Humangenom: Der Ursprung des Fünften Stammes
Irgendwann gab es eine Zeit vor der Globalisierung - und damals muss, denkt der Europäer, doch bestimmt der Australier der isolierteste Mensch der Welt gewesen sein. Genetische Untersuchungen beleuchten das nun genauer und enthüllen bisher Unbekanntes über die erste Reise der Menschheit nach Down Under sowie das spätere Schicksal der Pioniere.
Australier gibt es erst seit Kurzem – genauer gesagt, seit rund 50 000 Jahren. Der Fünfte Kontinent ist damit nicht nur der letzte von Europäern entdeckte, sondern war vorher auch schon einer der letzten überhaupt von Homo sapiens besiedelten Landstriche der Erde.
Die späte Landnahme verdankt er wohl seiner durch das Meer geschaffenen Abgeschiedenheit: Erst vor einem guten halben Jahrhundertausend überwand sie der Mensch wohl massenhaft, während einer kurzen Phase des Niedrigwassers. Die Meeresarme zwischen dem längst in Besitz genommenen Eurasien und Melanesien waren damals schmaler, eine Landbrücke zwischen Neuguinea und Australien förderte den Weg in das weiträumige, jungfräuliche Gelände des Südens.
Eingedenk dieser Besiedlungsgeschichte erscheint aber manches merkwürdig. Heute finden sich auf dem jüngsten Siedlungsgebiet zum Beispiel die ältesten Fossilreste des modernen Menschen – nur in Afrika, der Wiege des Menschen, kommen noch betagtere Homo-sapiens-Knochen ans Licht. Komisch auch, dass auf der unvermeidlichen asiatischen Wegstrecke zwischen Afrika und Australien kaum fossile Belegexemplare der frühen Migranten zu finden sind.
Spekulationen gibt es zur Genüge – so soll in den Menschen dort unten zum Beispiel ein Rest einer früheren Homo-erectus-Population genetisch aufgegangen sein und den charakteristischen Typ mit geprägt haben. Egal ob es so war oder nicht, zudem sei dieser dann durch eine zweite Einwanderungswelle später verändert worden, meinen andere. Solche Neuzuwanderer, zum Beispiel aus Indien, hätten neben genetischen auch kulturelle Umwälzungen verursacht, die dann im Holozän vor dreieinhalb bis vier Jahrtausenden plötzlich aufkamen – etwa neue Steinwerkzeuge und Bearbeitungstechniken. Außerdem könnten sie die australische Variante des Hundes, den Dingo mitgebracht haben.
Toomas Kivisild von der Cambridge-Universität und ein internationales Team von Mitarbeitern strengten nun umfangreiche genetische Analysen an, um die Abstammung der Australischen Urbevölkerung aufzuklären. Sie verglichen dabei die männlichen Linien von 552 Aborigines sowie Bewohnern von Neuguinea anhand von Erbgut-Sequenzen des Y-Chromosoms. Zudem untersuchten sie die mütterlichen Abstammungslinien von 172 Genprofilen anhand von Mitochondrien-DNA-Abschnitten. Der Aufwand hat sich offenbar gelohnt: Die Ergebnisse der Untersuchungen sind ziemlich eindeutig.
Australier und Melanesier stammen demnach von einer einzigen alten Gründerpopulation ab, die es vor etwa 50 000 bis 70 000 Jahren nach nur etwa gut 5000 Jahren Wanderschaft aus Afrika nach Ozeanien geschafft hatte. Auch alle anderen Menschen weltweit gehörten ursprünglich zu dieser alten Gruppe, die sich an Varianten der so genannten Haplotypen M und N verrät. In anderen Erdteilen aber haben sich daraus Menschenformen mit anderen Genvarianten entwickelt. Keine dieser Gruppen – weder aus Indien noch aus Ostasien – hat sich dann aber später noch einmal in den Genpool der Australier und Neuguinea-Bewohner gemischt, so die Forscher. Stattdessen blieben die Ureinwohner auf Kontinent Fünf also wohl sehr lange unter sich.
Das allerletzte Wort zur Aborigines-Evolution, so die Wissenschaftler, ist mit diesem erfreulich eindeutigen Ergebnis allerdings nicht gesprochen – eher im Gegenteil. Denn wo keine großflächige Einwanderung von außen erfolgte, müssen für nachgewiesene kulturelle Revolutionen, die bislang einem plötzlichen Fremdeinfluss zugeschrieben wurden, andere Erklärungen gefunden werden. Warum entwickelten sich in dem lang isoliert im eigenen Saft brütenden Australien zum Beispiel von heute auf morgen plötzlich neue Steinwerkzeug-Traditionen, die zudem denen an anderen Orten der Welt glichen? Oder warum trennten sich irgendwann die australischen Sprachen so gründlich, dass noch heute einen deutliche linguistische Grenze durch den Kontinent verläuft?
Eine Zuwanderung revolutionärer Ideen ohne die gleichzeitige Zuwanderung von Menschen kann all dies kaum erklären. Eher, so glauben Kivisild und Ko, haben irgendwann die vom Rest der Welt isolierten Australier selbst wohl begonnen, sich auch voneinander abzugrenzen – und auseinander zu entwickeln.
Die späte Landnahme verdankt er wohl seiner durch das Meer geschaffenen Abgeschiedenheit: Erst vor einem guten halben Jahrhundertausend überwand sie der Mensch wohl massenhaft, während einer kurzen Phase des Niedrigwassers. Die Meeresarme zwischen dem längst in Besitz genommenen Eurasien und Melanesien waren damals schmaler, eine Landbrücke zwischen Neuguinea und Australien förderte den Weg in das weiträumige, jungfräuliche Gelände des Südens.
Eingedenk dieser Besiedlungsgeschichte erscheint aber manches merkwürdig. Heute finden sich auf dem jüngsten Siedlungsgebiet zum Beispiel die ältesten Fossilreste des modernen Menschen – nur in Afrika, der Wiege des Menschen, kommen noch betagtere Homo-sapiens-Knochen ans Licht. Komisch auch, dass auf der unvermeidlichen asiatischen Wegstrecke zwischen Afrika und Australien kaum fossile Belegexemplare der frühen Migranten zu finden sind.
Rätselhaft, weil nicht recht in die Evolutionsgeschichte der Restmenschheit passend, ist weiterhin die Form der alten Knochen selbst, die in Australien gefunden werden: Ganz frühe sind sehr fragil, etwas jüngere stattdessen von einer merkwürdig abweichenden Robustheit, die sich auch heute noch teilweise als Merkmal der lebenden Ureinwohner Australiens zeigt. Insgesamt sind die Australier jedenfalls aus irgendwelchen Gründen sehr eigenständig. Wie ist sie verlaufen, die Entwicklung des Menschen Down Under?
Spekulationen gibt es zur Genüge – so soll in den Menschen dort unten zum Beispiel ein Rest einer früheren Homo-erectus-Population genetisch aufgegangen sein und den charakteristischen Typ mit geprägt haben. Egal ob es so war oder nicht, zudem sei dieser dann durch eine zweite Einwanderungswelle später verändert worden, meinen andere. Solche Neuzuwanderer, zum Beispiel aus Indien, hätten neben genetischen auch kulturelle Umwälzungen verursacht, die dann im Holozän vor dreieinhalb bis vier Jahrtausenden plötzlich aufkamen – etwa neue Steinwerkzeuge und Bearbeitungstechniken. Außerdem könnten sie die australische Variante des Hundes, den Dingo mitgebracht haben.
Toomas Kivisild von der Cambridge-Universität und ein internationales Team von Mitarbeitern strengten nun umfangreiche genetische Analysen an, um die Abstammung der Australischen Urbevölkerung aufzuklären. Sie verglichen dabei die männlichen Linien von 552 Aborigines sowie Bewohnern von Neuguinea anhand von Erbgut-Sequenzen des Y-Chromosoms. Zudem untersuchten sie die mütterlichen Abstammungslinien von 172 Genprofilen anhand von Mitochondrien-DNA-Abschnitten. Der Aufwand hat sich offenbar gelohnt: Die Ergebnisse der Untersuchungen sind ziemlich eindeutig.
Australier und Melanesier stammen demnach von einer einzigen alten Gründerpopulation ab, die es vor etwa 50 000 bis 70 000 Jahren nach nur etwa gut 5000 Jahren Wanderschaft aus Afrika nach Ozeanien geschafft hatte. Auch alle anderen Menschen weltweit gehörten ursprünglich zu dieser alten Gruppe, die sich an Varianten der so genannten Haplotypen M und N verrät. In anderen Erdteilen aber haben sich daraus Menschenformen mit anderen Genvarianten entwickelt. Keine dieser Gruppen – weder aus Indien noch aus Ostasien – hat sich dann aber später noch einmal in den Genpool der Australier und Neuguinea-Bewohner gemischt, so die Forscher. Stattdessen blieben die Ureinwohner auf Kontinent Fünf also wohl sehr lange unter sich.
Das allerletzte Wort zur Aborigines-Evolution, so die Wissenschaftler, ist mit diesem erfreulich eindeutigen Ergebnis allerdings nicht gesprochen – eher im Gegenteil. Denn wo keine großflächige Einwanderung von außen erfolgte, müssen für nachgewiesene kulturelle Revolutionen, die bislang einem plötzlichen Fremdeinfluss zugeschrieben wurden, andere Erklärungen gefunden werden. Warum entwickelten sich in dem lang isoliert im eigenen Saft brütenden Australien zum Beispiel von heute auf morgen plötzlich neue Steinwerkzeug-Traditionen, die zudem denen an anderen Orten der Welt glichen? Oder warum trennten sich irgendwann die australischen Sprachen so gründlich, dass noch heute einen deutliche linguistische Grenze durch den Kontinent verläuft?
Eine Zuwanderung revolutionärer Ideen ohne die gleichzeitige Zuwanderung von Menschen kann all dies kaum erklären. Eher, so glauben Kivisild und Ko, haben irgendwann die vom Rest der Welt isolierten Australier selbst wohl begonnen, sich auch voneinander abzugrenzen – und auseinander zu entwickeln.
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