Kulinarisches Labor: Die Chemie zwischen Wein und Korken
Schmeckt ein Wein nach Korken, liegt das vor allem am Trichloranisol, einer Verbindung, die von bestimmten Korken freigesetzt wird. Doch Chemiker haben noch weitere Moleküle entdeckt, die bei der Alterung des Weins im Kontakt mit dem Korken entstehen. Analysen zeigten, dass sekundäre Pflanzenstoffe, genannt Polyphenole, aus dem Korken in den Wein übergehen und dort das Bouquet (den Duft), den Geschmack und die Adstringenz (das herbe Mundgefühl) verändern – im Guten wie im Schlechten.
Sofia Reis, Victor Freitas und ihre Kollegen von der Universität Porto in Portugal haben diese Analysen wieder aufgenommen und die Veränderung der Tannine, also der Gerbstoffe, verfolgt, wie sie 2020 im »Journal of Agricultural and Food Chemistry« schilderten.
Serie »Kulinarisches Labor«
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Aus dem Innenleben einer Flasche
Zu den Hauptbestandteilen des Weins gehören die bereits erwähnten Polyphenole, darunter die Flavonoide aus der Traube. Doch andere kommen aus dem Holz der Fässer, vor allem die Gerbstoffe, die zur Bitterkeit oder Herbheit beitragen, indem sie sich mit den Proteinen im Speichel verbinden.
Die Korken setzen ebenfalls Substanzen frei. Die portugiesischen Chemikerinnen und Chemiker stellten fest, dass in einer dem Wein ähnlichen alkoholischen, angesäuerten Lösung bereits nach 24 Stunden Kontakt mit dem Korken andere Substanzen auftauchten: Castalagin, Vescalagin, Grandinin und Roburin. Bei allen handelt es sich um Tannine, also Gerbstoffe, die ihren Namen meist jenem Holz verdanken, in dem sie erstmals gefunden wurden, wie der Eiche oder Kastanie.
Aber warum hat man in älteren Experimenten, die sich über 27 Monate erstreckten, nur geringe Mengen dieser Gerbstoffe gefunden? Wurden sie bei der ersten Analyse, die sich vor allem auf die Polyphenole konzentrierte, übersehen? Zweifellos, denn eine Studie aus dem Jahr 2019, die sich den Tanninen widmete, fand dieselben Verbindungen im Korken und in den ethanolischen Extrakten von Korken.
Die portugiesische Forschungsgruppe um Reis und Freitas hat die Studie mit verbesserten Methoden fortgeführt. Sie erfassten noch genauer, was sich im Wein anreicherte: die Gerbstoffe Ellagitannine (21 bis 34 Prozent), kondensierte Tannine (8 bis 15 Prozent) und daneben Polysaccharide, also Vielfachzucker (5 bis 8 Prozent), sowie Phenolsäure, Aldehyde und weitere sekundäre Pflanzenstoffe.
Aus den Phenolen im Wein konnte man auf die Herkunft des Korkens schließen
Schwieriger zu beantworten war die Frage, ob sich diese Verbindungen erst in der Flüssigkeit bildeten oder ob sie aus dem Korken selbst stammten. Wie die Untersuchungen zeigten, waren die Ellagitannine schon im Korken vorhanden. Von den kondensierten Tanninen wusste man das seit 1998, nicht aber, wie stark sie im Korken bereits polymerisiert waren. Die Polysaccharide scheinen aus den Pektinen (pflanzliche Vielfachzucker) im Korken herzurühren und verbinden sich manchmal mit den Polyphenolen.
Ein anderes interessantes Ergebnis: Mit den Methoden der Infrarotspektroskopie und der Chromatografie konnte man aus den Phenolen im Wein auf die Herkunft des Korkens – in diesem Fall Spanien oder Portugal – schließen. Weitere Studien könnten dazu beitragen, für jeden Wein den passenden Korken zu finden. Damit sind Winzer seinem Einfluss nicht mehr ausgeliefert, sondern können den Reifungsprozess ihres Weins mitbeeinflussen.
Das Rezept
- Einen jungen, frischen Wein wählen
- Einen unverbrauchten Korken raspeln
- Die Raspel in den Wein geben
- Pektine (Puder zur Herstellung von Marmelade) besorgen und dem Wein hinzufügen
- Den Wein in einer Flasche luftdicht mit einem weiteren Korken verschließen und einige Jahre aufbewahren
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