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News: Dichter als gedacht

Es ist wahrlich nicht viel, was man über die Dunkle Energie weiß: Sie sorgt dafür, dass sich unser Universum immer schneller ausdehnt. Aber sonst entzieht sie sich bislang standhaft allen Versuchen, ihrer Natur auf den Grund zu gehen. Vielleicht weil es sie in Wirklichkeit gar nicht gibt!
Galaxien-Cluster
Zuerst war es Einstein, der auf Krampf versuchte, sein Modell eines statischen Universums stimmig zu machen. Er führte dazu eine kosmologisch Konstante ein, die der Gravitation entgegenwirken sollte. Als Hubble jedoch wenig später die Expansion des Weltalls anhand der Rotverschiebung von Galaxien nachwies, landete diese Idee im Papierkorb.

Gegen Ende des letzten Jahrhunderts gruben sie dort andere Wissenschaftler wieder hervor, denn – oh Wunder – das Universum dehnt sich nicht nur aus, es expandiert sogar immer schneller. Um das zu erklären, bedurfte es einer bis dato unbekannten Kraft im All: der Dunklen Energie, die sich mathematisch beispielsweise durch eine kosmologische Konstante ausdrücken lässt.

Nachdem es in den letzten Jahren allerlei gute Hinweise darauf gab, dass das Universum tatsächlich beschleunigt expandiert und damit auch die Existenz der Dunklen Energie immer wahrscheinlicher wurde, scheint dies nun in Frage gestellt. Denn zumindest die Untersuchungen des Röntgenlichts ferner Galaxien-Cluster mit Hilfe des europäischen Weltraumteleskops XMM-Newton legen nahe, dass es keine Dunkle Energie gibt – zumindest nicht so viel, wie gängige Modelle des Universums annehmen [1].

Denn immerhin gute 70 Prozent des Kosmos, so wird spekuliert, bestehen aus diesem Stoff, von dem eigentlich niemand so richtig weiß, was es sein könnte. Weitere 25 Prozent sollen auf Dunkle Materie entfallen, die zwar ebenso obskur erscheint, sich aber zumindest durch die uns gewohnte Gravitation bemerkbar macht. Gerade einmal 5 Prozent verbleiben für übliche Materie, die das sichtbare Universum ausmacht.

Setzt man jedoch diese Zusammensetzung für das Universum voraus, so dürfte in den letzten paar Milliarden Jahren nicht allzu viel im Universum passiert sein. Sprich: Ferne Galaxien-Cluster aus dem frühen Universum dürften sich eigentlich nicht sonderlich von heutigen Clustern unterscheiden, so zumindest bisher die Hypothese. Dem ist jedoch ganz offensichtlich nicht so. Denn wie David Lumb vom Space Research and Technology Centre im holländischen Noordwijk und seine Kollegen feststellten, strahlen acht weit entfernte Cluster, die im Schnitt sieben Milliarden Jahre alt sind, anders als heutige Ansammlungen von Galaxien.

Da Cluster reich an extrem heißen Gasen sind, die dieses Röntgenlicht aussenden, liefert die Helligkeit und Energie des Lichts gute Aufschlüsse über die Masse beziehungsweise die Dichte vor Ort. Und die war früher offenbar deutlich geringer als heute. Das passt freilich so gar nicht zu herkömmlichen kosmologischen Modellen, die sich in den letzten Jahren mit einem expandierenden und ergo "luftigeren" Universum angefreundet hatten. "Um diese Ergebnisse erklären zu können, braucht man eine Menge Materie im Universum, und das lässt wenig Platz für Dunkle Energie", erklärt denn auch Alan Blanchard, seines Zeichens Astronom am Laboratoire d'Astrophysique de l'Observatoire Midi-Pyrénées [2].

Um die Daten in Übereinstimmung mit dem Konkordanzmodell zu bringen, das von einem beschleunigten Universum aufgrund der Dunklen Energie ausgeht, wären schon erheblich Klimmzüge nötig, da die Modelle von derartigen Galaxien-Clustern komplett überarbeitet werden müssten. Wie auch immer man es dreht, die Theoretiker haben in nächster Zeit einiges zu tun. Aber warten wir doch erst einmal ab, was andere Röntgen-Teleskope zeigen.

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