News: Die Angst sitzt in den Genen
Tritt Ihnen beim Geräusch eines Zahnarztbohrer der kalte Schweiß auf die Stirn? Wenn ja, dann ist das nicht Ihre Schuld. Die Gene sind es mal wieder.
Angst ist wahrhaft kein schönes Gefühl, doch den meisten Menschen leider recht vertraut. Wer kennt nicht das beklemmende Gefühl, das einem vor Vorstellungsgesprächen kalt den Nacken heraufkriecht, sich dann feucht an den Handflächen bemerkbar macht und einem zu guter Letzt – als größter vorstellbarer Unfall – die falschen Antworten aus dem Munde sprudeln lässt.
Falls einen hinterher das Gefühl beschleicht, sich mal wieder bis auf die Knochen blamiert zu haben, könnte das ängstliche Gefühl zukünftig jedem Bewerbungsgespräch beiwohnen. Eine solche dauerhafte Verknüpfung – erlernte Angst – untersuchen der Nobelpreisträger Eric Kandel und seine Mitarbeiter an Mäusen.
Frühere Studien von Kandel hatten schon offenbart, wo die Angst zuhause ist: In der Amygdala, der für Gefühle verantwortlichen Region des Gehirns. Und hier besonders im lateralen Nucleus, wo sich die erlernte Angst dauerhaft festsetzen soll. Des Weiteren hatten die Forscher eine spezifische Signalkaskade im Visier, die im Prozess des Angst Erlernens eine entscheidende Rolle zu spielen scheint. Von verantwortlichen Genen war allerdings noch keine Spur auszumachen.
Den genetischen Grundlagen konnten die Wissenschaftler von der Columbia University und der Harvard University erst dank einer neuen wissenschaftlichen Methode nachspüren. Hierzu nutzte Gleb Shumyatsky aus Kandels Labor den Vergleich der genetischen Aktivität einzelner Zellen mithilfe von umfangreichen Sammlungen an DNA-Sequenzen, die in einzelnen Zellen abgelesen werden, so genannter "single-cell cDNA libraries". Damit konnte er gezielt Zellen aus unterschiedlichen Regionen des Mausgehirns untersuchen. So durchkämmte er sowohl die Nervenzellen der Amygdala als auch im Angstprozess nicht beteiligte Neurone nach verräterischen Unterschieden in der Genaktivität.
Und tatsächlich wurde er fündig. Sein Vergleich brachte gleich zwei Kandidaten ans Licht, die beide in der Amygdala stärker als in den unbeteiligten Regionen aktiv waren. Als sich herausstellte, dass eines der Proteine ein bekannter Botenstoff im Gehirn und dazu noch ungleich übers Gehirn verteilt war, konzentrierten sich die Forscher vorerst auf diesen Kandidaten. Es handelte sich um das Gen GRP.
Das entsprechende Protein, das Gastrin-Freisetzungshormon, war reichlich in Nervenzellen des lateralen Nucleus vorhanden, kam aber ebenso in einer Vielzahl von Gehirnarealen vor, die in den Prozess, mit dem Angst erlernt wird, verwickelt sein sollen. Shumyatsky viel auch auf, dass der Botenstoff GRP seine Signale an hemmende Nervenzellen weiterleitete, denn nur diese Neurone tragen überhaupt einen Besatz auf ihrer Oberfläche, mit dem sie die Botschaft entschlüsseln können.
Als nächstes schalteten die Forscher die Wirkung von GRP einfach aus, indem sie den Mäusen den entsprechenden Rezeptor kappten. Dann trainierten sie Mäuse durch den gleichzeitigen Einsatz eines Elektroschocks, beim Ertönen eines bestimmten Signal vor Angst zusammenzuzucken. Und Mäuse ohne GRP-Rezeptor reagierten viel ängstlicher als Kontrolltiere, während ihr Verhalten sich in anderen Bereichen nicht von ihren normalen Artgenossen unterschied. Weder hatten sie ein gesteigertes Schmerzempfinden noch zeigte sich verstärktes instinktives Angstverhalten.
"Diese Ergebnisse enthüllen eine biologische Basis von etwas, das bisher nur aus psychologischen Studien zu schlussfolgern war: instinktive Angst und chronische Angst unterscheiden sich von erworbener Angst", sagt Kandel. Nun da GRP dafür bekannt ist, die Angst zu dämpfen, könnten hier neue pharmazeutische Ansätze ansetzen. Gelänge es, das verantwortliche Peptid durch Medikamente zu aktivieren, könnten vielleicht viele Angstpatienten aufatmen – und irgendwann wieder ein einigermaßen normales Leben führen.
Falls einen hinterher das Gefühl beschleicht, sich mal wieder bis auf die Knochen blamiert zu haben, könnte das ängstliche Gefühl zukünftig jedem Bewerbungsgespräch beiwohnen. Eine solche dauerhafte Verknüpfung – erlernte Angst – untersuchen der Nobelpreisträger Eric Kandel und seine Mitarbeiter an Mäusen.
Frühere Studien von Kandel hatten schon offenbart, wo die Angst zuhause ist: In der Amygdala, der für Gefühle verantwortlichen Region des Gehirns. Und hier besonders im lateralen Nucleus, wo sich die erlernte Angst dauerhaft festsetzen soll. Des Weiteren hatten die Forscher eine spezifische Signalkaskade im Visier, die im Prozess des Angst Erlernens eine entscheidende Rolle zu spielen scheint. Von verantwortlichen Genen war allerdings noch keine Spur auszumachen.
Den genetischen Grundlagen konnten die Wissenschaftler von der Columbia University und der Harvard University erst dank einer neuen wissenschaftlichen Methode nachspüren. Hierzu nutzte Gleb Shumyatsky aus Kandels Labor den Vergleich der genetischen Aktivität einzelner Zellen mithilfe von umfangreichen Sammlungen an DNA-Sequenzen, die in einzelnen Zellen abgelesen werden, so genannter "single-cell cDNA libraries". Damit konnte er gezielt Zellen aus unterschiedlichen Regionen des Mausgehirns untersuchen. So durchkämmte er sowohl die Nervenzellen der Amygdala als auch im Angstprozess nicht beteiligte Neurone nach verräterischen Unterschieden in der Genaktivität.
Und tatsächlich wurde er fündig. Sein Vergleich brachte gleich zwei Kandidaten ans Licht, die beide in der Amygdala stärker als in den unbeteiligten Regionen aktiv waren. Als sich herausstellte, dass eines der Proteine ein bekannter Botenstoff im Gehirn und dazu noch ungleich übers Gehirn verteilt war, konzentrierten sich die Forscher vorerst auf diesen Kandidaten. Es handelte sich um das Gen GRP.
Das entsprechende Protein, das Gastrin-Freisetzungshormon, war reichlich in Nervenzellen des lateralen Nucleus vorhanden, kam aber ebenso in einer Vielzahl von Gehirnarealen vor, die in den Prozess, mit dem Angst erlernt wird, verwickelt sein sollen. Shumyatsky viel auch auf, dass der Botenstoff GRP seine Signale an hemmende Nervenzellen weiterleitete, denn nur diese Neurone tragen überhaupt einen Besatz auf ihrer Oberfläche, mit dem sie die Botschaft entschlüsseln können.
Als nächstes schalteten die Forscher die Wirkung von GRP einfach aus, indem sie den Mäusen den entsprechenden Rezeptor kappten. Dann trainierten sie Mäuse durch den gleichzeitigen Einsatz eines Elektroschocks, beim Ertönen eines bestimmten Signal vor Angst zusammenzuzucken. Und Mäuse ohne GRP-Rezeptor reagierten viel ängstlicher als Kontrolltiere, während ihr Verhalten sich in anderen Bereichen nicht von ihren normalen Artgenossen unterschied. Weder hatten sie ein gesteigertes Schmerzempfinden noch zeigte sich verstärktes instinktives Angstverhalten.
"Diese Ergebnisse enthüllen eine biologische Basis von etwas, das bisher nur aus psychologischen Studien zu schlussfolgern war: instinktive Angst und chronische Angst unterscheiden sich von erworbener Angst", sagt Kandel. Nun da GRP dafür bekannt ist, die Angst zu dämpfen, könnten hier neue pharmazeutische Ansätze ansetzen. Gelänge es, das verantwortliche Peptid durch Medikamente zu aktivieren, könnten vielleicht viele Angstpatienten aufatmen – und irgendwann wieder ein einigermaßen normales Leben führen.
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