Direkt zum Inhalt

Ölpalmen: Die meistgehasste Pflanze der Welt

Ölpalmen stehen in dem Ruf einer ökologischen Bedrohung. Können neueste Erkenntnisse der Genforschung dies ändern? Wissenschaftler arbeiten an der perfekten Ölpalme.
Früchte der Ölpalme

Nathan Lakey muss förmlich schreien, um sich im Höllenlärm der Maschinen in den Laborräumen von Orion Biosains nahe Kuala Lumpur Gehör zu verschaffen. Der Krach rührt unter anderem von einer Apparatur her, auf die Lakey ganz besonders stolz ist: ein Montageroboter in der Größe eines Mikrowellengeräts, der Kunststoffteile ineinandersteckt und per Lasergravur mit fortlaufenden Nummern versieht. Die gefertigten Teile sind Geräte zum Ausstanzen von Blattproben, die für den Versand nach Indonesien, Malaysia und Myanmar bestimmt sind. Mit ihrer Hilfe erhofft sich Lakey, ein amerikanischer Biochemiker und Geschäftsführer der Firma Orion, eine stark in Verruf geratene Industrie zu revolutionieren. Palmöl ist ein Rohstoff, der üblicherweise Bilder von Massenrodungen, Menschenrechtsverletzungen und sterbenden Orang-Utans heraufbeschwört. In Ländern wie Indonesien und Malaysia, in denen etwa 85 Prozent der weltweiten Palmölproduktion stattfinden, haben Ölpalmen bereits 16 Millionen Hektar Land erobert – Flächen, auf denen einst Regenwälder, tropische Torfmoore und alte Kautschukplantagen zu finden waren. Und es gibt keinerlei Anzeichen dafür, dass die boomende Entwicklung dieser Industrie abschwächt.

Trotz ihres schlechten Rufs ist die Ölpalme die ertragreichste Ölpflanze der Welt; aus Raps wurde 2017 nur etwa ein Sechstel der Ölmenge pro Hektar gewonnen; Sojabohnen liefern sogar nur ein Zehntel. Und doch kann das Potenzial der in den Plantagen angebauten Ölpalmen immer noch nicht vollends ausgeschöpft werden. Das Hauptproblem stellen genetische und epigenetische Variablen dar, die bei einigen Pflanzen zu einem verminderten Ertrag führen. Und da es etwa drei bis vier Jahre dauert, bis junge Palmen zum ersten Mal Früchte tragen, wissen die Ölpalmenbauern bis zu diesem Zeitpunkt nicht, ob sich die von ihnen gepflanzten Bäume zu Top-Ölproduzenten entwickeln oder lediglich wertloses Holz darstellen.

An dieser Stelle kommt Orion ins Spiel. Wenn nämlich die innerhalb Südostasiens versandten Blattstanzer zurückkehren, werden die darin enthaltenen Blattschnipsel von Labortechnikern der Firma aufbereitet und analysiert, und die Plantagenbesitzer erhalten nachfolgend einen Bericht über die Qualität ihrer Jungpflanzen. Eine Anwendung des Tests in großem Maßstab könne die jährlichen Einnahmen dieses Industriezweigs um rund vier Milliarden US-Dollar (etwa 3,7 Milliarden Euro) steigern, prognostiziert Lakey – und zwar ohne eine Ausweitung der Plantagen. »Aus einer gleich großen Anbaufläche könnten wir mehr Öl gewinnen. Dies würde den Druck mindern, durch Rodungen neue Flächen erschließen zu müssen«, erklärt Lakey.

Gute Schalen, schlechtes Karma

Wissenschaftler zeigen sich begeistert über den Versuch Orions, die jahrzehntelangen Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Ölpalmengenetik zur praktischen industriellen Anwendung zu bringen. Doch gibt es keine Garantie, dass die ambitionierten Pläne der Firma auch wirklich Früchte tragen. Unzureichende Regulierungen, politische Korruption sowie ein erhebliches Maß an Trägheit, insbesondere unter den Besitzern der kleinbäuerlichen Betriebe, die etwa 40 Prozent des weltweit konsumierten Palmöls produzieren, gefährden Orions Bemühungen. »Wenn sich das nationale System zur Bereitstellung von Finanzierung, Schulungsmaßnahmen und technischer Unterstützung nicht verbessert, wird die Wissenschaft nicht die Wirkung entfalten, die sie eigentlich sollte«, meint Andrew Bovarnick, globaler Leiter des zum Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen gehörenden Green Commodities Programme in Panama City. Einige Experten befürchten sogar, die Produktivitätssteigerung von Ölpalmen könnte mehr schaden als nützen.

Wie ein Teppich bedecken Ölpalmplantagen die Landschaft nördlich, östlich und südlich von Kuala Lumpur. Von oben betrachtet erscheinen sie sauber und ordentlich in ihrem saftigen Grün, doch zu ebener Erde wirkt das schlammige und hügelige Terrain, verglichen mit den sterilen und hoch technisierten Laboratorien Orions, wie eine andere Welt. Arbeiter stapfen durch die Pflanzenreihen und reichen mit langen Stangen, an deren Enden eine Art Sichel befestigt ist, in das Blätterdach hinauf, um an die stacheligen Fruchtbüschel zu gelangen. Die geernteten Fruchtstände werden anschließend zu den Hauptstraßen gebracht, wo sie auf Lastwagen geladen und zu den Mühlen befördert werden. Beim Aufschneiden der golfballgroßen Einzelfrüchte kommt das äußere, orangefarbene Fruchtfleisch (Mesokarp) zum Vorschein, aus dem jenes Palmöl hergestellt wird, das beim Kochen oder in der Lebensmittelverarbeitung Verwendung findet. Die sich anschließende braune Kernschale (Endokarp) trennt das Mesokarp vom innen liegenden weißen Kern; das daraus gewonnene Palmkernöl wird im Allgemeinen bei der Herstellung von Kosmetika, Seifen und Reinigungsmitteln eingesetzt.

Effizienzsteigerung im Pflanzenlabor | Als ertragreichste Variante gilt die Tenera-Variante, die durch Kreuzung von Pisifera und Dura erzeugt wird. Die entstehende Hybride liefert das meiste Palmöl für den Verzehr. Tenera-Pflanzen müssen mit Hilfe von Gewebekulturen kloniert werden, wobei immer wieder unerwünschte Fehlbildungen auftreten. (Epi-)Genetische Untersuchungen könnten betroffene Schösslinge identifizieren helfen.

Auch wenn sich die Pflanzen in ihrer äußeren Erscheinung größtenteils gleichen, gibt es bei Ölpalmen drei verschiedene Fruchtformen – Dura, Pisifera und Tenera –, die sich zudem stark in ihrer Ölausbeute unterscheiden. Aus den Samen des Dura-Typs wachsen Pflanzen heran, deren Früchte eine dicke Kernschale besitzen und die nur wenig Öl liefern. Palmen des Pisifera-Typs sind zuweilen unfruchtbar, doch wenn sie Früchte produzieren, fehlt diesen häufig eine Kernschale. Tenera, eine Hybride aus Pisifera und Dura, entwickelt Früchte mit einer feinen, dünnen Kernschale, aus denen sich reichlich Öl gewinnen lässt. Das für die Dicke der Kernschale verantwortliche Gen – es trägt übrigens den sehr einfallsreichen Namen SHELL – wurde 2013 von Forschern der Firma Orion, des Cold Spring Harbor Laboratory in New York sowie des Malaysian Palm Oil Board (MPOB), eines Forschungsinstituts der malaysischen Regierung mit Sitz in Kuala Lumpur, identifiziert.

Klassischerweise werden Tenera-Samen hergestellt, indem Züchter die Blüten weiblicher Dura-Palmen mit den Pollen männlicher Pisifera-Palmen bestäuben. Nach neunmonatiger Reifezeit beginnen die Samen zu keimen. Vor der Pflanzung ins Freiland müssen die Schösslinge ein Jahr lang in einer Baumschule gezogen werden. Nach drei bis vier Jahren tragen die Palmen erstmalig Früchte und können den Bauern über einen Zeitraum von 20 bis 30 Jahren gute Erträge bescheren. Diese Züchtungsverfahren sind jedoch mit großem Zeitaufwand verbunden und liefern nicht immer die besten Samen. In den 1970er Jahren begannen die Wissenschaftler daher mit dem Klonen von Ölpalmen. Die Forscher fanden heraus, dass sie aus angeschnittenen Stammspitzen der Palmen Stammzellen extrahieren konnten und somit in der Lage waren, genetische Kopien ihrer ertragreichsten Pflanzen zu Tausenden in Petrischalen heranzuziehen.

Seltsame Früchte geklonter Ölpalmen

Zwar trugen die Klonpalmen anfangs zur Steigerung der Ölproduktion auf den Plantagen bei, doch 1977 geschah etwas sehr Seltsames. Tan Yap Pau war damals als Pflanzenzüchter und Forscher bei United Plantations tätig, einem dänischen Palmölunternehmen mit Sitz in Malaysia. Eines Tages brachten ihm Erntehelfer außergewöhnliche Früchte, die ihnen schon seit Längerem an geklonten Ölpalmen aufgefallen waren – sie hatten eine gezackte, tulpenartige Form und wirkten irgendwie entstellt. Tan wusste zwar aus seinen Forschungsarbeiten, dass sich junge Pflanzen unter Kulturbedingungen anormal entwickeln können, aber er betrachtete die missgestalteten Früchte als ein schlechtes Omen. Dies sollte sich auch bewahrheiten, denn sehr viele dieser »mantled fruits« (zu Deutsch etwa »verhüllte Früchte«) lieferten nicht einen einzigen Tropfen Öl – obwohl sie in genetischer Hinsicht völlig mit den ertragreichen Ölpalmen übereinstimmten.

Es dauerte fast 40 Jahre, bis das Geheimnis gelüftet wurde. 2015 gelang es Meilina Ong-Abdullah, einer am MPOB tätigen Pflanzenbiotechnologin, die zufällig auch Tans Nichte ist, den Schuldigen zu identifizieren. Zusammen mit ihren Kollegen entdeckte die Wissenschaftlerin Karma – ein mobiles, auch als Transposon bezeichnetes DNA-Element, das sich in die Sequenz eines Gens namens DEFICIENS eingefügt hatte, das für die normale Entwicklung von Ölpalmfrüchten von Bedeutung ist. Durch das Anhängen von Methylgruppen sind Zellen allerdings in der Lage, solche Transposons zu inaktivieren. Die Früchte der Ölpalmen zeigen demnach eine normale Entwicklung, wenn Karma stark methyliert ist (Wissenschaftler bezeichnen diesen Zustand auch als »Good Karma«); eine geringe Methylierung (»Bad Karma«) führt dagegen zur Bildung »verhüllter« Früchte.

Neben der Auswahl von Tenera-Samen mit Good Karma existieren weitere Pflanzenmerkmale, an deren Optimierung in Zukunft geforscht werden könnte. Rajanaidu Nookiah, Pflanzenzüchter am MPOB, bereiste mehr als 30 Jahre lang die Welt, um die natürliche Variabilität bei Ölpalmen zu untersuchen; mit mehr als 110 000 Sämlingen besitzt er die weltweit größte Sammlung dieser Pflanzen. Bestimmte Eigenschaften seiner Sorten würden Pflanzenzüchter gern in ausgewachsenen Ölpalmen etablieren. Nach Angaben von Sime Darby, einem der größten Palmölproduzenten der Welt, lieferte die ideale Ölpalme nicht nur große Ölmengen, sondern sie wäre zudem von niederem Wuchs, damit die Stiele der Fruchtbüschel leichter zu erreichen wären. Die Fruchtstiele selbst wären länger und ließen sich dadurch bei der Ernte einfacher abtrennen. Während die Pflanzen stärker gegen Krankheiten resistent wären, enthielten die Früchte größere Mengen an Karotin und Jod, und das Öl wäre somit höchstwahrscheinlich gesünder für die Verbraucher.

Viermal mehr Öl dank Gentest?

Schon ein Test der Pflanzen auf SHELL und Karma hätte bereits weit reichende Auswirkungen auf die Palmölindustrie, meint Lakey. Theoretisch lassen sich aus einem Hektar Ölpalmen pro Jahr bis zu 18 Tonnen Öl gewinnen, 2017 wurden jedoch im Durchschnitt nur etwa vier Tonnen jährlich erreicht. Kleinbauern schneiden üblicherweise am schlechtesten ab. Ohne hauseigene Forschungseinrichtungen zur Zucht und Identifizierung der besten Pflanzen erzeugen diese Betriebe nur etwa die Hälfte des Öls pro Hektar, das große Plantagen liefern können. Lakey hofft also, dass das von der Firma Orion vertriebene Blattstanzgerät den kleinbäuerlichen Betrieben zugutekommt. Für etwa vier US-Dollar (rund 3,70 Euro) pro Palme können die von Orion durchgeführten Tests Tenera-Hybridpalmen mit Good Karma herausfiltern und somit dazu beitragen, dass unproduktive Pflanzen in Palmölfarmen und -baumschulen vernichtet werden, bevor zu viel Zeit und Ressourcen in ihre Aufzucht investiert werden. Das Unternehmen verfolgt zudem den Ansatz, weitere Gene in Ölpalmen einzubauen – etwa eine Genvariante, die bei reifenden Früchten für eine auffälligere Farbveränderung sorgt. Dadurch sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass Früchte bereits vor ihrer endgültigen Reife geerntet werden.

Massenproduktion | 85 Prozent des weltweit produzierten Palmöls stammen aus Indonesien und Malaysia. Auch wenn die Anbauflächen für Ölpalmen in Indonesien sehr viel rascher ausgeweitet wurden als in Malaysia, fielen die Erträge – also die Menge des gewonnenen Öls pro Hektar – indonesischer Plantagen im Allgemeinen geringer aus. Es bleibt abzuwarten, ob Ertragssteigerungen die flächendeckenden Abholzungen, die mit dieser Industrie verbunden sind, zum Stillstand bringen können.

Es könnte allerdings schwierig werden, Zugang zu den Kleinbauern zu finden. Diese arbeiten nämlich nicht ausschließlich in eigener Verantwortung, sondern sind häufig Mitglieder von Genossenschaften, die wiederum von einem lokalen Unternehmen mit Pflanzgut und Unterstützung versorgt werden. In Malaysia beziehen unabhängige Kleinbauern zwar ihr Pflanzenmaterial, das zuvor von der MPOB überprüft wurde, von vertrauenswürdigen Ölpalmenzüchtern, doch in Indonesien sind solche Kontrollinstanzen nicht vorhanden. Tri Widjayanti, nationale Projektmanagerin der Sustainable Palm Oil Initiative in Jakarta, eines weiteren Projekts des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, erklärt, vielen der unabhängigen kleinbäuerlichen Betriebe Indonesiens fehlten schlichtweg die Ressourcen, um an die besten Pflanzen zu kommen.

Wenn die Bauern keine Ölpalmenbaumschulen in ihrer Umgebung haben oder ihnen die Finanzmittel fehlen, um hochwertiges Saatgut zu kaufen, pflanzen sie einfach das an, was von ihren Bäumen fällt. Doch nur etwa die Hälfte der Nachkommen hochproduktiver Tenera-Hybriden bringen selbst wieder ertragreiche Tochterpflanzen hervor. Forscher konnten nachweisen, dass rund elf Prozent des Pflanzenmaterials malaysischer Kleinbauern aus Ölpalmen bestand, die nicht zum Tenera-Typ gehörten. Doch es geht nicht allein um Samen. Viele der Ölpalmenbauern können sich weder hochwertigen Dünger leisten noch sind sie mit den besten Anbaumethoden vertraut. »Die Inhaber dieser kleinen Betriebe benötigen nicht unbedingt Saatgut mit einer besseren genetischen Ausstattung«, meint Andrew Bovarnick, der seit 2010 in Indonesien tätig ist. Den Kleinbauern fehlt vielmehr der Anreiz zum Anbau jener Pflanzen, die das meiste Öl liefern, da sie häufig nach dem Gewicht ihrer geernteten Früchte bezahlt werden. Nachdem einige Bauern feststellten, dass die »verhüllten« Früchte in den Nachtstunden Feuchtigkeit aufnehmen und dadurch ihr Gewicht vergrößern, nutzen sie diese Eigenschaft der für die Ölproduktion wertlosen Früchte sogar zu ihrem finanziellen Vorteil aus.

»Uns erklären die Dorfbewohner immer: ›Ich möchte auf meinem ganzen restlichen Regenwaldland einfach nur noch Ölpalmen anbauen‹«Cynthia Ong

»Die Inhaber der Kleinbetriebe wissen um diese Verunreinigungen, aber es kümmert sie nicht weiter«, erzählt Lakey. Einige Mühlen hätten jedoch begonnen, die Fruchtqualität stärker zu bewerten als das Gewicht, fügt der amerikanische Biochemiker hinzu. Dies könnte für die Ölpalmenbauern neue Anreize schaffen. Andere hingegen sind skeptisch, dass irgendeine Technologie tatsächlich den umweltschädigenden Ruf des Palmöls aufpolieren könnte. »Das derzeitige System vor Ort ist nicht in der Lage, abholzungsfreies Palmöl zu liefern«, erklärt Cynthia Ong, geschäftsführende Direktorin von Forever Saba, einer Nichtregierungsorganisation, die sich schwerpunktmäßig mit Umweltangelegenheiten im malaysischen Teil von Borneo befasst. »Wenn wir die Bevölkerung auf dem Land besuchen oder Workshops veranstalten, erklären uns die Dorfbewohner: ›Ich möchte auf meinem ganzen restlichen Regenwaldland einfach nur noch Ölpalmen anbauen.‹« Diesen Menschen erscheint Palmöl als die einfachste Möglichkeit, mit ihrem Grund und Boden Geld zu verdienen.

Doch auch die wirtschaftlichen und politischen Tagesordnungen von internationalen Investoren, Konzernen sowie örtlichen Behördenvertretern in einigen Regionen Indonesiens und Malaysias könnten möglicherweise die Bemühungen Orions vereiteln. Nach Ansicht von Agus Sari, Geschäftsführer der Belantara Foundation, einer auf Umwelterhaltung und Renaturierung ausgerichteten Non-Profit-Organisation in Jakarta, stellt der schwache Gesetzesvollzug eine große Herausforderung dar. Die Besitzer großer Plantagen bestechen nämlich häufig lokale Beamte, um sich weitere Landtitel zu verschaffen – mit der Folge, dass es umso schwieriger wird, die Landrechte auf legalem Weg zu erwerben. Dies sei auch in Malaysia der Fall, bestätigt Cynthia Ong.

Effizienzsteigerung könnte Palmöl noch attraktiver machen

Und auch wenn Wissenschaftler vielleicht der Ansicht sind, Techniken zur Verbesserung der Ölausbeute würden den Druck hinsichtlich der Rodung weiterer Landflächen verringern, sagen andere das Gegenteil voraus. Effizienzsteigernde Technologien könnten Palmöl wirtschaftlich rentabler machen – und damit sogar noch attraktiver für Produzenten. »Fortschritte bei der Ertragssteigerung müssen mit strengerer Regulierung und der Festlegung einer gesetzlichen Obergrenze für Landflächen, die zur Gewinnung von Palmöl bereitgestellt werden können oder sollten, einhergehen«, erklärt Jeff Conant, Leiter des internationalen Waldprogramms bei Friends of the Earth in San Francisco, Kalifornien – einer Organisation, die sich für Umweltgerechtigkeit einsetzt.

Für eine Reform der Palmölindustrie ist die breite Zustimmung aller Beteiligten erforderlich, und es gibt diesbezüglich sogar schon einen viel versprechenden Ansatz. 2004 gründeten Industrievertreter den »Runden Tisch für nachhaltiges Palmöl« (Roundtable on Sustainable Palm Oil, kurz RSPO), der Praxisstandards für den Anbau von Palmöl festgeschrieben hat und Produzenten, die diese Auflagen einhalten, ein entsprechendes Siegel verleiht. In der Vergangenheit häuften sich allerdings Beschwerden über die Nichteinhaltung von Verpflichtungen durch RSPO-Mitglieder. 2016 wurde etwa dem malaysischen Palmölproduzenten IOI Group der RSPO-Status im April entzogen und bereits im August wieder zuerkannt, woraufhin einige die Glaubwürdigkeit dieses Gütesiegels in Frage stellten. Darrel Webber, RSPO-Geschäftsführer, räumt ein, es gebe durchaus Verbesserungsmöglichkeiten. »Wir können nur dann Lösungen finden, wenn wir von anderen auch Rückmeldungen erhalten.«

Nathan Lakey zeigt sich jedoch angesichts dieser Herausforderungen unbeirrt. In der geräuschvollen Umgebung seiner Laborräume untersuchen Techniker Proben von Palmblättern – mehr als 1000 pro Tag. Der Biochemiker möchte seine Blattstanzer auch in Afrika, Südamerika und Thailand auf den Markt bringen, um dann bis zu zehn Millionen Blattschnipsel pro Jahr zu analysieren. Zum Teil ist es das Wissen um die steigende Palmölnachfrage bei gleichzeitig schwindenden Anbauflächen, das ihn und seine Forscherkollegen antreibt. Gemessen an den Werten des Jahres 2000 soll sich der weltweite Bedarf an Palmöl bis 2030 verdoppeln und bis 2050 sogar verdreifachen. »Mir ist keine andere Nutzpflanze bekannt, die den weltweiten Bedarf decken könnte«, meint Raviga Sambanthamurthi, Biochemikerin und frühere Direktorin des Advanced Biotechnology and Breeding Centre am MPOB. »Es sind kaum noch Landgebiete vorhanden, die wir als Anbauflächen erschließen könnten – wir haben also gar keine andere Wahl, als die Produktivität der Ölpalmen zu steigern.«

WEITERLESEN MIT »SPEKTRUM +«

Im Abo erhalten Sie exklusiven Zugang zu allen Premiumartikeln von »spektrum.de« sowie »Spektrum - Die Woche« als PDF- und App-Ausgabe. Testen Sie 30 Tage uneingeschränkten Zugang zu »Spektrum+« gratis:

Jetzt testen

(Sie müssen Javascript erlauben, um nach der Anmeldung auf diesen Artikel zugreifen zu können)

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.