Physik in der Küche: Der Mayonnaise-Effekt
Beim Herstellen von Mayonnaise geschieht etwas sehr Seltsames: Die entstehende Paste ist bis zu 1000-fach zähflüssiger als die beiden hauptsächlichen Komponenten Öl und Eigelb – ein Verhalten, das bis heute rätselhaft ist. Klaas Wynne von der University of Glasgow schlägt eine mögliche Erklärung für das Phänomen vor. Wie er im »Journal of Physical Chemistry Letters« schreibt, verhalte sich die Emulsion – und tatsächlich jede stark konzentrierte Lösung – ab einer kritischen Konzentration im Prinzip wie ein Sandhaufen unter Druck. Die flüssige Mischung besteht plötzlich aus festeren Körnern, die sich ineinander verkeilen und die innere Reibung des Systems deutlich ansteigen lassen. Diese »jamming transition« ist eine Folge des ordnenden Effekts, den gelöste Stoffe auf ihre Umgebung haben.
Tatsächlich hat schon eine wenig konzentrierte Lösung eine gewisse »Körnigkeit«. Ein gelöster Stoff wie Kochsalz zwingt dem Wasser in einer Umgebung durch seine Ladungsverteilung eine Struktur auf, so dass eine Hülle aus weniger beweglichen Wassermolekülen entsteht. Das fällt nur nicht so sehr auf, weil zwischen diesen Solvathüllen noch genug freie Wassermoleküle sind, und sich somit alle Beteiligten frei bewegen können. Doch wenn die Konzentration des gelösten Stoffs immer weiter steigt, ist immer mehr Lösungsmittel gebunden und immer weniger frei beweglich – bis die Hüllen aus gebundenen Molekülen aneinanderstoßen und die Reibung drastisch ansteigt.
Im Fall der Mayonnaise sind die »Körner« die in Wasser gelösten Tropfen aus Öl, Fett und anderen Eigelbbestandteilen, die im Vergleich zu den Solvathüllen anderer Moleküle besonders groß sind – dadurch ist der Effekt besonders ausgeprägt. Umgekehrt sei das auch der Grund, weshalb der Effekt bei Salz-Wasser-Lösungen nicht so spektakulär ist, schreibt Wynne: Die meisten Salze seien nicht löslich genug, um die kritische Konzentration zu erreichen, bei denen ihre weit kleineren Solvathüllen aneinanderstoßen. Der Effekt verrate sich trotzdem durch ein etwas anderes Fließverhalten auch bei niedrigen Konzentrationen, so der Forscher.
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