Direkt zum Inhalt

Neurolinguistik: Der Rolle des Broca-Zentrums auf der Spur

Seit Langem weiß man, dass das Broca-Zentrum im Gehirn bei der Sprachproduktion eine entscheidende Rolle spielt. Nur welche? Aktuelle Hirnmessungen geben darüber präzise Auskunft.
Hirnscans an einer Leuchtwand

Seit den wegweisenden Arbeiten des französischen Neurologen Paul Broca in den 1860er Jahren weiß man um die zentrale Rolle, die das später nach ihm benannte Großhirnareal bei der Sprachverarbeitung spielt. Im Allgemeinen wird es als "motorisches Sprachzentrum" bezeichnet, da ihm maßgeblich die Produktion gesprochenen Sprache obliegt. Doch wie das Broca-Zentrum dieser Aufgabe nachkommt und welche Funktion es genau einnimmt, ist in der Fachwelt umstritten.

Neue Anhaltspunkte dafür liefert nun die Studie eines Forscherteams um Nathan Crone von der Johns Hopkins University in Baltimore. Laut seinen Ergebnissen ist das Broca-Zentrum nicht primär mit der Steuerung der Artikulation betraut, sondern spielt vielmehr die Rolle eines zentralen Bindeglieds. Durch wechselseitige Verbindungen zu sensorischen und motorischen Kortexarealen stellt es eine Verknüpfung der im Gehirn an unterschiedlichen Stellen repräsentierten sprachlichen Information her. So wird es beispielsweise aktiv, wenn Probanden die Aussprache von Fantasiewörtern ermitteln sollen – hier müssen neue Verbindungen hergestellt werden –, ist dann aber während des eigentlichen Aussprachevorgangs stumm.

Das schlossen die Wissenschaftler jetzt aus Messungen, die sie direkt auf der Kortexoberfläche mit Hilfe so genannter ECoG-Elektroden vorgenommen hatten. Die Technik erlaubt es ihnen, den Fluss neuronaler Aktivität durch das Gehirn zu verfolgen – und zwar viel präziser, als es mit klassischen Methoden wie Hirnscanner oder EEG-Verfahren möglich wäre.

Allerdings muss für die Messung der Schädel geöffnet werden, was aus ethischen Gründen nur möglich ist, wenn sich ein Proband ohnehin einem hirnchirurgischen Eingriff unterziehen muss. Die Forscher wandten sich an insgesamt sieben Patienten, die vor einer Gehirn-OP standen und deren Schädel bereits geöffnet worden war. Auf Anweisung der Wissenschaftler wiederholten die Probanden zum Beispiel existierende und erfundene Wörter, die ihnen die Forscher vorsprachen. Währenddessen zeichneten die Messgeräte die neuronale Aktivität im Broca-Zentrum sowie in weiteren Hirnarealen auf. Aus der zeitlichen Abfolge der Signale, die die Elektroden aufzeichneten, rechneten Crone und Kollegen darauf zurück, wie innerhalb des Kortex Signale weitergereicht werden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.