Beobachtungstipps für Amateurastronomen: Rundgang durch die Sommermilchstraße
In der zweiten Junihälfte wird die erdzugewandte Seite des Mondes immer weiter beleuchtet. Am Abend des 16. Juni gehen die schmale zunehmende Mondsichel und die gleißend helle Venus zusammen am Westhorizont unter. Der Winkelabstand zueinander beträgt dabei etwa drei Grad oder sechs Vollmondbreiten. Wenige Tage später ist in der Nacht zum 23. Juni wieder das Schattenspiel des Goldenen Henkels auf dem Mond zu sehen. Dabei liegt die Regenbogenbucht Sinus Iridum am Rand des Regenmeers, dem Mare Imbrium, noch im Schatten, während die sie umgebende Bergkette der Juraberge schon durch die Sonne beleuchtet ist. So entsteht der Anblick einer hellen haken- oder sichelförmigen Struktur. Der Goldene Henkel ist zwischen 20:00 und 03:30 Uhr MESZ zu sehen. Fünf Tage später ist Vollmond, und dann ist der Himmel für die Beobachtung leuchtschwacher Himmelsobjekte viel zu hell.
Die Nächte sind in den nächsten Tagen besonders kurz, und es wird daher kaum astronomisch dunkel. Wenn man in den Himmel schaut und sieht, dass es draußen dunkel ist, heißt das noch lange nicht, dass es für Beobachtungen dunkel genug ist. Die unterschiedlichen Dämmerungsphasen sind über den Winkel definiert, wie weit die Sonne unterhalb des Horizonts steht. Zwischen sechs und zwölf Grad ist es für den Bürger schon dunkel. Für Astronomen muss die Sonne allerdings mindestens 18 Grad unter dem Horizont stehen. Das Problem dabei ist, dass es um die Sommersonnenwende einige Tage gibt, an denen die Sonne in unseren Breiten nicht unter diese Marke kommt, und es somit astronomisch gar nicht mehr dunkel wird. Diese Tage liegen um den 21. Juni, dem längsten Tag des Jahres, und fallen diesmal zum Glück annähernd mit der Vollmondphase zusammen.
In einem Sonnenanalemma würde dieser längste Tag des Jahres auch die oberste Position der Sonne anzeigen. In einem Analemma werden über ein ganzes Jahr verteilt in gleichmäßigen Abständen Bilder des Sonnenstands zu einer bestimmten Uhrzeit gemacht. Dabei ist sehr wichtig, dass die Kamera immer den gleichen Bildausschnitt auf der gleichen Position fotografiert. Legt man alle Bilder eines Jahres übereinander, so erhält man die Form einer 8 am Himmel. Diese Form entsteht durch die täglich unterschiedliche Stellung der Sonne. Wo sich dabei die Linien der 8 kreuzen, hängt vom Standort des Beobachters ab.
Sobald es für Himmelsbeobachter richtig dunkel ist, lässt sich jetzt immer besser die Sommermilchstraße beobachten. Da wir uns im Milchstraßensystem befinden und es uns umgibt, steht eigentlich immer ein Teil von ihm am Himmel. Die Sommermilchstraße ist aber am besten zu sehen, und so richtig los geht es etwa ab dem Sternbild Kassiopeia. Es steht zurzeit tief im Norden unter dem Polarstern. Als Nächstes folgen die Sternbilder Kepheus und Eidechse. Die Milchstraße wird hier immer heller, und man kann auch mehr Wasserstoff-Nebelgebiete wie zum Beispiel den Nebel um My Cephei finden.
Die meisten dieser Nebel sind jedoch im Teleskop eher unspektakulär. Sie entfalten nur auf Fotos ihre wahre Schönheit. Weiter im Sternbild Schwan beginnt der so genannte Big Rip. Die Milchstraße scheint sich hier aufzugabeln und in zwei separaten Strängen weiterzulaufen. In Wirklichkeit wird die Milchstraße hier breiter und was wie eine Lücke aussieht, sind dunkle Staubwolken, die das Sternenlicht dahinter abschirmen.
Entlang des kompletten Sternbilds Schwan finden sich große Wasserstoffnebel. Ob der Nordamerikanebel bei Deneb oder auch der Schmetterlingsnebel bei Sadir. Der Weg führt weiter über das Füchslein und den Pfeil zum Schwan mit seinem hellen Hauptstern Deneb. Adler, Schwan und Leier bilden nicht nur mit ihren Hauptsternen Atair, Deneb und Wega das berühmte Sommerdreieck, sondern waren früher auch die drei stymphalischen Vögel. In der Mythologie waren das Furcht erregende Gestalten mit Eisenklauen und -gefieder. Nach dem Adler folgt das unscheinbare Sternbild Schild. Es besteht aus sehr leuchtschwachen Sternen und lässt sich vor allem an der so genannten Schildwolke erkennen. Dies ist eine Region in der Milchstraße, an dem die dunklen Staubwolken dem Blick auf das dichte Sterngewimmel im Inneren freigeben. Ganz in der Nähe liegen der Schwanen- und der Adlernebel (nicht zu verwechseln mit den jeweiligen Sternbildern). Beide Nebel sind hell genug, um schon in kleinen Teleskopen sichtbar zu sein. Besonders der Schwanen- oder auch Omeganebel ist schön anzusehen. Der Adlernebel ist dafür deutlich bekannter. Aus ihm stammt das spektakuläre Bild »Säulen der Schöpfung« vom Weltraumteleskop Hubble.
Das fantastische Ende der Milchstraße am Südhorizont liegt im Sternbild Schütze im Zentrum der Milchstraße. Hier brennt der Lagunennebel sein Feuerwerk ab. Er leuchtet sehr hell im Teleskop und scheint durch ein Staubfilament in zwei Hälften geteilt. Unweit davon befindet sich der Trifidnebel, der auf Fotos wie eine blaue und eine rosa Blume aussieht. Im Teleskop macht er durch ein Staubfilament seinem Namen alle Ehre und zeigt sich dreigeteilt.
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