Beobachtungstipps für Amateurastronomen: Kugelsternhaufen am Sommerhimmel
Anfang Juni zeigt sich der Mond erst in der zweiten Nachthälfte und stört somit die Beobachtung der Himmelsobjekte nicht so sehr. Am 13. Juni ist Neumond, und am Tag davor und danach ist er nur als extrem schmale Sichel sichtbar. Dieser Anblick ist besonders reizvoll, da nun das aschgraue Mondlicht gut zu sehen ist. Der Name ist etwas irreführend, denn es ist die Nachtseite des Mondes, die durch das an der Erde reflektierte Sonnenlicht beleuchtet wird.
Wenn sich die Sonne für die kurze Nacht unter den Horizont zurückzieht, lassen sich zurzeit viele Kugelsternhaufen beobachten. Nach den Galaxien am Frühlingshimmel läuten sie sozusagen das große Spektakel ein, das uns am Sommerhimmel erwartet. Dabei gehört Messier 13, der große Kugelsternhaufen im Sternbild Herkules, ganz oben auf die Liste. Er findet sich unter der Schulter des Helden in der Nähe von Eta Herculis, der auch den schönen Namen Sophian trägt. Messier 13 ist einer der hellsten Kugelsternhaufen und ein besonders oft beobachtetes Himmelsobjekt, doch bei Weitem nicht der einzige. Ganz in der Nähe, im Kopf des Sternbilds, liegt Messier 92. Er bildet zusammen mit Eta und Pi Herculis ein gleichschenkliges Dreieck. Messier 92 ist um etwa eine Größenklasse leuchtschwächer als Messier 13, aber noch sehr gut mit kleinen Teleskopen zu beobachten.
Der Ursprung des M in Messier 13 & Co. liegt beim französischen Astronomen Charles Messier. Er suchte im späten 18. Jahrhundert nach Kometen. So notierte er alle Objekte, die nicht wie Sterne aussahen – aber ihre Position am Himmel nicht wie Kometen veränderten – in seinem Katalog, der heute in seiner modernen Fassung insgesamt 110 Himmelsobjekte enthält. Nicht zuletzt durch den Ausschluss dieser Objekte, bei denen es sich um Sternhaufen, Galaxien und Nebel handelt, gelang ihm die Entdeckung von 20 Kometen. Die Messier-Objekte sind sehr beliebt bei Amateurastronomen, denn sie sind in unseren Breiten meist gut zu erreichen und relativ hell. Somit können sie schon mit kleinen Teleskopen beobachtet werden. Etwa um das Jahr 1900 erschienen der »New General Catalogue« (NGC) und der »Index Catalogue« (IC), die tausende Himmelsobjekte enthalten. Unter anderem auch sehr viele, die mit Amateurteleskopen kaum oder nur sehr schwer zu beobachten sind. Aus diesem Grund werden in unseren Beobachtungstipps häufig Messier-Objekte aufgeführt und nur gelegentlich ein NGC/IC-Objekt.
Die Kugelsternhaufen zwischen Jungfrau, Bärenhüter und Haar der Berenike sind schon etwas länger am Nachthimmel zu sehen. In einem gleichseitigen Dreieck mit dem hellen Arktur und Rho Bootis im Sternbild Bärenhüter liegt Messier 3. Ein Stück weiter südlich treffen wir auf Messier 53. Murfid (Eta Bootis) und Vindemiatrix im Sternbild Jungfrau zeigen genau auf ihn. Das ist hier sehr hilfreich, denn Messier 53 ist mit 7,7 mag Helligkeit nicht besonders leuchtstark. Auch andere Sterne der Jungfrau helfen beim Aufsuchen weiterer Kugelsternhaufen. Eine Kette aus den Sternen Zeta, Tau und 109 Virginis führt direkt zu Messier 5 im Sternbild Kopf der Schlange. Wenn wir dem Verlauf der Schlange folgen, begegnen wir dem Sternbild Schlangenträger (lateinisch: Ophiuchus).
In dieser Region befinden sich mit Abstand die meisten Kugelsternhaufen des Sommerhimmels. Mitten im Schlangenträger selbst finden wir Messier 10, 12 und 14. Zwischen den Sternen Zeta und Phi Ophiuchi befindet sich Messier 104. Dieser Kugelsternhaufen ist mit nur 8,1 mag einer der leuchtschwächsten dieser Liste. Er ist jedoch immer noch hell genug, um auch in kleineren Teleskopen gut sichtbar zu sein. Ein kleiner Schwenk nach Südosten über den Stern Sabik (Eta Ophiuchi) hinaus führt uns zu einem Kugelsternhaufenpaar aus Messier 9 und NGC 6356. Die beiden sind ebenfalls relativ leuchtschwach. Direkt daneben ein Stück entlang der Ekliptik steht die obere Hälfte des Skorpions schon hoch im Süden. Wir bewegen uns hier in weniger als 20 Grad Elevation (über dem Horizont) und benötigen somit am Beobachtungsstandort eine freie Sicht in Richtung Süden.
In den Scheren des Skorpions liegt Messier 80, der mit 7,2 mag auch nicht besonders hell ist. Das ändert sich allerdings schlagartig in der Nähe vom orange-gelben Riesenstern Antares. Hier befindet sich Messier 4 in der so genannten Antares-Region. Sie besteht aus einem gleichmäßigen Fünfeck aus Antares, dem Kugelsternhaufen Messier 4, den Sternen Sigma und 22 Scorpio sowie einem winzigen schwachen Sternchen namens HIP 80462. Die Antares-Region ist vor allem bei Astrofotografen sehr beliebt und ein wunderschönes Fotomotiv für kleinere Teleobjektive. Hier zeigen sich allerlei Arten bunter Reflexions- und Emissionsnebel, Sternhaufen und eine große Dunkelwolke, die bis zum Zentrum der Milchstraße im Sternbild Schütze reicht. Antares ist dabei verantwortlich für den gelben und HIP 80462 für den blauen Reflexionsnebel. Sigma Scorpio regt mit seiner energiereichen Strahlung nahes Wasserstoffgas zum roten Leuchten an.
Ein kleines Stück weiter in Richtung Milchstraße gibt es noch eine Ansammlung von Kugelsternhaufen. Messier 19 und 62 sind so nahe über dem Horizont möglicherweise noch gut zu erkennen. Ihre Begleiter NGC 6284, 6293 und 6316 dürften dagegen deutlich schwieriger zu sichten sein.
Auf den ersten Blick ähneln sich alle Kugelsternhaufen untereinander sehr. Schaut man sie sich jedoch genauer an, so zeigen sie signifikante Unterschiede, und jeder Kugelsternhaufen hat einen eigenen Charakter. Zum Beispiel erscheinen manche sehr feinkörnig, andere haben dagegen markantere Sterne im Vordergrund. Die einen beherbergen deutlich ältere (gelbere) Sterne als andere oder haben leicht andere Formen. Sie sind oft heller oder dunkler und mehr oder weniger dicht gepackt.
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