Tierische Ernährung: Der Schnecken liebste Speisen
Die Renaturierung von ehemaligen Ackerflächen in naturnahe Wiesen ist kein leichtes Unterfangen. Zwar gibt es die Samenbank im Boden, die so manche ursprüngliche Besiedler wieder hervorbringt. Doch Dünger haben die Nährstoffgehalte im Boden meist so verändert, dass viele Stammarten solcher Wiesen verloren gegangen sind: Sie brauchen Nachhilfe in Form gezielter Aussaat. Für das Überleben der jungen Keimlinge allerdings spielen viele Faktoren eine Rolle. Zu den bislang offenbar weniger beachteten zählen – Schnecken. Dies zeigt eine experimentelle Studie aus dem Nordosten Englands.
Sarah Barlow, damals noch an der Newcastle University, und ihre Kollegen gingen gezielt der Frage nach, welche Pflanzen der in solchen Lebensräumen sehr häufigen Genetzten Ackerschnecke (Deroceras reticulatum) besonders schmecken. Die Literaturlage dazu sei mau, merken die Forscher an – insbesondere was die über junge Keimlinge angehe. Experimente an Blättern ausgewachsener Pflanzen hatten schon so manche Vorlieben aufgezeigt, doch die jüngeren Stadien weisen meist noch weniger Selbstverteidungsmechanismen auf. Daher säten die Wissenschaftler Monokulturen von 23 klassischen Wiesenpflanzen sowie Raps aus, dessen Anfälligkeit für Schnecken schon untersucht wurde. Über zwei Wochen verfolgte Barlow dann das Schicksal der Keimlinge unter Nacktschneckenfraß.
Vier Pflanzenarten erwiesen sich als besonders anfällig: die Gemeine Schafgarbe (Achillea millefolium), das Wollige Honiggras (Holcus lanatus), der Gewöhnliche Rotschwingel (Festuca rubra) und das Wiesen-Kammgras (Cynosurus cristatus). Innerhalb von vier Tagen war von der Schafgarbe beinahe nichts mehr übrig, und auch die Grasarten wurden mindestens zur Hälfte abgefressen. Weitere vier Arten erwiesen sich dagegen für die Schnecken als beinahe ungenießbar. Sie wurden fast vollständig verschmäht, obwohl die Tiere sonst keine Alternative hatten: der Wald-Storchschnabel (Geranium sylvaticum), der Wiesen-Sauerampfer (Rumex acetosa), der Raue Löwenzahn (Leontodon hispidus) und das Ruchgras (Anthoxanthum odoratum). Mittlere Schäden erlebten das Einjährige Rispengras (Poa annua) oder auch der Rotklee (Trifolium pratense).
Was bedeuten die Ergebnisse nun für Renaturierungsprojekte? Für allgemeine Tipps seien die Ergebnisse nicht geeignet, so die Forscher: Sie müssten erst im Freiland unter natürlichen Bedingungen überprüft werden. Doch zumindest zwei Hinweise lassen sich ablesen. So gehört der gern geknabberte Rotklee zu den wichtigen Helfern bei der Umwandlung ehemals gedüngter Ackerflächen in naturnahe Wiesen. Durch seine Symbiose mit Stickstoff bindenden Bakterien im Boden verbessert er das Verhältnis von Stickstoff zu Phosphor in den Böden und fördert auch die für den Abbau organischer Substanz wichtige Pilzbesiedlung. Außerdem ist der Klee unter Hummeln eine beliebte Futterpflanze. Einen ähnlichen Effekt auf die Bodenorganismen hat auch das Ruchgras, das sich bei den Schnecken dagegen als unbeliebt erwies. Ob der Klee allerdings weiterhin so gerne verspeist wird, wenn womöglich Schafgarbe und andere beliebtere Pflanzen zur Verfügung stehen, bliebe zu untersuchen. Interessant ist noch, dass Schafgarbe in diesem Experiment zu den Lieblingsspeisen der Schnecken gehörte – unter Gärtnern zählt sie als schneckenunempfindlich.
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