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News: Der Zündfunke für Leben?

Zum ersten Mal haben Wissenschaftler ein System sich selbst reproduzierender Moleküle mit einer symbiontischen Beziehung erzeugt. Die Entdeckung veranschaulicht, wie nicht-lebende Moleküle sich in Netzwerken organisiert haben, die sich selbst erhalten - eine Voraussetzung für die Entstehung von Leben.
Überraschenderweise sind diese Moleküle keine Nucleinsäuren – die Basis der zellulären Reproduktionsmaschinerie in allen Lebewesen – sondern Proteine, die oftmals mehr als Helfermoleküle, denn als autonome handelnde Moleküle angesehen werden.

Letztes Jahr gab Reza Ghadiri, Chemiker am The Scripps Research Institute in La Jolla in Kalifornien die Entdeckung des ersten Proteins bekannt, das in der Lage ist, sich selbst zu reproduzieren (vgl. Spektrum der Wissenschaft 9/94, Seite 66). Die Anwesenheit des Proteins, das aus zwei Fragmenten besteht, beschleunigte den Selbstzusammenbau anderer Fragmente. Aber, sagt Ghadiri, „die Tatsache, daß wir ein Replikationssystem haben, bedeutet noch lange nicht, daß es lebendig ist.” Jedes lebende System darf nicht nur aus einem einzigen Molekültypus bestehen, sondern, nach Ghadiris Worten, aus einem „molekularen Ökosystem”, in dem mehrere Moleküle aufeinander einwirken, um gegenseitig ihr Überleben zu fördern.

Um ein derartiges System zu konstruieren, benötigte Ghadiri zuerst mehrere Arten sich reproduzierender Proteine; bis heute hat sein Labor acht solcher Proteine identifiziert. Zwei der Replikatoren, die R-eins und R-zwei genannt werden, hatten eine Hälfte (das Peptid E) gemeinsam, während sie sich in der zweiten Hälfte leicht voneinander unterschieden. Weil beide Replikatoren Peptid E benötigten, um sich zu reproduzieren, könnte man erwarten, daß R-zwei, der effizientere Replikator, R-eins entsprechend der Regel vom „Überleben des Geeignetsten” verdrängen würde.

Das geschah jedoch nicht. Tatsächlich hat jedes der Proteine die Produktion des anderen Replikators beschleunigt und zwar mehr, als es die Produktion seiner eigenen Art beschleunigte. Die Forscher wissen jedoch nicht, warum dies geschieht. Als die Replikatoren zusammen waren, wuchsen beide bis zu fünf mal schneller, als jeder für sich allein gewachsen wäre.

„Das Interessante ist, daß dies mit Peptiden anstatt mit Nucleinsäuren erreicht wird”, sagt der theoretische Biologe Peter Wills von der University of Auckland in Neuseeland, der momentant am Santa Fe Institute in Neu Mexico arbeitet. Obwohl die These von derartigen symbiotischen Hyperzyklen bereits im Jahre 1971 vom Nobelpreisträger für Chemie Manfred Eigen aufgestellt wurde (siehe Spektrum der Wissenschaft 6/81, Seite 36), sagt Wills, „war es viel schwieriger, sie zu finden, als man sich überhaupt vorstellen kann. Jetzt liegt uns ein Beispiel vor, nicht nur eine theoretische Möglichkeit.”

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