Direkt zum Inhalt

Planetenforschung: Die Atmosphäre von Titan könnte Grundbausteine des Lebens enthalten

Titan
Durch eine Simulation der Atmosphäre des Saturnmonds Titan in einem Reaktionsraum hat ein Forscherteam aus den USA und Frankreich herausgefunden, dass dort Aminosäuren und Nukleinbasen vorhanden sein könnten. Diese organischen Moleküle bilden auf der Erde die Grundlage für die Entstehung von Leben.

Titan ist der einzige Mond in unserem Sonnensystem, der eine bedeutende Atmosphäre besitzt. Wenn auch deutlich mächtiger und dichter als die der Erde, so ähnelt sie jedoch unter allen bekannten Atmosphären der irdischen am meisten. Bisher weiß man über ihre Zusammensetzung nur, dass sie Aerosole, also Schwebeteilchen, aus kleinen organischen Molekülen enthält. Unklar war aber bisher, um welcherlei Moleküle es sich dabei genau handelt und welche chemischen Prozesse in der Atmosphäre ablaufen können. Zur Bildung von Proteinen als Voraussetzung für die Entstehung von Leben wäre in der Atmosphäre Energie nötig, die die Moleküle Stickstoff, Methan und Kohlenmonoxid spaltet, bevor sie sich zu komplexeren Strukturen wie Proteinen vereinigen können. Planetenwissenschaftler vermuten, dass dieser Prozess nur am äußeren Rand der Atmosphäre möglich ist, da dort hinreichend viel Energie durch ultraviolette Strahlung zur Verfügung steht. Zusätzlich gelangen geladene Partikel von der Sonne dorthin, die solche Spaltungsreaktionen auslösen könnten.

Das Forscherteam untersuchte die Atmosphäre jedoch nicht direkt. Die Sonde Cassini, die das Saturnsystem erforscht, kann sich Titan wegen des Widerstands seiner dichten Atmosphäre nur bis auf rund 900 km nähern. Und für die Bestimmung von größeren organischen Molekülen, die die Sonde aus den äußersten Schichten der Atmosphäre aufnehmen könnte, fehlen ihr die entsprechenden Instrumente. Daher mussten die Wissenschaftler auf eine Simulation der Atmosphäre zurückgreifen.

In einen Reaktionsraum wurden die Gase eingefüllt, die es auch in der Umgebung von Titan gibt. Durch Gasentladungen simulierten die Forscher die Energie, der die äußere Atmosphäre durch Strahlung und geladenen Teilchen ausgesetzt ist. Daraufhin bildeten sich Aerosole, die das Forscherteam auf ihre Zusammensetzung hin analysierte. Unter den rund 20 000 bei diesem Versuch gebildeten Molekülen suchten sie gezielt nach Aminosäuren und Nukleinbasen, die als Grundlage für das Lebens gelten. Und tatsächlich fanden sie mehr als die Hälfte der 22 Aminosäuren, die für den Proteinaufbau verantwortlich sind.

Aus der Existenz dieser Aminosäuren lässt sich jedoch nicht schlussfolgern, dass höhere organische Strukturen oder sogar die Entwicklung von Leben auf Titan möglich ist. Denn auf dem Saturnmond herrschen völlig andere Bedingungen als auf der Erde. Auf Titan gibt es zum Beispiel kein flüssiges Wasser. Leben auf diesem Mond müsste deshalb vermutlich auf einer völlig anderen Chemie basieren als auf unserer Erde. Die Ergebnisse bieten jedoch eine neue Perspektive auf die Entstehung von Leben auf der Erde. Auch hier entstanden die ersten organischen Strukturen womöglich nicht in der Ursuppe, sondern in der Atmosphäre, falls letztere damals der heutigen Titanatmosphäre ähnelte.

Barbara Wolfart

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.