Computertomografie: Die alte Leier
Viele Kenntnisse und Fertigkeiten, über die Handwerker und Gelehrte im Mittelalter verfügten, wurden nie schriftlich festgehalten und sind über die Jahrhunderte in Vergessenheit geraten. So auch beim Instrumentenbau. Die Experten, wie jene um Wolfgang Spindler vom Forschungszentrum Mittelaltermusik in Schloss Wernsdorf, sind in der Bredouille – schließlich wollen sie die wenigen erhaltenen Exemplare nicht zerlegen, um ihre Konstruktionen zu erkunden.
Beide Instrumente wurden bis auf Hundertstelmillimeter genau vermessen. Dabei traten unerwartete Details zu Tage, wie die Lagerung der Welle bei der Drehleier, ihr Kopf, der aus einem massiven Stück Holz gefertigt wurde, oder ihre seitlichen Zargen, die von innen durch Bronzenägel fixiert sind.
Oliver Dreissigacker
Also müssen sie auf eine nicht-invasive Methode zurückgreifen. Geeignete Möglichkeiten fanden sich am Erlanger Institut für medizinische Physik (IMP). Dort hatten Achim Langenbucher und Willi Kalender schon in der Vergangenheit mit Tomas Sauer vom Lehrstuhl für numerische Mathematik zusammengearbeitet. Der Forschergruppe gelang es, aus den präzisen Aufnahmen eines Computertomografen dreidimensionale Modelle von alten Instrumenten zu erstellen.
Unter die tomografische Lupe nahmen sie die älteste erhaltene Drehleier Europas – sie wurde in Konstanz beim Umbau eines mittelalterlichen Hauses entdeckt und stammt aus dem 15. Jahrhundert – sowie eine Kernspaltflöte, die in Göttingen gefunden wurde und die mit fast 800 Jahren als älteste Blockflöte der Welt gilt.
Beide Instrumente wurden bis auf Hundertstelmillimeter genau vermessen. Dabei traten unerwartete Details zu Tage, wie die Lagerung der Welle bei der Drehleier, ihr Kopf, der aus einem massiven Stück Holz gefertigt wurde, oder ihre seitlichen Zargen, die von innen durch Bronzenägel fixiert sind.
"Was diese Instrumente herausragend macht, ist, dass sie einmalige Unikate sind. Ohne genaue Vermessung, Untersuchung der Herstellungstechnik, und so weiter, lassen sie sich nicht rekonstruieren und somit auch nicht ihr Klang wiedergewinnen," erklärt Tomas Sauer. "Spätere Versionen der Instrumente sind wesentlich weiter entwickelt worden und bieten ein anderes Klangbild," fährt der Mathematiker fort.
Anhand der 3D-Modelle können sich die Instrumentenbauer nun an die Herstellung von Repliken machen, um diese zum Klingen zu bringen. Die Forschungsergebnisse sind der Öffentlichkeit ab Ende August 2009 in der Landesausstellung "Aufbruch in die Gotik" im kulturhistorischen Museum Magdeburg zugänglich.
Oliver Dreissigacker
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