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Sozialpsychologie: Der Materazzi-Effekt

Andere zu verärgern kann strategische Vorteile bringen.
Wut macht stark

Der Fußballer Marco Materazzi hat es vorgemacht: Im WM-Finale 2006 beleidigte der Italiener den französischen Nationalspieler Zinedine Zidane so böse, dass dieser ihm einen Kopfstoß mitten auf die Brust verpasste – und für diese Tätlichkeit die rote Karte sah. Die Italiener wurden schließlich Fußballweltmeister. Materazzis Tat war zwar unmoralisch, aber strategisch gerissen, wie Uri Gneezy und Alex Imas von der University of California in San Diego erklären. Die Psychologen untersuchten in einem Experiment, wann wir unlautere Mittel zu unserem Zweck einsetzen und wann das nach hinten losgeht.

Dazu ließen die Forscher jeweils zwei männliche Studenten in verschiedenen Spielen gegeneinander antreten. Die eine Gruppe übte sich im Kräftevergleich – jedoch ohne Körperkontakt, sondern mit Hilfe eines Handkraftmessers –, die anderen lieferten sich in einem Strategiespiel am Computer ein Duell. Dem Gewinner winkten jeweils fünf Dollar Siegprämie.

Der Clou: Vor dem Spiel gewährten die Wissenschaftler einem der beiden Probanden das Recht, zu bestimmen, ob der Gegner nach dem Spiel für eine langweilige Extraaufgabe länger im Labor bleiben müsse. Je nachdem, wie lange er den anderen nachsitzen ließ, erhielt der Fiesling bis zu zwei Dollar zusätzlich.

Mit dieser unfairen Aktion zog der Entscheider den Zorn seines Gegenübers auf sich. Welche Auswirkungen das hatte, hing jedoch vom Spiel ab: Beim Kräftemessen verwandelten die Studenten ihre Wut in Kraft und gewannen zumeist das Match. Beim Strategiespiel dagegen schnitten sie schlechter ab.

Die Entscheider schienen das zu ahnen und verärgerten ihre Kollegen eher im Strategie- als beim Muskelspiel. Ob den Probanden wirklich bewusst war, was sie da taten, oder ob sie die "fiese Tour" intuitiv einsetzten, bleibt unklar. Dass sie aus reiner Boshaftigkeit handelten, scheint jedoch unwahrscheinlich.

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