News: Der Trick des Feldspielers
Ungläubig steht der Schlagmann da und rätselt, wie der Gegner so schnell den Ball fangen konnte, schließlich ging der Schlag doch auf der Ideallinie geradewegs dem Feldspieler entgegen – eigentlich unmöglich, dass aus dieser Perspektive jemand die Flugbahn einschätzen kann. Die Zeit hätte demzufolge mindestens für drei bases reichen müssen. Nach dem Spiel fragt der unglückliche Schlagmann seinen Kollegen aus der gegnerischen Mannschaft, wie er denn den Flug des Balles so schnell erfassen konnte. Dieser kann sein Grinsen nicht verkneifen und antwortet: "Du kommst wohl gerade vom College, was? Es hatte einen richtig schönen Knall gegeben, als Du den Ball getroffen hattest. Da wusste ich, dass ich rausrennen musste."
Ist es denn tatsächlich möglich, vom Klang des auf Holz treffenden Balles seine Flugweite abzuleiten? Wie es scheint ja, denn gewiefte Spieler der amerikanischen major league kennen das charakteristische Geräusch ganz genau, das von einem guten Schlag kündet. Robert Adair, Physiker an der Yale University, erklärt, woher es rührt und weshalb erfahrene Spieler auf den richtigen Ton achten.
Der Baseballschläger (bat) ist kein starres Spielgerät, sondern etwas flexibel, weshalb das Holz wie ein Musikinstrument zu Eigenschwingungen angeregt werden kann. Das ist beim Schlag jedoch unerwünscht, da Schwingungen dem Ball kinetische Energie entziehen und dieser dann nicht so weit fliegt. Erfahrene Schlagmänner (batter) versuchen deshalb, den Ball mit dem sweet spot zu treffen – einem Bereich am oberen Ende des Schlägers, an dem sich die Schwingungsknoten der Grundschwingung sowie der ersten und zweiten harmonischen Schwingung befinden.
Ein derart ausgeführter Schwinger regt den Schläger kaum zu Vibrationen an und lässt den Ball weit ins Feld fliegen. Bei der Berührung werden außerdem etwa 100 Kubikzentimeter Luft innerhalb einer zweitausendstel Sekunde weggedrückt, begleitet von einem charakteristischen Ton bei etwa 500 Hertz. Trifft der Ball hingegen etwas neben dem optimalen Punkt auf den Schläger, so quittiert dieser den Patzer mit einem tiefen kurzen Geräusch bei etwa 170 Hertz – der Grundfrequenz der Holzkeule.
Ein Feldspieler, der knapp 100 Meter vom batter entfernt steht, hört das Schlaggeräusch nun etwa 0,3 Sekunden verzögert und kann so erschließen, ob der Ball gut oder schlecht getroffen wurde. Im ersten Fall rennt er etwas weiter raus, im zweiten läuft er dem Ball entgegen. Aber warum muss der Spieler überhaupt sein Gehör anstrengen, wenn er doch sieht, wie der Schlagmann den Ball in die Luft schickt?
Tatsächlich ist es so, dass selbst ein geübter Spieler erst nach etwa zwei Sekunden anhand der Flugbahn entscheiden kann, wohin sich der Ball bewegt. In den ersten beiden Sekunden ähneln sich die Flugparabeln weiter und kurzer Schläge zu sehr. Außerdem erschwert ein direkt auf den Mann geschlagener Ball, die Bahn richtig einzuschätzen. Da ist es schon besser, der Fänger hat andere Anhaltspunkte, die Qualität des Schlages einzuschätzen, um kostbare Zeit zu gewinnen. Und neben der Haltung und Bewegung des batter ist eben auch das Geräusch ein wichtiger Hinweis.
Vielleicht kam der Schlagmann, der seinen Gegner unterschätzte, ja aus einer college league. Denn Robert Collier vom Dartmouth College stellt fest, dass deren Schläger eben nicht aus Holz, sondern aus Aluminium sind und sich dementsprechend schlecht zu Schwingungen anregen lassen. Gut und schlecht getroffene Bälle klingen also fast gleich und das mag so manchen Spieler verwirren, der zum ersten Mal mit einer Holzkeule schlägt.
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