Stoffwechsel: Die Darmflora für dick und dünn
Auf der Suche nach der Ursache von Fettleibigkeit sehen sich Forschende auch die Darmflora der Betroffenen an. Da diese jedoch höchst individuell ist, sind die Ergebnisse widersprüchlich. Von besonderem Interesse sind Zwillinge, deren Körpergewicht sich stark unterscheidet. Wissenschaftler um Vanessa Ridaura von der Washington University School of Medicine transplantierten nun Stuhlproben solcher Paare auf Mäuse. Die Nager entwickelten daraufhin ähnliche Gewichtsklassen wie ihre Spender.
Die reine Beschreibung von Unterschieden in der menschlichen Darmflora von Zwillingen gebe keine Hinweise auf die Ursachen, so Ridaura und ihrem Team. Deshalb verabreichten sie wenige Wochen alten Mäuse ohne eigene Darmflora jeweils Stuhlproben eines schlanken oder eines übergewichtigen Zwillings. Innerhalb weniger Tage wuchsen auch die Mäuse zu entweder dünnen oder dicken Individuen heran, und in der Darmbesiedlung zeigten sich entsprechende Unterschiede.
Da Mäuse Kot fressen und so ihre Darmbakterien einfach austauschen, machten die Forschenden ein weiteres Experiment: Sie setzten jeweils eine normal- und eine übergewichtige Maus zusammen. Nach wenigen Tagen verlangsamte sich die Gewichtszunahme der dickeren Mäuse deutlich, und auch ihre Darmflora passte sich der ihres dünnen Partners an. Offenbar, so interpretieren es die Wissenschaftler, konnten die übergesiedelten Bakterien dort eine noch offene Nische besetzen. Interessanterweise aber hatten die dicken Nager keinen Einfluss auf die Darmbesiedlung der dünneren.
Dieses Bild änderte sich jedoch schlagartig, als Ridaura und ihre Kollegen den Tieren statt der zuvor ballaststoffreichen und fettarmen Ernährung eine fettreiche und ballaststoffarme Diät fütterten: Nun konnten sich die Darmbakterien der schlanken Nager nicht mehr bei den dickeren Artgenossen einnisten, und dementsprechend blieben diese übergewichtig.
Bei einer genetischen Analyse stellte sich heraus, dass die "schlankmachenden" und wandernden Bakterien zu den Bacteroidetes zählen, einer Gruppe, die in früheren Mausstudien bereits bei dünneren Tieren in größerer Menge nachgewiesen wurden als bei dickeren Artgenossen. Sie sind am Abbau der Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin beteiligt, die bei Menschen mit Übergewichtig und Insulinresistenz häufig erhöhte Werte aufweisen. Warum diese Bakterien allerdings den Darmwechsel bei fettreicher und ballaststoffarmer Ernährung nicht schaffen, können erst weitere Experimente aufklären, so die Forschenden.
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