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Nichtlinearität: Der Zusammenbruch kündigt sich an

In der Sperrzone von Kysthym

Niederländische Forscher haben ein einfaches Modell für komplexe System am Rand des Zusammenbruchs entwickelt. Das Team um Annelies Veraart von der Universität Wageningen beobachtete das Verhalten von Zyanobakterien nahe einer kritischen Lichtstärke und stellte fest, dass das System umso langsamer auf Störungen reagiert, je näher es dem Zusammenbruch kommt. Ihr Ergebnis stützt die Vermutung vieler Wissenschaftler, dass subtile Signale in einem System im Vorwege einen bevorstehenden Kollaps ankündigen können.

Dynamische Systeme wie Ökosysteme, soziale Strukturen oder auch das Klima stabilisieren sich gegenüber äußeren Störungen selbst – bis zu einem kritischen Punkt. Wenn eine Störung zu stark wird, bricht das System nahezu ohne Vorwarnung zusammen und geht in einen anderen Zustand über. Wann das passiert, kann man bisher nicht vorhersagen. Es gibt allerdings mögliche Warnzeichen, die schon lange vor dem eigentlichen Kollaps auftreten. Zum Beispiel entdeckten Wissenschaftler, dass einige Systeme auf äußere Störungen immer langsamer reagieren, je näher sie so einem kritischen Punkt kommen.

Genau dieses Verhalten beobachteten die niederländischen Forscher nun in ihrem Modell. Sie verwenden Zyanobakterien, die sich mit einem Trick vor zu viel Licht schützen: Sie vermehren sich einfach so stark, dass sie sich gegenseitig Schatten spenden. Doch ab einer kritischen Helligkeit funktioniert dieser Effekt nicht mehr, und eine katastrophale positive Rückkopplung setzt ein: Immer mehr Zyanobakterien sterben durch den Lichtstress, und weniger Bakterien bedeuten weniger Schatten, so dass noch mehr Zellen absterben und die Überlebenden noch stärkerem Licht aussetzen – die gesamte Population kollabiert.

Die Forscher um Veraart störten diese Kolonien in regelmäßigen Abständen durch Verdünnung, während sie die Lichtstärke im Lauf des Experiments langsam steigerten. Auf jede Störung reagierten die Bakterien, indem sie sich stärker vermehrten, um den vorherigen Zustand wieder herzustellen. Doch je näher die Lichtstärke der kritischen Schwelle kam, desto länger brauchten die Bakterien dafür – bis die letzte Störung den völligen Kollaps einleitete.

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