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Sexuelle Selektion : Dicker ist aussichtsreicher

Um beim anderen Geschlecht zu landen, muss mal kurz und kräftig investiert werden, mal darf eher Energie für Langzeitbeziehungen gespart werden. Bevorzugt eine Spezies eine dieser Strategien, so schlägt sich das auch in den Genen nieder.
Geht es um Sex, dann hat das Affenmännchen mal Qual, mal Wahl – hängt davon ab, welcher Spezies es angehört. Schimpansenherren beispielsweise haben mit mangelnder Willigkeit potenzieller Gespielinnen kein Problem, denn die Schimpansendame liebt häufig und gerne rasch wechselnde Partner. Als Gorillamann erzwingt man dagegen die weibliche Gunst durch imposante Stärke und sammelt sich einen Harem zur eigenen Verfügung. Manche Halbaffen wiederum müssen einen weit geringeren Aufwand treiben, denn ihre Weibchen sind strikt monogam. Da genügt, für die langfristige Beziehung einmal zu balzen, um sich dann auf Dauer entspannt zurücklehnen zu können – wenn sie sich denn endgültig für ihn entschieden hat.

Entscheider einer Partnerwahl ist eben meist eine Entscheiderin: Die Wahl eines Weibchens ist Triebfeder der sexuellen Selektion. Männchen müssen dagegen abwarten, nachdem sie sich im bestmöglichen Licht präsentiert haben. Letzteres insbesondere kann anstrengend sein – umso mehr, je mehr Affenfreier um ein Weibchen werben. Bei heftigen Konkurrenzsituationen sind denn auch bei Affen in der Liebe alle Waffen erlaubt, um lästige Nebenbuhler auszustechen. Männchen aus Arten unter Dauerdruck beim Kampf ums Weibchen entwickelten zum Beispiel ihren Fortpflanzungsapparat zu deutlich ausgereifteren Höhen als monogame Vetter. Die umtriebigen Arten haben auffälligere und inhaltsreichere Hoden, längere Samen-Produktionskanälchen, insgesamt eine durchschnittlich höhere Spermienanzahl und besser mit Kraft spendenden Mitochondrien ausgestattete Einzelspermien.

Ziemlich sicher spornt erhöhte Anforderung auch das Erbgut zu höherer genetischer Dynamik an, meinten Bruce Lahn und seine Kollegen vom Howard Hughes Medical Institute. Je anstrengender der Kampf um die Fortpflanzung, desto häufiger sollten Umbau- und Anpassungsmaßnahmen in jenen Genen zu beobachten sein, die irgendetwas mit den sexuellen Kapazitäten der Männchen zu tun haben. Zum Beispiel in dem Gen SEMG2, welches für das Eiweiß Semenogelin II kodiert. Mit diesem verbindet sich ein besonders einfallsreicher Kniff der Affenmännchen. Das Protein ist zuständig für die Viskosität der Samenflüssigkeit. Nach erfolgter Ejakulation verklebt es durch Quervernetzung in den Fortpflanzungsorganen zu einem mehr oder minder zähflüssigen Konglomerat. Damit kann zweierlei erreicht werden: Zum einen bleiben die Spermien derart festgesetzt in der Nähe einer zu befruchtenden Eizelle, zum anderen verhindert der Pfropfen, dass die eigenen Spermien möglicherweise durch die eines späteren Auch-Noch-Begatters ausgestochen werden können. Je dickflüssiger, desto konkurrenzloser.

Haben sich in den SEMG2-Genen die unterschiedlichsten Fortpflanzungsgewohnheiten verschiedener Arten tatsächlich niedergeschlagen – unterschiedlich ausgeprägt zum Beispiel bei den extrem monogamen Gibbons, den promiskuitiven Schimpansen und Makaken, den vielbeweibten Gorillamännchen und den Menschen, mit seinem, so die Forscher, "eher heterogenen" Fortpflanzungsgebaren? Tatsächlich: Die SEMG2-Sequenzen verschiedener Affenarten belegen dies eindeutig, so die Wissenschaftler nach Auswertung ihrer Genvergleiche. Hierin zeige sich deutlich, dass die Promiskuität der Weibchen einer Art mit der Dynamik korreliert, mit der seit dem letzten gemeinsamen Affenvorfahren an den SEMG2-Genen gefeilt worden war: Sehr stark eben bei den sexuell nicht wählerischen Schimpansen, fast gar nicht bei den Gibbons und Gorillas, bei denen männliche Konkurrenz um ein Weibchen keine große Rolle spielt.

Und die Menschen? Sie lagen statistisch im Mittelfeld der Affengemeinschaft. Auch übrigens bei der "Anzahl von Sexualkontakten eines Weibchens pro Ovulationsperiode": Das seien, so die Forscher, bei Homo sapiens rund 1,6 – rein statistisch gemittelt. Für die Herren der Schöpfung macht das nur mehr rund einen halben Konkurrenten pro verfügbarer Partnerin. Schimpansen, die auch noch viel mehr in ihr genetisches Programm investieren mussten, haben sieben.

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