Umfrage: Des Vertrauens würdige Wissenschaft
Wissenschaftler haben einen guten Ruf: Sie gelten als seriös, objektiv, glaubwürdig – sie wissen, wie die Welt funktioniert, und sind daher gute Ratgeber. Ginge es nach dem Willen der Bevölkerung, dürften sie ihre Meinung noch viel lauter sagen. Zumindest fast überall.
Climategate, Marc Hauser, Hwang Woo Suk – und wer erinnert sich noch an Jan Hendrik Schön? Angesichts von ständigen Skandalen in Politik, Kirche und sonstigen Gesellschaftsbereichen sticht es regelrecht heraus, wenn sich schwarze Schafe quasi an den Fingern abzählen lassen. Wissenschaftler, so scheint es, sind das lebende Beispiel des guten Menschen, der die Welt differenziert betrachtet und einem die Wahrheit sagt, wenn es sonst niemand tut.
21 000 Menschen bestätigen dieses Bild. So viele Teilnehmer hatte eine Umfrage, die das Fachmagazin "Nature" zusammen mit seinem Partner Scientific American und dessen internationalen Ausgaben wie Spektrum der Wissenschaft online durchführte. Auch in Deutschland antworteten über 1200 Menschen auf den Fragenkatalog und liefern so einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt von an Wissenschaft Interessierten.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Ergebnisse sind nur eingeschränkt repräsentativ, da die Teilnehmer nicht den "Bevölkerungsdurchschnitt" widerspiegeln, sondern einen vorwiegend akademischen und hier vor allem naturwissenschaftlichen Hintergrund haben. Zudem schwankte die Zahl der Mitwirkenden teilweise stark zwischen den Ländern; weiterhin gibt es Unterschiede in der Altersstruktur – und vier Fünftel der Teilnehmer waren Männer.
Meinung erwünscht
Trotzdem lohnt sich der Blick auf die Ergebnisse, die angesichts der heterogenen Datenquellen doch verblüffende Übereinstimmungen zeigen. So herrscht international einhellig die Meinung, Wissenschaftler sollten sich zu politischen Fragen mit Wissenschaftsbezug äußern. In dem Punkt, inwieweit sie dabei Partei ergreifen sollen, gibt es mehr Uneinigkeit – in den USA, Kanada, Großbritannien und China sind etwa gleich viele Teilnehmer dafür wie dagegen, in Japan, Italien und Frankreich zeigt sich eine Tendenz für die eindeutige Stellungnahme – und in Deutschland wird sie klar gefordert.
Angesichts allerorten knapper Haushalte verblüfft vielleicht die Rückmeldung, dass auch hier international Einigkeit darin besteht, die Wissenschaft dürfe keinesfalls Opfer von Sparmaßnahmen werden: Zwei Drittel der Befragten würden sie sogar ganz vor entsprechenden Plänen schützen, das dritte Drittel allenfalls Einsparungen in ähnlicher Höhe wie in anderen Ressorts zulassen – größeren Kahlschlag befürworten weniger als ein Prozent. Alternativ sollte viel mehr bei den Verteidigungsausgaben gekürzt werden.
Kontra Kernkraft und Tierexperimente
Bei Tierversuchen, insbesondere an Primaten, offenbart sich eine gewisse Lücke zwischen den asiatischen Teilnehmerländern und der "westlichen" Welt: In Europa und Kanada lehnen 20 bis 30 Prozent solche Forschung generell ab, in Japan dagegen nur 5 Prozent, in China (aber auch den USA) sind es 15 Prozent.
Interessanterweise stößt die Embryonenforschung überall auf weniger Ressentiments als die Forschung an Schimpansen. Wahrscheinlich, weil damit "Forschungen verstanden werden, die auf die Heilung von Krankheiten hinauslaufen", wie der Wissenschaftssoziologe Peter Weingart im Interview erklärt.
Kein gutes Klima bei Pandemie-Warnungen
In der Frage, ob der Mensch das Klima beeinflusst, herrscht dagegen wieder internationale Einigkeit im nahezu unbestrittenen "Ja". Dafür hat das Gerangel um die Pandemie-Gefahr der Schweinegrippe das Vertrauen in wissenschaftliche Aussagen eher geschmälert: Hier halten die Befragten Forscheraussagen nur noch für wenig glaubwürdig.
Gemischter Blick in die Zukunft
Alles in allem aber rangieren Wissenschaftler in der Seriositätsskala ganz weit vorne, gefolgt von Freunden und Familie sowie Nichtregierungsorganisationen und Journalisten. Unternehmen, Politiker und Kirchenvertreter hingegen genießen wenig Vertrauen, wobei die Deutschen ihre gewählten Vertreter noch am besten beurteilen.
Im Gespräch mit spektrumdirekt erläutert der Wissenschaftssoziologe Peter Weingart einige Ergebnisse und warum "Wissenschaftler wahrhaftig kommunizieren müssen".
21 000 Menschen bestätigen dieses Bild. So viele Teilnehmer hatte eine Umfrage, die das Fachmagazin "Nature" zusammen mit seinem Partner Scientific American und dessen internationalen Ausgaben wie Spektrum der Wissenschaft online durchführte. Auch in Deutschland antworteten über 1200 Menschen auf den Fragenkatalog und liefern so einen kleinen Einblick in die Gedankenwelt von an Wissenschaft Interessierten.
Um es gleich vorwegzunehmen: Die Ergebnisse sind nur eingeschränkt repräsentativ, da die Teilnehmer nicht den "Bevölkerungsdurchschnitt" widerspiegeln, sondern einen vorwiegend akademischen und hier vor allem naturwissenschaftlichen Hintergrund haben. Zudem schwankte die Zahl der Mitwirkenden teilweise stark zwischen den Ländern; weiterhin gibt es Unterschiede in der Altersstruktur – und vier Fünftel der Teilnehmer waren Männer.
Meinung erwünscht
Trotzdem lohnt sich der Blick auf die Ergebnisse, die angesichts der heterogenen Datenquellen doch verblüffende Übereinstimmungen zeigen. So herrscht international einhellig die Meinung, Wissenschaftler sollten sich zu politischen Fragen mit Wissenschaftsbezug äußern. In dem Punkt, inwieweit sie dabei Partei ergreifen sollen, gibt es mehr Uneinigkeit – in den USA, Kanada, Großbritannien und China sind etwa gleich viele Teilnehmer dafür wie dagegen, in Japan, Italien und Frankreich zeigt sich eine Tendenz für die eindeutige Stellungnahme – und in Deutschland wird sie klar gefordert.
Wird die Frage gar umgekehrt – "Wissenschaftler sollten sich aus der Politik heraushalten" –, findet das in China einige Zustimmung. Das allerdings könnte ein sprachliches Problem gewesen sein – und das schlechte Ansehen der Politik in China, das noch auf Zeiten der Kulturrevolution zurückgehe, erklärt Wu Yishan vom Institute of Scientific and Technical Information of China in Beijing im "Nature"-Magazin.
Angesichts allerorten knapper Haushalte verblüfft vielleicht die Rückmeldung, dass auch hier international Einigkeit darin besteht, die Wissenschaft dürfe keinesfalls Opfer von Sparmaßnahmen werden: Zwei Drittel der Befragten würden sie sogar ganz vor entsprechenden Plänen schützen, das dritte Drittel allenfalls Einsparungen in ähnlicher Höhe wie in anderen Ressorts zulassen – größeren Kahlschlag befürworten weniger als ein Prozent. Alternativ sollte viel mehr bei den Verteidigungsausgaben gekürzt werden.
Kontra Kernkraft und Tierexperimente
Weniger überraschend ist das Ergebnis, dass in Deutschland ganz klar die Abkehr von der Kernenergie gefordert wird: 68 Prozent sprechen sich dagegen aus, in Italien sogar 71 Prozent. Deutliche Zustimmung erhält sie dafür in USA, Großbritannien und Kanada, wo mehr als die Hälfte der Befragten sie weiter als wichtigen Bestandteil im Energiemix sehen und etwa ein weiteres Fünftel sogar den Ausbau wünschen.
Bei Tierversuchen, insbesondere an Primaten, offenbart sich eine gewisse Lücke zwischen den asiatischen Teilnehmerländern und der "westlichen" Welt: In Europa und Kanada lehnen 20 bis 30 Prozent solche Forschung generell ab, in Japan dagegen nur 5 Prozent, in China (aber auch den USA) sind es 15 Prozent.
Interessanterweise stößt die Embryonenforschung überall auf weniger Ressentiments als die Forschung an Schimpansen. Wahrscheinlich, weil damit "Forschungen verstanden werden, die auf die Heilung von Krankheiten hinauslaufen", wie der Wissenschaftssoziologe Peter Weingart im Interview erklärt.
Kein gutes Klima bei Pandemie-Warnungen
Doch nicht jeder Aussage aus der Wissenschaft wird gleich viel Vertrauen entgegengebracht. Geht es um Krebsentstehung, Quantencomputer oder Stammzellenforschung, wird den Forschern überwiegend Glauben geschenkt. Auch die Thesen zur Entstehung des Universums und die Evolutionstheorie sind in der westlichen Welt eher unbestritten – anders als in China und Japan, wo wahrscheinlich religiös-kulturelle Hintergründe hinter der Skepsis stecken.
In der Frage, ob der Mensch das Klima beeinflusst, herrscht dagegen wieder internationale Einigkeit im nahezu unbestrittenen "Ja". Dafür hat das Gerangel um die Pandemie-Gefahr der Schweinegrippe das Vertrauen in wissenschaftliche Aussagen eher geschmälert: Hier halten die Befragten Forscheraussagen nur noch für wenig glaubwürdig.
Gemischter Blick in die Zukunft
Alles in allem aber rangieren Wissenschaftler in der Seriositätsskala ganz weit vorne, gefolgt von Freunden und Familie sowie Nichtregierungsorganisationen und Journalisten. Unternehmen, Politiker und Kirchenvertreter hingegen genießen wenig Vertrauen, wobei die Deutschen ihre gewählten Vertreter noch am besten beurteilen.
Dafür sehen die Befragten hier zu Lande die Rolle der Wissenschaft für die Zukunft eher gemischt: Sie werde sowohl Positives als auch neue Probleme bringen. Diese Meinung teilen die Franzosen und Japaner, während in den USA, Großbritannien und Kanada die Mehrheit aus der Forschung vor allem Gutes für die Zukunft erwartet.
Im Gespräch mit spektrumdirekt erläutert der Wissenschaftssoziologe Peter Weingart einige Ergebnisse und warum "Wissenschaftler wahrhaftig kommunizieren müssen".
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