Meteorit: Der stärkste Bolide seit Tunguska
Langsam tragen Astronomen mehr und mehr Erkenntnisse zum so genannten Tscheljabinsk-Meteoriten zusammen, der am Freitag gegen 9.30 Uhr Ortszeit über der russischen Uralstadt niederging und dessen Detonationswelle eine Spur der Verwüstung und mehr als 1200 Verletzte hinterlassen hat. Ein weltweites Netz an Sensoren hat den Meteoriten nach Eintritt in die Erdatmosphäre und seine Explosion erfasst; ihre Daten dienen nun dazu, unter anderem seine Dimension, Flugbahn und Flugdauer zu ermitteln.
Fünf Infraschall-Messstationen rund um den Globus lieferten laut NASA dazu wichtige Erkenntnisse. So erfasste zuerst eine Station in Alaska den Boliden, der in einer sehr flachen Flugbahn mit zirka 50 000 Kilometer pro Stunde in die Erdatmosphäre eintrat und danach noch 32,5 Sekunden flog, bevor er zerplatzte. Sein geschätzter Durchmesser wurde von Peter Brown von der University of Western Ontario und NASA-Forschern um Paul Chodas vom Near-Earth Object Program Office in Pasadena mittlerweile auch von anfänglich 15 auf nun 17 Meter hochgesetzt, seine geschätzte Masse von 7000 auf 10 000 Tonnen.
Die Explosion des Meteoriten, bei der eine Energie im Umfang von rund 500 000 Tonnen TNT-Äquivalent freigesetzt wurde, löste zudem eine zerstörerische Druckwelle aus. Er brach in einer Höhe von 15 bis 20 Kilometern auseinander. "Ein Ereignis dieser Größe tritt statistisch nur alle 100 Jahre auf", so Chodas. Der Bolide gilt deshalb als wohl größter seit dem Tunguska-Ereignis 1908, als in Ostsibirien auf einer 2000 Quadratkilometer großen Fläche alle Bäume umgeknickt und noch in 65 Kilometer Entfernung Glasscheiben in der Siedlung Wanawara zerstört wurden. Am Freitag haben seismische Stationen auch in rund 2200 Kilometer Distanz zu Tscheljabinsk noch die Erschütterungswellen aufgezeichnet.
Der Meteorit, dessen Durchmesser etwa ein Drittel des Asteroiden 2012 DA 14 betrug, der gestern die Erde in großer Nähe passierte, leuchtete beim Eintritt in die Atmosphäre heller als die Sonne und machte so zahlreiche Beobachter auf sich aufmerksam. Mit 2012 DA 14 hatte der Meteorit allerdings definitiv nichts zu tun, wie zum Beispiel der ESA-Luft- und Raumfahrtingenieur in seinem SciLogs-Blog zeigt: Allein schon die Bahndaten beider Geschosse belegten, dass sie unmöglich miteinander zusammenhängen konnten. Ein Objekt, das von 2012 DA 14 stammte, hätte viel weiter südlich in den Tropen in die Erdatmosphäre eintreten müssen, so Khan. 1012 DA 14 hat mittlerweile die Erde folgenlos passiert und seinen Weg durchs All störungsfrei fortgesetzt.
Im Gegensatz zu diesem größeren Asteroiden treffen uns kosmische Gesteinsbrocken mit den gestrigen Ausmaßen bislang noch ohne Vorwarnung: "Mit den heutigen technischen Möglichkeiten haben wir überhaupt keine Chance, so etwas vorherzusagen", sagt Detlef Koschny von der Near-Earth-Object-Activity-Gruppe der ESA.
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