Raumsonden: Der letzte Flug des Marshelikopters Ingenuity
Die US-amerikanische Raumfahrtbehörde NASA feiert einen Fehlschlag als Erfolg und hat damit sogar Recht: Nach 72 Flügen hat der Marshelikopter Ingenuity am 18. Januar 2024 seinen letzten Flug absolviert. Er befand sich seit April 2021 unermüdlich im Einsatz; das entspricht etwa 1000 Marstagen. Mit der Muttersonde, dem Rover Perseverance, der Ingenuity einst auf den Mars transportiert hatte, konnte bei seinem letzten Flug wieder eine Verbindung aufgenommen werden. Die dabei übermittelten Bilder zeigen, dass die Spitze von mindestens einem Rotorblatt abgebrochen ist – somit ist Ingenuity nicht mehr flugfähig.
Dies ist zwar eine traurige Nachricht, aber Ingenuity hat seine geplanten Aufgaben deutlich übererfüllt: Ursprünglich sollte die kleine Drohne mit Doppelrotor nur fünf Flüge auf dem Mars absolvieren und dabei einige dutzend Meter Flugstrecke zurücklegen. Die Gesamtbetriebsdauer war auf einen Monat angelegt. Bei der Ankunft auf dem Mars war sogar unsicher, ob Ingenuity tatsächlich abheben könnte. Auf der Erde lässt sich die Marsumgebung, insbesondere die geringere Schwerkraft von 38 Prozent der irdischen nur ungenügend nachstellen. So war die Spannung groß, als Ingenuity sich am 19. April 2021 erstmals erheben sollte, was mit Bravour gelang.
Insgesamt hielt die Drohne 33 Monate durch, flog 72-mal und legte dabei eine Flugstrecke von 17 Kilometern über der Marsoberfläche zurück. Schnell hatte die Missionskontrolle vom Rover Perseverance nach Abschluss der fünf Testflüge erkannt, dass sich der nach wie vor intakte Helikopter für echte Erkundungsaufgaben eignete und für Perseverance als Pfadfinder aktiv sein könnte. Ingenuity wurde in Gebiete geschickt, in die der Rover fahren sollte. Die Bilder zeigten, was Perseverance jeweils erwartet, so dass optimale Fahrstrecken für den Rover im Vorfeld ausgearbeitet werden konnten.
Beim Flug am 18. Januar, der sich als der letzte herausstellte, sollte sich Ingenuity nur kurz erheben, um mit Perseverance Kontakt aufzunehmen und in Sichtverbindung zu treten. Tatsächlich erhob sich der Helikopter bis auf zwölf Meter Höhe, hielt diese für 4,5 Sekunden, um dann mit einer Geschwindigkeit von einem Meter pro Sekunde wieder zur Oberfläche zurückzusinken. Als sich Ingenuity in einer Höhe von etwa einem Meter befand, riss der Funkkontakt plötzlich ab. Beim vorherigen Flug Nummer 71 war es zu einer Anomalie gekommen und Ingenuity hatte eine Notlandung hingelegt, so dass der genaue Aufenthaltsort unbekannt war. Daher sollte sich der Helikopter bei Flug Nummer 72 kurz erheben, um seine Position anzuzeigen.
Wahrscheinlich war die autonome Flugkontrolle von Ingenuity durch das recht gleichförmige Terrain in einem Flussbett durcheinandergeraten, so dass es zu einer unsanften Notlandung kam, wobei mindestens ein Rotorblatt beschädigt wurde. Derzeit ist Perseverance zu weit vom Helikopter entfernt, um Ingenuity im Detail zu fotografieren. Ob man ihm aber vielleicht doch einen Abschiedsbesuch abstattet, ist derzeit ungewiss. Auf jeden Fall sollen alle noch an Bord gespeicherten Bilder und Messdaten via Perseverance heruntergeladen und zur Erde übermittelt werden.
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