Klimawandel: Die Alten nicht abschreiben
Mit den Jahren geht alles etwas geruhsamer - das gilt auch für Wälder: Legen junge Bäume noch kräftig an Biomasse zu, so schwächt sich der Zuwachs in gereifteren Systemen ab. Lange galt daher, dass alte Waldbestände keinen Beitrag zur Kohlenstoffspeicherung im Kampf gegen den Klimawandel leisten. Ein Irrtum.
Was ist ein Menschenleben im Vergleich zu dem eines Baumes – ein paar Striche im meterdicken Jahresringarchiv. Und gerade besonders betagte Exemplare nötigen selbst naturfernen Homo sapiens mindestens Staunen, wenn nicht sogar Respekt oder gar Ehrfurcht ab.
In der Klimaforschung begegnete man ihnen allerdings eher mit milder Gelassenheit, denn in der Liste der Verbündeten gegen die ansteigenden Kohlendioxidgehalte der Atmosphäre landeten die alten Riesen unter ferner liefen: Ihre besten Jahre hinsichtlich strotzender Wachstumskraft hatten sie längst hinter sich, und was sie nun in Biomasse noch zulegen, dürfte mindestens vernachlässigbar sein, wenn nicht sogar durch Abbauprozesse wieder aufgewogen werden.
Durchweg positiv
Die Forscher hatten sich Daten zum Kohlenstoffhaushalt von über 500 Studien in Wäldern verschiedenen Alters der gemäßigten und borealen Breiten angesehen. Die Tropen mussten sie ausklammern, da hier die Angaben zur Kohlenstoff-Nettobilanz nicht ausreichten. Zwar beobachteten die Wissenschaftler bei einem Baumalter von 80 Jahren einen gewissen Rückgang der Nettoprimärproduktion, der zum Teil auch mit Bewirtschaftungsmaßnahmen zusammenhing. Doch das Fazit ist eindeutig: "Wir stellen fest, dass die Netto-Ökosystem-Produktion (NEP) in Wäldern mit einem Alter von 15 bis 800 Jahren in der Regel positiv ist."
Mit anderen Worten: Auch mit einem knappen Jahrtausend unter der Rinde agieren die Urwaldriesen noch als Kohlenstoffspeicher. Ihnen diese Eigenschaft einst abzusprechen, beruhte dabei auf einer wenn auch langfristigen, so doch einzigen Studie. Aus ihren Daten leiteten Wissenschaftler Ende der 1960er Jahre ab, dass alte Wälder kohlenstoffneutral sind, weil sich ihr verlangsamter Zuwachs mit den Verlusten durch die Atmungsprozesse ausgleiche. Dies passte zu den fallenden Werten der Nettoprimärproduktion in Anpflanzungen.
Doch kommt hier nun ein Faktor ins Spiel, der natürliche Wälder von vielen Forsten unterscheidet: die Altersstruktur, die in nicht bewirtschafteten Flächen deutlich vielfältiger ist. So gibt es sicherlich eine Obergrenze für die Kohlenstoffaufnahme, die die Forscher bei etwa 500 bis 700 Tonnen pro Hektar und Jahr vermuten. Sie entspricht 1400 bis 1800 Kubikmetern Holz pro Hektar, die in den Urwäldern des pazifischen Nordwesten der USA erreicht werden.
Schneller Ausgleich
In solchen im Vergleich zu jüngeren Wäldern nur noch aus wenigen Riesen bestehenden Beständen bringt der Verlust einzelner Bäume durch Blitzschlag, Krankheit oder Bruch zwar auf einmal einen erheblichen Kohlenstoffvorrat wieder in Umlauf – jedoch nur über lange Zeiträume. Währenddessen weiß bereits vorhandener Jungwuchs die Lücke schnell zu schließen und treibt somit die Kohlenstoffaufnahme weitaus rascher voran, als die Freisetzung aus dem gefallenen Alten geschieht.
Angesichts solcher Werte erscheint es mehr als unverständlich, dass der Schutz alter Wälder im Kyoto-Protokoll keinen ausdrücklichen Niederschlag als menschliche Aktivität findet – anders als Aufforstungsmaßnahmen oder Entwaldung, deren Einfluss auf die Kohlenstoffbilanz berücksichtigt werden muss. Es sei daher dringend nötig, entsprechende Maßnahmen, die das ungestörte Fortbestehen solcher Bestände sichert, ebenso in das Regelwerk aufzunehmen. Das Interesse an Klimaschutz könnte somit ein Verhalten unterstützen, das sich doch eigentlich von selbst versteht: Auch in unserem kurzen Menschenleben die alten Giganten zu ehren und zu bewahren.
In der Klimaforschung begegnete man ihnen allerdings eher mit milder Gelassenheit, denn in der Liste der Verbündeten gegen die ansteigenden Kohlendioxidgehalte der Atmosphäre landeten die alten Riesen unter ferner liefen: Ihre besten Jahre hinsichtlich strotzender Wachstumskraft hatten sie längst hinter sich, und was sie nun in Biomasse noch zulegen, dürfte mindestens vernachlässigbar sein, wenn nicht sogar durch Abbauprozesse wieder aufgewogen werden.
Doch das Alter zu unterschätzen, war schon immer ein Fehler. Mit einer umfassenden Literaturstudie zeigen Wissenschaftler um Sebastiaan Luyssaert von der Universität Antwerpen, dass jahrhundertealte Wälder sehr wohl dazu beitragen, der globalen Erwärmung entgegenzuwirken.
Durchweg positiv
Die Forscher hatten sich Daten zum Kohlenstoffhaushalt von über 500 Studien in Wäldern verschiedenen Alters der gemäßigten und borealen Breiten angesehen. Die Tropen mussten sie ausklammern, da hier die Angaben zur Kohlenstoff-Nettobilanz nicht ausreichten. Zwar beobachteten die Wissenschaftler bei einem Baumalter von 80 Jahren einen gewissen Rückgang der Nettoprimärproduktion, der zum Teil auch mit Bewirtschaftungsmaßnahmen zusammenhing. Doch das Fazit ist eindeutig: "Wir stellen fest, dass die Netto-Ökosystem-Produktion (NEP) in Wäldern mit einem Alter von 15 bis 800 Jahren in der Regel positiv ist."
Mit anderen Worten: Auch mit einem knappen Jahrtausend unter der Rinde agieren die Urwaldriesen noch als Kohlenstoffspeicher. Ihnen diese Eigenschaft einst abzusprechen, beruhte dabei auf einer wenn auch langfristigen, so doch einzigen Studie. Aus ihren Daten leiteten Wissenschaftler Ende der 1960er Jahre ab, dass alte Wälder kohlenstoffneutral sind, weil sich ihr verlangsamter Zuwachs mit den Verlusten durch die Atmungsprozesse ausgleiche. Dies passte zu den fallenden Werten der Nettoprimärproduktion in Anpflanzungen.
Doch kommt hier nun ein Faktor ins Spiel, der natürliche Wälder von vielen Forsten unterscheidet: die Altersstruktur, die in nicht bewirtschafteten Flächen deutlich vielfältiger ist. So gibt es sicherlich eine Obergrenze für die Kohlenstoffaufnahme, die die Forscher bei etwa 500 bis 700 Tonnen pro Hektar und Jahr vermuten. Sie entspricht 1400 bis 1800 Kubikmetern Holz pro Hektar, die in den Urwäldern des pazifischen Nordwesten der USA erreicht werden.
Schneller Ausgleich
In solchen im Vergleich zu jüngeren Wäldern nur noch aus wenigen Riesen bestehenden Beständen bringt der Verlust einzelner Bäume durch Blitzschlag, Krankheit oder Bruch zwar auf einmal einen erheblichen Kohlenstoffvorrat wieder in Umlauf – jedoch nur über lange Zeiträume. Währenddessen weiß bereits vorhandener Jungwuchs die Lücke schnell zu schließen und treibt somit die Kohlenstoffaufnahme weitaus rascher voran, als die Freisetzung aus dem gefallenen Alten geschieht.
Und diese Kohlenstoffbindung ist nicht zu unterschätzen, rechnen Luyssaert und seine Kollegen vor: Über 30 Prozent der globalen Waldfläche sind unbewirtschaftete Primärwälder, und etwa die Hälfte dieser Primärwälder befindet sich in den gemäßigten und borealen Breiten der Nordhalbkugel. Anhand der Daten, die die Wissenschaftler gesammelt hatten, binden diese Systeme mittelfristig allein 1,3 Gigatonnen Kohlenstoff pro Jahr – das sind immerhin zehn Prozent der globalen Netto-Ökosystem-Produktion laut eines Spezialberichts für den Weltklimarat über Landnutzung, deren Veränderung und Forstwirtschaft aus dem Jahr 2000, schreiben die Forscher.
Angesichts solcher Werte erscheint es mehr als unverständlich, dass der Schutz alter Wälder im Kyoto-Protokoll keinen ausdrücklichen Niederschlag als menschliche Aktivität findet – anders als Aufforstungsmaßnahmen oder Entwaldung, deren Einfluss auf die Kohlenstoffbilanz berücksichtigt werden muss. Es sei daher dringend nötig, entsprechende Maßnahmen, die das ungestörte Fortbestehen solcher Bestände sichert, ebenso in das Regelwerk aufzunehmen. Das Interesse an Klimaschutz könnte somit ein Verhalten unterstützen, das sich doch eigentlich von selbst versteht: Auch in unserem kurzen Menschenleben die alten Giganten zu ehren und zu bewahren.
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