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Brutparasitismus: Dicke Eier als Waffe

Im Rüstungswettlauf der Evolution kämpfen Brutparasiten mit allen Waffen gegen ihre Opfer. Im Getümmel wird es aufwändig, sich nicht selbst ins Knie zu schießen.
Idyllisches Bild eines Kuhstärlings auf blühendem Zweig. Hach.

Der Kuhstärling ist der Kuckuck Nordamerikas. Als Verhaltensauffälligkeit teilen die Vögel die Angewohnheit, ihre Eier ins Nest anderer Vögel zu schmuggeln, um die Jungvögel dort ausbrüten und durchfüttern zu lassen. Der Kuhstärling ist dabei allerdings deutlich weniger wählerisch als unser Kuckuck: Der Brutparasiten schiebt vielen unterschiedlichen Wirtsvogelarten Eier unter, wobei nicht einmal Größe und Farbe von Eioriginal und -fälschung perfekt zusammenpassen müssen. Seit Langem fragen sich Ornithologen, wie das Tier damit durchkommt. Offenbar ist hoher und aggressiver Materialeinsatz ein Teil der Antwort meinen Forscher nun im Fachblatt »Behavioral Ecology«.

Die Eierschalen der brutparasitischen Vögel sind extrem stark, und Forscher hatten verschiedene Theorien aufgestellt, um dies zu erklären: Natürlich könnte eine dicke Schale besser schützen, wenn Wirtsvögel in lichten Momenten doch einmal Fremdeier erkennen und anpicken. Vielleicht, so eine andere Idee, versorgen die dicken Eierschalen die jungen Kuhstärlinge auch besser mit Mineralien wie Kalzium und sorgen für einen Entwicklungsvorsprung? Vor allem, so berichten nun Analía López und ihre Kolleginnen, bekommen die Kuhstärlingeier aber selbst dann keine Sprünge, wenn sie aus großer Höhe abstürzen.

Das Team hatte dies mit hohem experimentellem Aufwand sorgfältig geprüft, indem sie 157 frisch gelegte Eier des Glanzkuhstärlings Molothrus bonariensis sowie des Braunkopfstärlings M. ater aus einer Höhe von sechs Zentimetern fallen ließen – und zwar, genau wie dies die Vögel in freier Wildbahn machen, direkt auf die Eier im Nest möglicher Wirtsvögel. Am Ende waren nur 3,6 Prozent der Stärlingseier schadhaft – zehnmal häufiger gingen die Eier kaputt, auf die sie abgeworfen wurden. Entscheidend aber: Umgekehrt überstanden die Stärlingeier es gut, wenn andere Stärlingeier auf sie abstürzen.

In freier Wildbahn entstand die dicke Eischale womöglich gar nicht durch einen Evolutionsrüstungswettlauf zwischen pickenden Wirtsvögeln und Brutparasiten – und auch ist es wenig entscheidend, ob die Wirtsvögel Fremd- und Eigenei voneinander unterscheiden können. Stattdessen machte die Konkurrenz zwischen den Kuhstärlingen selbst ihre Eierschale im Lauf der Evolution wohl immer dicker: Denn Nester von Wirtsvögel werden durchaus mehr als einmal und von verschiedenen Kuhstärlingenarten und -individuen angeflogen – und die Eier des ersten Kuhstärlings sollten dann immer auch das hartschalige Eierbombardement des zweiten Kuhstärlings überstehen, schlussfolgern die Forscher.

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