Beobachtungstipps für Amateurastronomen: Die Highlights der zweiten Jahreshälfte
Was könnte es zum Einstieg Eindrucksvolleres geben als Sonnenfinsternisse? Dieses Jahr bietet gleich zwei davon, leider sind sie von Mitteleuropa aus nicht zu sehen. Schon am 2. Juli wird sich der Himmel über Südamerika verdunkeln, wenn der Mond die Sonne um etwa 22:30 Uhr MESZ bedeckt. Am zweiten Weihnachtsfeiertag findet zudem in Indien und Südostasien eine ringförmige Sonnenfinsternis statt. Der Mond ist zu diesem Zeitpunkt etwas zu weit von der Erde entfernt, so dass seine Scheibe die Sonne nicht komplett bedecken kann. Es wird merklich dunkler, aber nicht so spektakulär wie bei einer totalen Sonnenfinsternis. Diese Art von Finsternis wird uns in ferner Zukunft häufiger bevorstehen, da sich der Mond etwa vier Zentimeter pro Jahr von der Erde entfernt und damit sein scheinbarer Durchmesser langsam abnimmt. Irgendwann gibt es dann nur noch partielle oder ringförmige Sonnenfinsternisse. Der Finsternispfad verläuft über die Südspitze von Indien, Java, Singapur, auf der Grenze zwischen Indonesien und Malaysia.
Unser Tagesgestirn hat dieses Jahr aber noch mehr anzubieten: Am 11. November wird der sonnennächste Planet Merkur aus unserer Perspektive langsam über die Sonne wandern. Vom ersten Kontakt um 13:34 Uhr bis Sonnenuntergang gegen 16:40 Uhr MEZ ist er als kleiner schwarzer Punkt vor unserem Zentralgestirn zu sehen.
Bitte achten Sie auf ausreichenden Schutz bei Beobachtungen der Sonne. Ein ungeschützter Blick in die Sonne kann irreparable Augenschäden zur Folge haben! Benutzen Sie nur spezielle Sonnenfilter, denn Alltagsgegenstände wie Schweißer- oder normale Sonnenbrillen sind dafür nicht geeignet! Die einfachste Möglichkeit ist ein Karton, aus dem mit einem Stück Alufolie und Butterbrotpapier leicht eine sichere Camera obscura gebastelt werden kann. SoFi-Brillen sind ebenfalls sehr gut geeignet. Weitere Informationen finden Sie hier: www.haus-der-astronomie.de/sonnenfinsternis
Der Mond ist natürlich auch immer ein lohnendes Beobachtungsziel, besonders für kleine Teleskope und in lichtverschmutzten Gebieten. Neben den üblichen Lichtphasen, den Kratern und Berglandschaften ist einmal im Monat bei zunehmendem Mond der »Goldene Henkel« zu sehen. Bei diesem Lichteffekt werden durch die niedrig stehende Sonne die Kraterwände der Jura-Berge im Mare Imbrium schon beleuchtet, während die Regenbogenbucht Sinus Iridum noch im Schatten liegt. Da die Jura-Berge noch im unbeleuchteten Bereich des Mondes liegen, erscheinen sie wie ein Haken oder Henkel. Es gibt noch mehr solcher Phänomene wie beispielsweise den Hesiodus-Strahl, die jedoch weit weniger auffällig sind. Der »Goldene Henkel« ist an folgenden Tagen zu sehen: 12. Juli, 11. August, 9. September, 9. Oktober und 7. November.
Zu Halloween ist am 31. Oktober am Himmel ein kosmisches Fragezeichen zu sehen. Die Mondsichel zieht gegen 15 Uhr MEZ am hellen Jupiter vorbei. In der darauf folgenden Nacht ist sie zwar schon etwas weiter, aber die beiden Himmelskörper stehen immer noch sehr nahe zusammen. Durch die Hilfe des Mondes ist das auch eine gute Gelegenheit, bei Tageslicht den größten Planeten des Sonnensystems zu sehen.
Jupiter steht uns in diesem Jahr besonders nahe. Viele Amateurastronomen haben inzwischen über den Großen Roten Fleck berichtet, einen riesigen Wirbelsturm, der schon Jahrhunderte in der Jupiteratmosphäre wütet und nun langsam kleiner wird. Ebenfalls in der Halloween-Nacht sind zwischen 17:30 und 20:00 Uhr MEZ gleich mehrere Monde und ihre Schatten auf Jupiter zu sehen. Besonders interessant ist dabei die Zeit von 17:40 Uhr bis 18:00 Uhr. Hier zeigen sich die Monde Io und Europa und gleichzeitig ihre Schatten.
Am 24. August ereignet sich eine recht enge Begegnung von Venus und Mars. Kurz vor Sonnenuntergang nähern sich die beiden Planeten des Sonnensystems bis auf nur 17,4 Bogenminuten an. In einem Teleskop mit mittlerer Vergrößerung können sie dabei zusammen in einem Gesichtsfeld beobachtet werden. Aber Vorsicht: Die beiden sind sehr nahe an der Sonne. Nicht mit dem Übersichtsokular danach suchen! Stellen Sie sicher, nicht aus Versehen in die Sonne zu schauen! Die Venus befindet sich zu diesem Zeitpunkt etwa 2,5 Grad westlich der Sonne und 0,7 Grad nördlich der Ekliptik.
Die kommenden Sternschnuppenschauer sind leider nicht besonders ergiebig. Die berühmten Perseiden finden am 12. August fast bei Vollmond statt und erreichen kaum 100 Meteore pro Stunde. Auch die Geminiden am 14. Dezember haben mit nur 88 Meteoren pro Stunde und ebenfalls sehr hellem Mond in den Zwillingen denkbar ungünstige Beobachtungsumstände.
Am Nachthimmel stehen im Juni die Sommersternbilder und die Milchstraße hoch am Himmel. Somit bieten sich in mondlosen Nächten die Objekte der Milchstraße zur Beobachtung an. In sehr dunklen Gegenden kann man beispielsweise mit einem guten Fernglas den Nordamerikanebel sehen. Auch der Zirrusnebel ist vor allem mit Nebelfilter immer einen Blick wert. In den südlichen, horizontnahen Teilen der Milchstraße findet man den Adler und Schwanen-Nebel sowie den großen Lagunen-Nebel. Etwa ab August zeigen sich die Herbststernbilder wie Pegasus, Andromeda und Perseus immer früher in der Nacht. Zu diesem Zeitpunkt kann man auch gut unsere große Nachbargalaxie beobachten, Messier 31 in der Andromeda. Ab Oktober tauchen die Wintersternbilder über dem Osthorizont auf. Hier sind die auffälligen Plejaden und der Krebsnebel im Stier zu beobachten. Der große Orionnebel ist dann ab November zu komfortablen Zeiten zu sehen, ebenso die Galaxien Messier 81/82 in der Nähe des Großen Bären.
Ich möchte mich an dieser Stelle bei all meinen Lesern bedanken und hoffe, ich konnte Sie in den zurückliegenden Jahren mit nützlichen Informationen über die Geschehnisse am Nachthimmel versorgen. Allzeit einen klaren Himmel und eine ruhige Luft wünscht Tobias Häusler.
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.