Dinosaurier: Der Zwergtyrann war wohl nur Nachwuchs
Mit einer Länge von rund fünf Metern gehörte Nanotyrannus zu den eher kleinen Dinosauriern. Sein veritables Gebiss sollte ihn dennoch zu einem gefürchteten Raubtier gemacht haben – als kleinerer Cousin des berühmten Tyrannosaurus rex jagte er zur gleichen Zeit vor 68 Millionen Jahren im Westen Nordamerikas. Davon gingen zumindest einige Paläontologen seit den 1980er Jahren aus, als ein 1946 in Montana gefundener Schädel des "Zwergtyrannen" als ausgewachsenes Exemplar einer eigenen Art beschrieben wurde. Gleich zwei Tyrannosaurierspezies hätten also damals unterschiedliche ökologische Nischen besetzt und Jagd auf andere Dinosaurier gemacht. Nur: Handelte es sich bei dem Fossil tatsächlich um den Schädel eines ausgewachsenen Nanotyrannus oder doch vielleicht eher um einen jugendlichen T. rex? Thomas Carr vom Carthage College in Kenosha und sein Team legten nun ihre Untersuchung des zweiten vorhandenen Nanotyrannus-Schädels vor. Er stammt ebenfalls aus Montana, wurde 2002 gefunden und ist besser erhalten geblieben. Ihr Schluss: Die beiden Versteinerungen entstammen tatsächlich keiner eigener Art, sondern starben vorzeitig als junge T. rex – die Artenvielfalt der Tyrannosaurier schrumpft also wieder.
Carr und Co rekonstruierten dazu den Schädel mit Hilfe eines 3-D-Computermodells und konnten auf diese Weise auch fehlende Bruchstücke ergänzen. Dazu analysierten sie mikroskopisch kleine Wachstumsringe im Wadenbein des Fossils, die sich pro Lebensjahr entwickeln. Insgesamt wiesen sie davon neun nach, zudem war Platz für zwei weitere vorhanden: Das Tier war also maximal elf Jahre alt, als es starb. Zugleich konnten sie nachweisen, dass sich verschiedene schnell entwickelnde Knochen des Körpers noch umformten, was dafür spricht, dass der Wachstumsprozess noch nicht beendet war – der Saurier war also zum Zeitpunkt des Ablebens noch nicht erwachsen. Die vermeintlichen Nanotyrannosaurier könnten stattdessen eine Lücke in der Entwicklungsgeschichte vom Kind zum Spitzenraubtier T. rex schließen, so Carr. Allerdings sind noch nicht alle Paläontologen völlig von dieser Argumentation überzeugt. Robert Bakker vom Houston Museum of Natural History beispielsweise, der in den 1980er Jahren den Artstatus von Nanotyrannus bestätigt hatte, zweifelt die Schlussfolgerung an. Carrs Team habe nicht das am besten erhaltene Fossil der potenziellen Art gesehen, so der Forscher gegenüber "Science". Es wurde 2006 in Montana ausgegraben, befindet sich jedoch in Privatbesitz und stand bislang den meisten Paläontologen nicht für Forschungszwecke zur Verfügung: Eine Versteigerung scheiterte im ersten Versuch.
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