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Meeresökologie: Die Arktis vermüllt

Seit Jahren fragen sich Experten, wo ein Großteil unseres Plastikmülls landet. Neue Unterwasserfotos aus dem Polarmeer bestärken einen schlimmen Verdacht.
Plastikmüll auf dem Meeresgrund

Das Müllproblem der Menschheit hat längst auch die abgelegensten Regionen des Planeten erreicht. Selbst auf dem Grund des arktischen Ozeans sammeln sich Glasscherben, Plastiktüten und weggeworfene Fischernetze, wie Forscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven in einer aktuellen Studie berichten. Die Meeresökologen haben im Zeitraum von 2002 bis 2014 an zwei Messpunkten wiederholt den Boden des Nordpolarmeers fotografiert. Auf 7058 Aufnahmen habe man dabei insgesamt 89 Müllteile entdeckt, berichten sie nun.

Plastik und anderer Müll in den Weltmeeren bereitet Experten schon länger große Sorgen. Bisher gibt es aber wenige Langzeitstudien, die die Verschmutzung des Meeresbodens untersuchen. Vor diesem Hintergrund wirkt die Bremerhavener Untersuchung sehr bedenklich: In der Annahme, dass ihre Stichprobe repräsentativ ist, haben die Wissenschaftler ihre Daten auf eine größere Fläche hochgerechnet. Demnach bedeckten im Jahr 2014 gut 6300 Stücke Abfall einen Quadratkilometer des Meeresgrunds zwischen Grönland und Spitzbergen. Stichproben aus dem Atlantik und dem Indischen Ozean hatten in den Jahren 2011 und 2013 gerade mal ein Zehntel dieser Belastung ergeben.

Die jüngsten Messungen aus dem Nordpolarmeer konkurrieren mit dem bisherigen Spitzenwert für Müllverschmutzung auf dem Meeresgrund, der 2011 in Unterwassercanyons vor der Küste Portugals ermittelt wurde. Und sie liegen über denjenigen aus dem Jahr 2011, die das AWI-Team zuletzt veröffentlicht hatte: Damals hatten die Ökologen die mittlere Mülldichte auf knapp 5000 Teile pro Quadratkilometer geschätzt.

Die Müllmenge in der arktischen Tiefsee nehme immer weiter zu, folgern die Bremerhavener Meeresforscher aus ihrer Messreihe. Das Team hatte an zwei Stationen des AWI ferngesteuerte Kameras Jahr für Jahr in 2500 Meter Tiefe sinken lassen, bis nur noch 1,5 Meter Linse und Meeresboden trennten. Bei dem so fotografierten Unrat handelte es sich vor allem um Plastik und Glas, so die Forscher.

Das Glas stammt demnach vor allem von Schiffen, deren Aufkommen in der Region zuletzt zugenommen habe. Die Herkunft des Plastiks hingegen ist unklar. Vermutlich spielt der Golfstrom bei der Verbreitung in der Arktis eine Rolle. Die Wissenschaftler spekulieren auch, dass Müll vorübergehend in Meereis festfrieren und so große Strecken in der Arktis zurücklegen könnte. Welche Auswirkungen der Müll auf die Ökosysteme im hohen Norden haben wird, können die Meeresökologen noch nicht sagen.

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