough benannt und von Paläontologen um Anna Gillespie von der University of New South Wales im Journal "Palaeontologia Electronica" vorgestellt wurde. Die Tiere lebten vor etwa 18 Millionen Jahren in den damaligen Regenwäldern Nordaustraliens, und die Überreste von zumindest einem Exemplar gruben Gillespie und Co in der reichhaltigen Fossilienfundstätte der Riversleigh World Heritage Area in Queensland aus – sie gilt als eine der wichtigsten paläontologischen Ausgrabungsorte weltweit.
Microleo ist demnach deutlich kleiner als die anderen Vertreter der Beutellöwen – selbst der nächstgrößere Priscileo wiegt bereits mehrere Kilogramm. Für seinen großen Vetter Thylacoleo carnifex wäre er wohl nur ein kleiner Snack gewesen, wie die extremen Unterschiede in der Zahngröße andeuten. Beschrieben wurde die neue Spezies anhand der entdeckten Zähne und Schädelknochen, wobei die messerscharfen prämolaren Backenzähne sofort auf eine Zugehörigkeit zu den Beutellöwen schließen ließen. "Microleo attenboroughi erinnerte mehr an ein niedliches, aber dennoch angriffslustiges Kätzchen", so Gillespie. Zur damaligen Zeit teilte sich die Art ihren Lebensraum wohl mit zwei weiteren Beutellöwenvertretern, die ihrerseits katzen- beziehungsweise hundegroß waren. Dadurch besetzten alle drei unterschiedliche ökologische Nischen und konkurrierten wenig oder gar nicht um Nahrung. Microleo besiedelte wahrscheinlich die Baumkronen und jagte dort nach Insekten und kleinen Wirbeltieren, er musste aber wahrscheinlich aufpassen, nicht selbst Beute seiner größeren Verwandten zu werden.
Vor 18 Millionen Jahren war Australien deutlich feuchter als heute, weshalb Regenwälder eine größere Fläche bedeckten. Die reichhaltige Fauna wird von der Riversleigh World Heritage Area hervorragend dokumentiert. Unter anderem gruben Forscher dort bereits ein riesiges Schnabeltier aus, das einen Meter lang wurde. Zudem fanden sie 70 Kilogramm schwere koalaähnliche Beuteltiere, zahlreiche Fledermäuse, Reptilien und Vögel – darunter den urtümlichsten Papagei Australiens. "Die Vielfalt an Säugetieren glich wahrscheinlich eher derjenigen auf Borneo als irgendeiner Region in Australien heute", so Suzanne Hand von der University of New South Wales.
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