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News: Dicke Luft auf Pluto

Vor zehn Jahren erreichte Pluto auf seiner exzentrischen Bahn den sonnennächsten Punkt. Seither entfernt er sich wieder, und angesichts sinkender Temperaturen müsste sich somit der Stickstoff aus der Atmosphäre als Eis auf der Plutooberfläche niederschlagen - und die "Lufthülle" dünner werden. Doch das Gegenteil ist der Fall.
Pluto
Als der Astronom Noah Brosch von der Tel-Aviv University im Jahr 1985 mit seinem Teleskop von der Negev-Wüste aus beobachtete, wie sich Pluto langsam vor einen Stern schob und dessen Licht nicht schlagartig auslöschte, wollte ihm das lange Zeit niemand glauben. Schließlich bedeutete die sanfte Abschwächung des Sternlichts, dass der fernste und kleinste der neun Planeten über eine Atmosphäre verfügen musste. Erst drei Jahre später wurde dem Forscher Genugtuung zuteil, als Forscher mit dem Kuiper Airborne Observatory den gleichen Effekt beobachteten.

Allerdings ist der mittlere Luftdruck auf dem nur 2400 Kilometer großen Pluto – zum Vergleich: der Mond hat einen Durchmesser von 3476 Kilometern –, auf dem es selbst im Sommer niemals wärmer wird als minus 170 Grad Celsius, millionenfach niedriger als bei uns. Dafür schwankt er deutlich, denn Pluto läuft auf einer derart exzentrischen Bahn um die Sonne, dass seine Entfernung während des 248 Erdjahre dauernden Plutojahrs zwischen 4,4 und 7,4 Milliarden Kilometern schwankt. Von 1979 bis 1999 war er der Sonne sogar näher als Neptun.

Seinen sonnennächsten Punkt hatte Pluto im Jahr 1989 erreicht, kurz nachdem das Kuiper Airborne Observatory die Atmosphäre Plutos vermessen hatte – übrigens gleichfalls während einer Okkultation, also der Bedeckung eines Sterns durch Pluto.

Zehn Jahre später, Pluto hatte sich mittlerweile wieder ein gutes Stück von der Sonne entfernt, nutzten zwei Arbeitsgruppen um James Elliot vom Massachusetts Institute of Technology [1] und Bruno Sicardy vom Observatoire de Paris [2] erneut eine solche Okkultation durch Pluto und beobachteten höchst Unerwartetes.

Denn die Forscher hatten erwartet, dass das Stickstoffgas der Atmosphäre mit zunehmender Entfernung von der Sonne und somit abnehmenden Temperaturen gefrieren und sich als Eis auf Plutos Oberfläche niederschlagen würde. Die dünne Atmosphäre müsste sich derzeit also zusammenziehen. Doch das Gegenteil ist offensichtlich der Fall: Plutos "Lufthülle" dehnt sich aus.

Wie dies genau geschehen kann, wissen die Forscher bisher nicht. Vermutlich stellt sich die Abkühlung erst mit einer zeitlichen Verzögerung ein. So hat sich die Atmosphäre des fernen Pluto im vergangenen Jahrzehnt nicht nur ausgedehnt, sondern wurde vermutlich auch um ungefähr ein Grad Celsius wärmer. Dieses Phänomen kennen wir auch hier auf der Erde, wo die höchsten Tagestemperaturen in der Regel erst nach 12:00 Uhr mittags erreicht werden und der August in unseren Breiten wärmer ist als die Zeit der Sonnenwende im Juni.

So gehaltvoll solche Okkultationen also sind, so werfen sie doch mehr Fragen auf, als sie beantworten. Die Forscher sehen ihre Ergebnisse insbesondere auch als schwergewichtiges Argument für eine Raumsonde zum Pluto. Zwar hat die NASA erst kürzlich die New-Horizons-Mission zum Pluto und in den Kuipergürtel abgesegnet, doch angesichts unerwartet hoher Kosten besteht durchaus noch Grund zur Sorge, ob der Start auch wirklich im Jahr 2006 erfolgen wird.

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