News: Derselbe Speiseplan
Immer deutlicher zeichnet sich ab, dass der Neandertaler ganz und gar kein grober Klotz mit mangelnder Feinmotorik war. Und auch bei der Nahrungssuche musste er sich wohl kaum hinter seinem moderneren Zeitgenossen, dem Cro-Magnon-Menschen, verstecken.
Für Höhlenforscher ist sie ein wahres Paradies: die Dordogne. Unzählige Spalten, Gänge und Löcher führen zu riesigen unterirdischen Hohlräumen, in denen teilweise verrückt anmutende, weil kreuz und quer wachsende Tropfsteine von der Decke hängen und unterirdische Flüsse und Seen im Verborgenen weiterhin unermüdliche Schleifarbeit leisten.
Und auch Anthropologen kommen hier voll auf ihre Kosten, bietet die Gegend doch einige der berühmtesten Fundstätten von Spuren und Überresten unserer Vorfahren und ihrer Zeitgenossen. Für jene wird aber wohl weniger die faszinierende Innenausstattung, als vielmehr das dort vielerorts gebotene feste Dach über dem Kopf reizvoll gewesen sein. So hinterließen Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch in ihren felsigen Unterschlupfen Knochen, Werkzeuge und höchst beeindruckende Malereien, die von der Vergangenheit erzählen und sowohl Rätsel aufwerfen als auch lösen.
Eines dieser Rätsel, für manche gar ein regelrechter Streitpunkt, ist die Frage, wie sich die ursprünglichen Bewohner der Gegend, die Neandertaler, mit den späteren Einwanderern, den modernen Menschen, vertrugen – und wer wem und in welcher Form überlegen war. Lange Zeit galten die Alteingesessenen als plumpe, grobmotorische Gestalten, die von den Neuankömmlingen und deren handwerklichem Geschick schlicht untergebuttert wurden. Seit einiger Zeit jedoch wird dieses Bild zunehmend revidiert, und Donald Grayson und Françoise Delpech liefern dazu weitere Belege.
Die beiden Wissenschaftler von der University of Washington beziehungsweise der Université Bordeaux widmeten sich einer Fleißaufgabe: Sie analysierten über 7000 Knochen- und Zahnreste von großen Huftieren aus der Grotte XVI, einer wahren Fundgrube nahe der Mündung des kleinen Flüsschens Céou in die Dordogne, dem namensgebenden Gewässer der Region. Das Besondere an der Fundstelle ist, dass sie eine Zeit von 65 000 bis 12 000 Jahre vor heute abdeckt – und damit einen Querschnitt des Speiseplans sowohl für die ersten Höhlennutzer – Neandertaler –, als auch ihre Nachfolger, den Cro-Magnon, bietet, die erst vor 30 000 Jahren dort einzogen.
Das Ergebnis widerspricht dem Bild vom Neandertaler als ungeschicktem Jäger: Die Knochenreste lassen über all die Jahrtausende hinweg dieselbe Vielfalt erkennen – acht bis neun große Huftierarten ließen sich Alteingesessene wie Neuankömmlinge schmecken. Allein der relative Anteil mancher Arten verschob sich im Laufe der Zeit, doch lässt sich dies leicht mit klimatischen Veränderungen erklären. So gehörte Rothirsch (Cervus elaphus) besonders häufig zum Menü der frühesten Höhlennutzer. Mit abnehmenden Sommertemperaturen stieg jedoch die Zahl der Rentiere (Rangifer tarandus) im Südwesten Frankreichs an und machte sie offenbar zum beliebtesten Jagdobjekt. Gegen Ende der hier belegten Periode, also während der letzten Eiszeit, machten die Überreste jener Tiere gar über 90 Prozent der gesamten Hinterlassenschaften aus.
In dieser späteren Zeit wurde dann die Nahrung womöglich knapp, vermuten die Forscher. Sie schließen das aus den viel groberen Bearbeitungsspuren an den Knochen, die offenbar wirklich bis auf den letzten Fetzen sauberst entfleischt wurden. "Wäre dies früher, noch zu Neandertalerzeiten aufgetreten, hätten dies viele als ein sicheres Zeichen dafür angeführt, dass den Neandertalern die nötige Koordination zwischen Augen und Händen für feine Metzgerarbeiten fehlte", erklärt Grayson.
Eine Tierart aber spiegelt den Übergang vom Neandertaler zum Cro-Magnon deutlich wider: der Höhlenbär (Ursus spelaeus). Überreste seiner Knochen gehen in der späteren Zeit stark zurück. Doch nicht die Jagdmethode, sondern pure Konkurrenz machen die Forscher hierfür verantwortlich: Bären wie Menschen beanspruchten mindestens im Winter denselben Unterschlupf – die Höhlen. Und da einiges darauf hinweist, dass mit den Cro-Magnon-Menschen auch die Besiedlungsdichte der Gegend stieg, könnte es für die Bären eng geworden sein – zu eng zum Überleben.
Übrigens: Wen Höhlen und ihre ehemaligen Bewohner vielleicht weniger interessieren, oder wer nach dem kaum vermeidbaren Besichtigungsmarathon mal wieder nach Sonne lechzt – eine Paddeltour auf der ruhig dahinfließenden Dordogne ist wärmstens zu empfehlen.
Und auch Anthropologen kommen hier voll auf ihre Kosten, bietet die Gegend doch einige der berühmtesten Fundstätten von Spuren und Überresten unserer Vorfahren und ihrer Zeitgenossen. Für jene wird aber wohl weniger die faszinierende Innenausstattung, als vielmehr das dort vielerorts gebotene feste Dach über dem Kopf reizvoll gewesen sein. So hinterließen Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch in ihren felsigen Unterschlupfen Knochen, Werkzeuge und höchst beeindruckende Malereien, die von der Vergangenheit erzählen und sowohl Rätsel aufwerfen als auch lösen.
Eines dieser Rätsel, für manche gar ein regelrechter Streitpunkt, ist die Frage, wie sich die ursprünglichen Bewohner der Gegend, die Neandertaler, mit den späteren Einwanderern, den modernen Menschen, vertrugen – und wer wem und in welcher Form überlegen war. Lange Zeit galten die Alteingesessenen als plumpe, grobmotorische Gestalten, die von den Neuankömmlingen und deren handwerklichem Geschick schlicht untergebuttert wurden. Seit einiger Zeit jedoch wird dieses Bild zunehmend revidiert, und Donald Grayson und Françoise Delpech liefern dazu weitere Belege.
Die beiden Wissenschaftler von der University of Washington beziehungsweise der Université Bordeaux widmeten sich einer Fleißaufgabe: Sie analysierten über 7000 Knochen- und Zahnreste von großen Huftieren aus der Grotte XVI, einer wahren Fundgrube nahe der Mündung des kleinen Flüsschens Céou in die Dordogne, dem namensgebenden Gewässer der Region. Das Besondere an der Fundstelle ist, dass sie eine Zeit von 65 000 bis 12 000 Jahre vor heute abdeckt – und damit einen Querschnitt des Speiseplans sowohl für die ersten Höhlennutzer – Neandertaler –, als auch ihre Nachfolger, den Cro-Magnon, bietet, die erst vor 30 000 Jahren dort einzogen.
Das Ergebnis widerspricht dem Bild vom Neandertaler als ungeschicktem Jäger: Die Knochenreste lassen über all die Jahrtausende hinweg dieselbe Vielfalt erkennen – acht bis neun große Huftierarten ließen sich Alteingesessene wie Neuankömmlinge schmecken. Allein der relative Anteil mancher Arten verschob sich im Laufe der Zeit, doch lässt sich dies leicht mit klimatischen Veränderungen erklären. So gehörte Rothirsch (Cervus elaphus) besonders häufig zum Menü der frühesten Höhlennutzer. Mit abnehmenden Sommertemperaturen stieg jedoch die Zahl der Rentiere (Rangifer tarandus) im Südwesten Frankreichs an und machte sie offenbar zum beliebtesten Jagdobjekt. Gegen Ende der hier belegten Periode, also während der letzten Eiszeit, machten die Überreste jener Tiere gar über 90 Prozent der gesamten Hinterlassenschaften aus.
In dieser späteren Zeit wurde dann die Nahrung womöglich knapp, vermuten die Forscher. Sie schließen das aus den viel groberen Bearbeitungsspuren an den Knochen, die offenbar wirklich bis auf den letzten Fetzen sauberst entfleischt wurden. "Wäre dies früher, noch zu Neandertalerzeiten aufgetreten, hätten dies viele als ein sicheres Zeichen dafür angeführt, dass den Neandertalern die nötige Koordination zwischen Augen und Händen für feine Metzgerarbeiten fehlte", erklärt Grayson.
Eine Tierart aber spiegelt den Übergang vom Neandertaler zum Cro-Magnon deutlich wider: der Höhlenbär (Ursus spelaeus). Überreste seiner Knochen gehen in der späteren Zeit stark zurück. Doch nicht die Jagdmethode, sondern pure Konkurrenz machen die Forscher hierfür verantwortlich: Bären wie Menschen beanspruchten mindestens im Winter denselben Unterschlupf – die Höhlen. Und da einiges darauf hinweist, dass mit den Cro-Magnon-Menschen auch die Besiedlungsdichte der Gegend stieg, könnte es für die Bären eng geworden sein – zu eng zum Überleben.
Übrigens: Wen Höhlen und ihre ehemaligen Bewohner vielleicht weniger interessieren, oder wer nach dem kaum vermeidbaren Besichtigungsmarathon mal wieder nach Sonne lechzt – eine Paddeltour auf der ruhig dahinfließenden Dordogne ist wärmstens zu empfehlen.
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