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Riesenschildkröten: Die Altersgene des Einsamen George

Eine Genomanalyse liefert Indizien, weshalb Riesenschildkröten so alt werden. Unter anderem sind sie wohl besonders resistent gegen Krebs.
Lonesome George - der Letzte der Pinta-Riesenschildkröten

George, der letzte der Pinta-Riesenschildkröten (Chelonoidis abingdonii), starb am 24. Juni 2012. Er wurde etwa 100 Jahre alt – keineswegs außergewöhnlich für Riesenschildkröten. Die außergewöhnliche Lebensspanne dieser Tiergruppe fasziniert Fachleute seit Jahrzehnten. Während Menschen in prähistorischen Gemeinschaften, sofern sie die kritische Kindheit überlebten, mit einer Lebensspanne von insgesamt etwa 50 bis 60 Jahren rechnen konnten, leben Riesenschildkröten in ihrer natürlichen Umgebung 100 Jahre oder mehr. Nun liefert das Erbgut des »Lonesome George« Anhaltspunkte, warum das so sein könnte.

Eine Arbeitsgruppe um Adalgisa Caccone von der Yale University und Carlos López-Otín von der Universidad de Oviedo sequenzierte neben dem Genom von George das Erbgut der verwandten Aldabra-Riesenschildkröte. Wie das Team in »Nature Ecology & Evolution« berichtet, zeigt das Erbgut der Riesenschildkröten deutliche Zeichen für positive Selektion bei Gengruppen, die den Stoffwechsel und die Immunantwort regulieren. Unter den auf diese Weise evolutionär begünstigten Genen sind mit AHSG und FGF19 zwei Stoffwechselgene, die auch beim Menschen mit einem langen Leben verbunden sind, sowie TDO2, das laut Untersuchungen an Ratten und Fadenwürmern möglicherweise mit Alterserscheinungen in Verbindung steht.

Daneben scheinen sich auch einige Gene des Immunsystems verändert zu haben. Riesenschildkröten haben eine ungewöhnliche Zahl Gene für Perforin, das beim programmierten Zelltod Löcher in die Membran der Zielzelle reißt – eines von mehreren Indizien, dass Riesenschildkröten ungewöhnlich widerstandsfähig gegen Krebs sind. Zusätzlich deuten die Analysen darauf hin, dass eine Reihe mutmaßlicher Tumorsuppressorgene bei Riesenschildkröten häufiger vorkommen. Das ergibt Sinn, denn die Wahrscheinlichkeit von Krebs steigt bei Wirbeltieren mit dem Alter. Bemerkenswert, aber bisher ohne detaillierte Erklärung, ist eine kuriose Gemeinsamkeit: In einem Gen für Erbgutreparatur fand die Gruppe eine untypische Variante, die so nur noch beim Nacktmull auftaucht – der seinerseits das langlebigste Nagetier ist.

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