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News: Die Choreografie von Elektronen und Protonen

Eingeatmeten Sauerstoff erwartet in unseren Zellen meist nur ein Schicksal: in Wasser überführt zu werden. Diese biologische Knallgasreaktion, bei der bekanntermaßen viel nutzbare Energie erzeugt wird, verläuft in mehreren hintereinander geschalteten Teilschritten; zumeist werden dabei Elektronen von einem zum nächsten Reaktionsteilnehmer übertragen. Jetzt konnten Wissenschaftlern mit Hilfe raffinierter Messtechnik neue Einblicke in das geordnete Woher und Wohin der herumflitzenden Elektronen in der zellulären Energie-Erzeugungsmaschinerie zu gewinnen.
Zellen nutzen den universellen Energieträger Adenosintriphosphat (ATP) um ihre vielfältigen Aufgaben zu erfüllen. Bei der Synthese dieser zellulären Energiewährung spielt die Aufnahme und der Transport von Elektronen und Protonen durch bioenergetische Proteine eine große Rolle. Seit vielen Jahren versuchen Forscher zu ergründen, über welchen molekularen Mechanismus die Energieerzeugung so effektiv verläuft.

Das Arbeitspferd im Kraftwerk der Zelle ist die Cytochrom-c-Oxidase. Sie wandelt die Energie, die durch den Abbau zugeführter Nährstoffe erzeugt wird, in eine Spannung und einen Protonen-Konzentrationsgradienten über der Membran um: Spannung und Gradient werden anschließend zur Erzeugung von ATP genutzt. Dazu nimmt die Cytochrom-c-Oxidase Elektronen von einem Trägermolekül, dem Cytochrom c, auf. Sie oxidiert, wie ihr Name sagt, Cytochrom c und überträgt die Elektronen auf zwei Sauerstoff-Atome, wobei Wasser gebildet wird. Bei dieser Übertragung wird Energie gewonnen, mit der zusätzliche Protonen über die Membran transportiert werden.

Den zellulären Elektronenüberträger Cytochrom-c-Oxidase haben sich jetzt Wissenschaftler vom Max-Planck-Institut für Biophysik in Frankfurt genauer angeschaut. Ihr Ziel war es herauszufinden, wie sich Elektronen und Protonen geordnet in diesem Protein bewegen – neue Kenntnisse über die Struktur der Oxidase und neue hochempfindliche Meßmethoden sollten ihnen dabei helfen.

Bei der Untersuchung solcher Transportprozesse spielen elektrophysiologische Meßmethoden eine wichtige Rolle: Sie sind sehr empfindlich und erlauben eine hohe Zeitauflösung. Damit wird es möglich, die einzelne Transportschritte aufzuklären, die im Bereich von Mikrosekunden bis zu mehreren hundert Millisekunden ablaufen. Doch die dabei eintretenden Ladungsverschiebungen sind im einzelnen Protein extrem klein. Im Gegensatz zu den Ionenkanälen, die in die Zellmembran eingebettet sind und die pro Sekunde von bis zu einer Million Ionen durchquert werden, transportieren Transportproteine typischerweise nur etwa zehn Ladungen pro Sekunde. Daher kann man bei Ionenkanälen einzelne Moleküle beobachten, während man bei Transportproteinen immer darauf angewiesen ist, die kollektive Ladungsverschiebung von circa 100 000 Einzelmolekülen zur Messung heranzuziehen.

Selbst dann ist jedoch die Bestimmung dieser Ladungsbewegungen eine Herausforderung an die Messtechnik – elektrische Spannungen müssen im Bereich unterhalb von einem Tausendstel Volt mit einer Zeitauflösung von einer Mikrosekunde gemessen werden, das entspricht einer Million Messungen pro Sekunde. Diese Herausforderung überwanden die Forscher mit einem Trick – sie betteten Moleküle der Cytochrom-c-Oxidase in eine künstliche Modellmembran ein. Nach Aktivierung der Proteine kann dann über Elektroden eine Spannung über der Modellmembran gemessen werden, welche die Ladungsverschiebungen in den Proteinen widerspiegelt.

Da bei Transportproteinen immer eine große Anzahl von Molekülen gleichzeitig beobachtet werden muss, war noch ein weiteres Problem zu lösen: das der Synchronisation. Der Transportprozess muss in allen Molekülen gleichzeitig gestartet werden, üblicherweise durch schnelle Bereitstellung der transportierten Moleküle. Dazu arbeiteten die Forscher mit einer spezielle Methode – sie nutzen einen lichtgetriebenen Elektronen-Spender, einen Ruthenium-Komplex mit dem Kurznamen "Rubpy". Er erlaubt es innerhalb von weniger als einer Mikrosekunde ein Elektron in das Cytochrom-c-Oxidase-Molekül zu injizieren und so den Transportprozess synchron zu starten.

Da Elektron und Proton jeweils eine Ladung tragen, führt ihre Bewegung zu einem elektrischen Signal. Eine Analyse der gemessenen Ladungsverschiebungen gibt daher Informationen über die Bewegung der Elektronen und Protonen in der Cytochrom-c-Oxidase und erlaubt es, Einzelschritte dieses Transportmechanismus zu identifizieren. Die Forscher erhielten dabei auch einige überraschende Hinweise: So wurde beispielsweise lange Zeit angenommen, dass im so genannten reduktiven Teil des Reaktionszyklus der Cytochrom-c-Oxidase keine Protonen über die Membran gepumpt werden. Die Experimente zeigen nun, dass diese Annahme nicht richtig war, tatsächlich werden Protonen beim Übergang vom E- in den R-Zustand gepumpt.

Diese Forschungsergebnisse sind von sehr grundsätzlicher Bedeutung, betreffen sie doch mit der Zellatmung einen der wesentlichsten Lebensprozesse. Zusammen mit den Kenntnissen über die Struktur der Cytochrom-c-Oxidase, die bereits zuvor am aufgeklärt worden waren, führen diese neuen Ergebnisse zu einem detaillierteren Verständnis der Mechanismen mit denen Zellen aus Nährstoffen Energie zur Herstellung von ATP gewinnen.

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