Jo-Jo-Effekt: Zellen besitzen Gedächtnis für Fettleibigkeit
Warum fällt es vielen so schwer, ihr Gewicht nach einer Diät langfristig zu halten? Beim Jo-Jo-Effekt könnten unsere Fettzellen eine entscheidende Rolle spielen: Sie behalten womöglich eine molekulare »Erinnerung« an die Zeiten mit Übergewicht bei. Dadurch erhöht sich das Risiko, dass die Kilos wiederkehren, wie eine Arbeitsgruppe der ETH Zürich in Nature zeigt.
Die Forscherinnen und Forscher untersuchten Fettgewebe von 20 adipösen Personen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten. Zum einen vor einer Magenverkleinerung, zum anderen zwei Jahre danach, als sie im Schnitt 25 Prozent ihres Körpergewichts verloren hatten. Zur Kontrolle dienten Proben von 18 Personen mit konstant gesundem Gewicht.
Mit Hilfe von RNA-Sequenzierungen stellten die Wissenschaftler fest, welche Gene in den Fettzellen aktiv sind. Zu beiden Zeitpunkten wichen bei der Magen-OP-Gruppe im Vergleich zur Kontrollgruppe die Werte von rund 100 für den Stoffwechsel relevanten RNA-Molekülen ab. Dies könnte der Grund sein, warum deren Fettzellen weiterhin vor allem auf das Speichern von Fett eingestellt sind – selbst wenn die Kalorienzufuhr sinkt.
Zur Erklärung: Die Zellen speichern Energie in Form von Fettsäuren und geben diese bei Bedarf wieder ab. Bei schlanken Menschen besteht ein Gleichgewicht zwischen Speichern und Abgeben. Bei übergewichtigen Menschen sind die Zellen jedoch vor allem darauf angepasst, Fett einzulagern, da diese ständig mehr Kalorien aufnehmen, als der Körper verbraucht. Die Gene, die das vermitteln, scheinen bei ehemals adipösen Personen trotz der inzwischen verlorenen Kilos weiterhin aktiv zu sein – ganz so, als ob die Fettzellen sich immer noch im überkalorischen Zustand befinden würden. Solange die Diät anhält, hat das keine Auswirkungen auf das Gewicht. Werden aber die alten Essgewohnheiten wieder aufgenommen, kommt es relativ schnell zu einer erneuten Gewichtszunahme.
Jo-Jo-Effekt bei Mäusen
Weitere Experimente mit Nagern bestätigten diese Erkenntnisse. Sie zeigten, dass die Ursache für den Jo-Jo-Effekt epigenetische Veränderungen in den Fettzellen sind. Solche Modifikationen beeinflussen, welche Gene abgelesen werden, und helfen so, sich an andauernde Umweltbedingungen anzupassen. Eine jahrelange kalorienreiche Ernährung führt laut den Forschern vermutlich dazu, dass bestimmte Gene dauerhaft an- oder ausgeschaltet werden, um die effiziente Speicherung überschüssiger Energie optimieren. Da sich Fettzellen nur etwa alle zehn Jahre erneuern, könnten diese Veränderungen über lange Zeit bestehen bleiben.
Das ETH-Team konnte bei fettleibigen Mäusen derartige Anpassungen bei der Genaktivität der Fettzellen feststellen. Die Veränderungen blieben auch bestehen, nachdem die Tiere abgenommen hatten. Das Transkriptom – also das Aktivitätsprofil der Gene – war bei ihnen auffällig stabil, obwohl sich durch eine Diät viele metabolische Störungen verbesserten, beispielsweise eine erhöhte Insulinausschüttung. Wurden die Tiere erneut fettreich ernährt, nahmen zuvor adipöse Mäuse zudem deutlich schneller zu als Kontrolltiere. Erstere legten im Schnitt 14 Gramm zu, die anderen nur 5 Gramm. Analysen ergaben, dass die Fettzellen der dickeren Nager mehr Fett und Zucker aufnahmen als die der Kontrollmäuse.
»Zukünftige Therapien könnten darauf abzielen, diese epigenetischen Veränderungen gezielt zu beeinflussen, um eine langfristige Gewichtsstabilisierung zu ermöglichen«, erklärt Ferdinand von Meyenn von der ETH Zürich, der an der Studie beteiligt war. Bis dahin empfehlen die Forscher, schon in jungen Jahren auf eine ausgewogene Ernährung zu achten und ein gesundes Gewicht zu halten.
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