News: Der satellitengesteuerte Traktor
Gegenwärtig umrunden 25 GPS-Satelliten in 20.000 Kilometer Höhe die Erde. Zu jedem Zeitpunkt stehen mindestens drei von ihnen über dem Horizont, von denen ein Zeitsignal empfangen werden kann. Der Rest ist einfache Trigonometrie: Aus der Satellitenposition und der Laufzeit des Signals berechnet ein GPS-Empfänger mit dem für zivile Zwecke freigegebenen Teil des Signals den eigenen Standort auf etwa hundert Meter genau. Das mag ausreichen, um ein Schiff sicher über den Atlantik zu bringen, aber für die Landwirtschaft wird GPS erst interessant, wenn die Position auf ein bis fünf Meter genau feststellbar ist, eine Leistung, die eigentlich dem militärischen Teil des GPS vorbehalten ist. Mit Hilfe eines Korrektursignals eines Radiosenders läßt sich auch das bewältigen.
An den Instituten für landwirtschaftliche Betriebslehre sowie für Bodenkunde und Bodenerhaltung der Universität Gießen werden die Anwendungsmöglichkeiten der GPS-Technik für die Landwirtschaft erforscht. Ein erster Schritt besteht etwa darin, einen Mähdrescher mit einem GPS-Empfänger auszurüsten. Jede Sekunde bestimmt er damit seine Position und speichert die Daten zusammen mit der geernteten Getreidemenge ab. Vom abgemähten Feld entsteht eine Ertragskarte, die deutlich macht, daß das Korn durchaus nicht gleichmäßig wächst. Auf einer Testfläche im Münsterland kann etwa der Ertrag auf verschiedenen Teilflächen desselben Feldes zwischen vier und acht Tonnen Weizen pro Hektar schwanken – obwohl es gleichmäßig bewirtschaftet worden ist.
Der wechselnde Ertrag geht auf unterschiedliche Bodenstruktur, Grundwasserspiegel und Nährstoffversorgung zurück, obwohl der Acker oberflächlich gleich aussieht. Die Ermittlung der jeweiligen Ursachen für die unterschiedlich hohen Erträge ist eine Aufgabe für die Bodenkunde. Daher werden an möglichst vielen Stellen des Ackers Bodenproben entnommen, deren genaue Position ebenfalls mit einem GPS-Empfänger vermessen wird. Die Bodendaten können in einem Geographischen Informationssystem mit der Ertragskarte und anderen Daten etwa zum Wetter kombiniert werden.
Ziel des ganzen Aufwands sind sogenannte Applikationskarten: Wenn bisher ein Bauer säen, düngen oder Pflanzenschutzmittel ausbringen wollte, stellte er an seinem Gerät eine Dosierung fest ein, mit der der gesamte Acker bestellt wurde. Jetzt wird der Traktor ebenfalls mit einem GPS-Empfänger ausgerüstet, der zum Beispiel die ausgebrachte Düngermenge steuert. Dipl.-Ing. agr. Kai-Uwe Ostheim vom Institut für landwirtschaftliche Betriebslehre glaubt nicht, daß sich in Deutschland durch die neue Technik die Erträge noch wesentlich steigern ließen. Er sieht den betriebswirtschaftlichen Vorteil eher im Einsparpotential, wenn das gesamte Feld nicht mehr bis zum Maximum gedüngt, gesät und gespritzt wird. Einsparungen an den Betriebsmitteln bedeuten gleichzeitig einen verbesserten Umweltschutz, denn es besteht nicht mehr die Gefahr, daß überflüssiger Dünger oder Pflanzenschutzmittel ins Grundwasser geraten. So öffnet sich der Weg zu einer standortangepaßten Landwirtschaft.
Als Ökonom glaubt Kai-Uwe Ostheim natürlich nicht, daß alles, was technisch machbar ist, auch ökonomisch vernünftig sei. Zusammen mit der Raiffeisen-Zentralgenossenschaft Münster versucht er in seiner Doktorarbeit herauszufinden, ob sich die neue Technik rechnet. Vor allem die "Lernkosten" machen schnell einen Strich durch die Rechnung.
Mit aller Vorsicht meint er, daß Betriebe ab einer Größe von 150 Hektar, wie sie in Ost- und Norddeutschland vorherrschen, die GPS-Technik sinnvoll nutzen können. Und natürlich lohnt sie sich unabhängig von der Betriebsgröße für Maschinenringe und Lohnunternehmen, die im Auftrag von Landwirten ihre Landmaschinen einsetzen. Für Betriebsgrößen, wie sie die ungarische Landwirtschaft prägen, ist GPS geradezu prädestiniert, wobei in bestimmten Fällen auch Ertragssteigerungen zu erwarten wären.
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