Frühkindlicher Autismus: Diagnostik per Speichelprobe
Selbst für Fachleute ist es nicht leicht, bei Kleinkindern eine Autismus-Spektrum-Störung zu diagnostizieren: Es gibt zwar typische Auffälligkeiten in Kommunikation und Verhalten, aber diese treten nicht bei allen betroffenen Kindern gleichermaßen auf. Auf der Suche nach verlässlichen Biomarkern haben US-Forscher nun in Speichelproben charakteristische RNA-Profile gefunden, berichten sie in der Fachzeitschrift »Frontiers in Genetics«.
Das Team um den Pädiater Steven Hicks vom Penn State College of Medicine entnahm mehr als 450 Kindern im Alter von rund anderthalb bis sieben Jahren jeweils drei Speichelproben und analysierte die darin enthaltenen Ribonukleinsäuren (RNA). Diese Molekülketten helfen dabei, den genetischen Code der DNA in Proteine, die elementaren Bausteine des Körpers, zu übersetzen. Die Speichelproben teilten die Forscher in zwei Gruppen: Anhand eines Trainingssets entwickelten sie ein Klassifikationsmodell, das so gut wie möglich zwischen Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung, mit einer anderen Entwicklungsstörung und jenen ohne Diagnose unterscheiden sollte. Um das Modell zu testen, wendeten sie es dann auf die verbliebenen Proben aus dem Testset an.
In rund 85 Prozent der Fälle konnten Hicks und seine Kollegen anhand der RNA-Profile die vorliegende Diagnose vorhersagen: Das Modell identifizierte 41 von 50 Kindern mit Autismus-Spektrum-Störung, 12 von 13 Kindern mit Entwicklungsstörung sowie 18 von 21 neurotypischen Kindern (ohne Diagnose). Insgesamt flossen 32 RNAs in die Klassifikation ein, darunter menschliche RNA sowie RNA von Mikroben aus dem Verdauungstrakt. Viele dieser RNA tragen zu körperlichen Funktionen bei, die den Autoren zufolge zu bekannten genetischen und neurobiologischen Auffälligkeiten bei Autismus-Spektrum-Störungen passen.
Trotzdem wollen die Forscher eine solche RNA-Analyse weder für ein breites Screening einsetzen noch damit die gängigen psychiatrischen Symptom-Checklisten ersetzen. Das Modell soll die Diagnostik vielmehr ergänzen und verbessern, vor allem, indem es zwischen Autismus-Spektrum- und anderen Entwicklungsstörungen zu unterscheiden hilft. Weil auch Umwelt und Ernährung die Mikroben im Speichel beeinflussen, sei allerdings noch unsicher, inwieweit sich die Befunde auf andere Regionen der Welt übertragen lassen.
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