News: Der Schutz der Nase-weißen
Alles stets und jederzeit zu hegen und zu erhalten, ist durchaus nicht immer im Sinne lebensnahen Naturschutzes - auch in Populationen bedrohter Arten. Kann hier vielleicht sogar gezielte Jagd eher helfen?
Mut schadete früher wohl kaum, wenn man einen Löwen töten wollte – heutzutage sicher nötig ist dafür aber vor allem eines: Geld. Viel Geld. Ein Trip nach Afrika, die Lizenz zum legalen Großwild-Töten mitsamt etwaiger Tierreservat-Eintrittspreise, die Entlohnung findiger Führer und – im Erfolgsfalle – eines fähigen Tiertrophäen-Präparators: Mindestens 30 000 US-Dollar sollte einem der Spaß schon wert sein.
Spaß? Naturschutz! Dies meinen zumindest Craig Packer von der Universität Minnesota und seine Kollegen – solange man nur die richtigen Löwen selektiv erjagt.
Grundlage ihrer Analyse sind Daten der Löwen-Populationen des Serengeti Nationalparks und der Ngorongoro-Krater-Region in Tansania, die in den letzten 40 Jahren gesammelt worden waren. Großwildjagd war in diesen Gebieten nie erlaubt, was Packer und seine Kollegen nun allerdings virtuell nachholten: Mit Computerhilfe simulierten sie, wie sich die Bevölkerungsdichte der Löwengemeinschaft unter Jagddruck entwickelt hätte.
Töte man, so ein Resultat ihrer Simulation, gelegentlich ältere männliche Löwen und verschont zugleich jüngere, so litten die Populationen der Großkatzen darunter nicht etwa – sie würden sogar nachhaltig stabilisiert.
Und dies sei, mit Blick auf klassische Verhaltensweisen ausgewachsener männlicher Löwen, auch durchaus nachvollziehbar. In der Natur zeigen die sich nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, den eigenen Genen optimale Verbreitungschancen einzuräumen. Im Konkurrenzkampf um paarungsfähige Weibchen etwa gilt uneingeschränkt das Recht des Stärken: Entpuppt sich ein Männchen als im Kampf überlegen, so versperrt dieses allen anderen die Möglichkeit zur Fortpflanzung. Übernimmt ein frischgebackener Löwenpascha mitsamt neuerworbener Löwin dabei den Nachwuchs eines unterlegenen Vorgängers, so tötet er diesen ohne viel Federlesens, solange die Jungtiere noch nicht älter sind als etwa neun Monate.
Biologisch macht dies Sinn, hilft es doch dem Männchen, seine eigenen Gene konkurrenzlos in die nächste Generation zu verbreiten. Mit dem drastischen Mittel wird die plötzlich kinderlose Löwenmutter in Bereitschaft versetzt, neuen Nachwuchs zu produzieren – mit Hilfe des neuen männlichen Samenspenders –, statt sich mehr um die pflegeintensiven Nachkommen ihres unterlegenen Ex zu kümmern als um die Fortpflanzungsbedürfnisse ihres Neuen.
Jagd auf männliche Löwen, so die Forscher, könne daher nachhaltigen Einfluss haben: Würden junge Löwen gejagt, so hätten diese insgesamt noch weniger Chancen auf eigenen überlebenden Nachwuchs. Endeten aber hin und wieder stärkere, ältere Löwen als Jagdtrophäen, so würden auch die Würfe der schwächlicheren Nachwuchs-Paschas eine Chance haben, das kritische Kindesalter von neun Monaten zu erreichen und somit in der Summe ein Plus für die Löwen-Gesamtbilanz erzielen.
Nach Vorstellung der Forscher sollte daher, statt schlicht Abschussprämien festzulegen, die Jagd speziell auf ältere Löwen aus Naturschutzgründen erlaubt sein.
Und: Jäger könnten im Übrigen, so die Forscher als hilfreiche Ergänzung, auch ohne große Erfahrung durchaus in die Lage versetzt werden, das Alter eines lebenden Löwen einzuschätzen. Simples biologisches Know-how reiche aus: Ältere, mehr als fünfjährige Löwen, erklärt Packer, "haben eindeutig dunklere Nasenpartien als Jungtiere". Erst im Laufe des Lebens würden hier zunehmend Pigmente eingelagert.
Im Hinblick auf mögliche Anwendungen im Naturschutz liefere die Studie so gesehen "tolle Nachrichten", meint etwa Jon Swenson von der Landwirtschaftlichen Universität Norwegens in Ås. "Unverantwortlich, wissenschaftlich fragwürdig und ohne jede Relevanz für den Tierschutz", wettert dagegen Kate Nicholls vom Okavango Löwen-Schutzprojekt über die Studie Packers und seiner Kollegen: Es gebe schlicht keine "überzähligen Löwen".
Andere kritische Stimmen lehnen die Jagd auf Großkatzen aus ethischen und moralischen Erwägungen heraus ganz ab. Nur gehe es in der Studie eben nicht um Ethik und Moral, kontert David MacDonald von der Universität Oxford: Fest stehe nun nur, dass eine selektive Jagd auf ältere Großkatzen Populationen nachhaltig schützen könne.
Jagd frei also doch auf Löwen mit schwarzen Nasen – natürlich nur zum Wohle der ganzen bedrohten Welt-Löwenpopulation? Rein wissenschaftlich gesehen offenbar eher Chance als Risiko, sogar für die Großkatzen selbst. Bleibt nur zu hoffen, das Löwen-Nasenschattierungen auch farbtreu erkennbar sind, im Sucher der Flinte all jener, die 30 000 Dollar für den Jagdkick in Afrika springen lassen. Und erkannt werden wollen.
Spaß? Naturschutz! Dies meinen zumindest Craig Packer von der Universität Minnesota und seine Kollegen – solange man nur die richtigen Löwen selektiv erjagt.
Grundlage ihrer Analyse sind Daten der Löwen-Populationen des Serengeti Nationalparks und der Ngorongoro-Krater-Region in Tansania, die in den letzten 40 Jahren gesammelt worden waren. Großwildjagd war in diesen Gebieten nie erlaubt, was Packer und seine Kollegen nun allerdings virtuell nachholten: Mit Computerhilfe simulierten sie, wie sich die Bevölkerungsdichte der Löwengemeinschaft unter Jagddruck entwickelt hätte.
Töte man, so ein Resultat ihrer Simulation, gelegentlich ältere männliche Löwen und verschont zugleich jüngere, so litten die Populationen der Großkatzen darunter nicht etwa – sie würden sogar nachhaltig stabilisiert.
Und dies sei, mit Blick auf klassische Verhaltensweisen ausgewachsener männlicher Löwen, auch durchaus nachvollziehbar. In der Natur zeigen die sich nicht gerade zimperlich, wenn es darum geht, den eigenen Genen optimale Verbreitungschancen einzuräumen. Im Konkurrenzkampf um paarungsfähige Weibchen etwa gilt uneingeschränkt das Recht des Stärken: Entpuppt sich ein Männchen als im Kampf überlegen, so versperrt dieses allen anderen die Möglichkeit zur Fortpflanzung. Übernimmt ein frischgebackener Löwenpascha mitsamt neuerworbener Löwin dabei den Nachwuchs eines unterlegenen Vorgängers, so tötet er diesen ohne viel Federlesens, solange die Jungtiere noch nicht älter sind als etwa neun Monate.
Biologisch macht dies Sinn, hilft es doch dem Männchen, seine eigenen Gene konkurrenzlos in die nächste Generation zu verbreiten. Mit dem drastischen Mittel wird die plötzlich kinderlose Löwenmutter in Bereitschaft versetzt, neuen Nachwuchs zu produzieren – mit Hilfe des neuen männlichen Samenspenders –, statt sich mehr um die pflegeintensiven Nachkommen ihres unterlegenen Ex zu kümmern als um die Fortpflanzungsbedürfnisse ihres Neuen.
Jagd auf männliche Löwen, so die Forscher, könne daher nachhaltigen Einfluss haben: Würden junge Löwen gejagt, so hätten diese insgesamt noch weniger Chancen auf eigenen überlebenden Nachwuchs. Endeten aber hin und wieder stärkere, ältere Löwen als Jagdtrophäen, so würden auch die Würfe der schwächlicheren Nachwuchs-Paschas eine Chance haben, das kritische Kindesalter von neun Monaten zu erreichen und somit in der Summe ein Plus für die Löwen-Gesamtbilanz erzielen.
Nach Vorstellung der Forscher sollte daher, statt schlicht Abschussprämien festzulegen, die Jagd speziell auf ältere Löwen aus Naturschutzgründen erlaubt sein.
Und: Jäger könnten im Übrigen, so die Forscher als hilfreiche Ergänzung, auch ohne große Erfahrung durchaus in die Lage versetzt werden, das Alter eines lebenden Löwen einzuschätzen. Simples biologisches Know-how reiche aus: Ältere, mehr als fünfjährige Löwen, erklärt Packer, "haben eindeutig dunklere Nasenpartien als Jungtiere". Erst im Laufe des Lebens würden hier zunehmend Pigmente eingelagert.
Im Hinblick auf mögliche Anwendungen im Naturschutz liefere die Studie so gesehen "tolle Nachrichten", meint etwa Jon Swenson von der Landwirtschaftlichen Universität Norwegens in Ås. "Unverantwortlich, wissenschaftlich fragwürdig und ohne jede Relevanz für den Tierschutz", wettert dagegen Kate Nicholls vom Okavango Löwen-Schutzprojekt über die Studie Packers und seiner Kollegen: Es gebe schlicht keine "überzähligen Löwen".
Andere kritische Stimmen lehnen die Jagd auf Großkatzen aus ethischen und moralischen Erwägungen heraus ganz ab. Nur gehe es in der Studie eben nicht um Ethik und Moral, kontert David MacDonald von der Universität Oxford: Fest stehe nun nur, dass eine selektive Jagd auf ältere Großkatzen Populationen nachhaltig schützen könne.
Jagd frei also doch auf Löwen mit schwarzen Nasen – natürlich nur zum Wohle der ganzen bedrohten Welt-Löwenpopulation? Rein wissenschaftlich gesehen offenbar eher Chance als Risiko, sogar für die Großkatzen selbst. Bleibt nur zu hoffen, das Löwen-Nasenschattierungen auch farbtreu erkennbar sind, im Sucher der Flinte all jener, die 30 000 Dollar für den Jagdkick in Afrika springen lassen. Und erkannt werden wollen.
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