Marsforschung: Dünne Marsatmosphäre: Der Sonnenwind ist schuld!
Schon lange wurde es vermutet, und schon vor Jahrzehnten hatten Messungen von Raumsonden darauf hingewiesen: Der Sonnenwind hat im Lauf der Jahrmilliarden die Marsatmosphäre ausgedünnt. Dies wurde nun durch präzise Messungen der US-Raumsonde MAVEN, der Mars Atmosphere and Volatile Evolution Mission, erneut belegt. Diese hoch spezialisierte Raumsonde umrundet den Roten Planeten seit September 2014 auf einer stark elliptischen Bahn und untersucht die dünne Gashülle des Planeten und sein unmittelbares Umfeld. MAVEN ist nicht mit einer Kamera ausgestattet, sondern arbeitet mit Instrumenten, die elektrisch geladene Partikel (Ionen) analysieren, elektrische und magnetische Felder messen sowie auch neutrale Atome und Moleküle untersuchen können.
Eine erste Auswertung der seit einem Jahr gesammelten Messdaten liegt nun vor. MAVEN beobachtete direkt, wie die Wechselwirkung des Sonnenwinds mit der Marsatmosphäre dafür sorgt, dass Atome und Moleküle aus ihr herausgerissen werden und in den interplanetaren Raum gelangen. Sie werden dabei ionisiert und entweichen mit dem Sonnenwind auf Nimmerwiedersehen. Derzeit verliert der Rote Planet bei normaler Sonnenwindaktivität rund 2 bis 3 x 1024 Moleküle pro Sekunde, das entspricht rund 100 Gramm pro Sekunde. Während heftiger Sonnenwindstürme, die durch Eruptionen auf der Sonne ausgelöst werden, kann sich die Verlustrate auf das 10- bis 20-Fache steigern, also rund 1000 bis 2000 Gramm pro Sekunde betragen.
Diese Verlustraten sind zwar sehr gering, aber wenn man über einen Zeitraum von mehr als 4,5 Milliarden Jahren seit der Entstehung des Mars rechnet, ergeben sich daraus erhebliche Verluste für den Roten Planeten. Außerdem beziehen sich die Zahlen auf die derzeit geringe Aktivität unseres Zentralgestirns, das in seiner Jugend bedeutend aktiver war als heute und einen erheblich stärkeren Sonnenwind freisetzte. Dieser wiederum hatte noch gravierendere Folgen für den Mars, dessen Atmosphäre nicht wie die der Erde durch ein planetares Magnetfeld geschützt ist.
Somit bestätigt sich die alte Vermutung, dass der Rote Planet einstmals eine dichte Atmosphäre besaß, die flüssiges Wasser auf der Oberfläche über längere Zeiträume hinweg erlaubte. In dieser Zeit entstanden die Talsysteme und Schluchten auf dem Mars, vielleicht besaß der Planet auf der Nordhalbkugel sogar einen seichten Ozean. Auch der Nachweis von Mineralen auf der Oberfläche wie Salze und Tonminerale, die nur durch chemische Wechselwirkung mit Wasser entstehen konnten, belegt die Anwesenheit von Wasser über lange Zeiträume. Heute präsentiert sich der Mars als staubtrockener, kalter Wüstenplanet, dessen Atmosphärendruck im Mittel nur sieben Millibar beträgt. Dies ist weniger als ein Hundertstel des irdischen Luftdrucks auf Meereshöhe. Unter diesen Bedingungen kann es kein flüssiges Wasser über längere Zeiträume hinweg auf dem Mars geben.
MAVEN lieferte auch darüber Einblicke, wie die Ionen aus der Marsatmosphäre verschwinden: Der aus elektrisch geladenen Partikeln bestehende Sonnenwind induziert in der Hochatmosphäre des Mars ein elektrisches Feld, das über dem Nordpol eine Fontäne (englisch: plume), aus Ionen erzeugt, die ins All entweichen. Diese Fontäne ist für rund ein Viertel des Gasverlusts verantwortlich. Der größere Teil verschwindet durch den Ionenschweif, den der Mars ähnlich wie ein Komet in sonnenabgewandter Richtung aufweist. In ihm befindliche Ionen werden vom Sonnenwind mitgerissen und gehen dem Planeten auf Dauer verloren. Ähnliche Ionenschweife weisen auch die Erde und die Venus auf, und selbst der fast atmosphärelose Merkur zeigt ein solches Gebilde. Allerdings sind Erde und Venus nicht in der Gefahr, durch den Sonnenwind ihre Gashüllen zu verlieren. Die Erde mit ihrem Magnetfeld ist vor größeren Verlusten geschützt; zudem enthält das Erdinnere noch bedeutende Mengen an flüchtigen Stoffen, die durch vulkanische Tätigkeit in die Atmosphäre strömen. Die Venus hat zwar wie der Mars kein Magnetfeld, aber ihre Atmosphäre ist so dicht, dass die sonnenwindbedingte Erosion auch über lange Zeiträume nicht zu signifikanten Verlusten führt.
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