Parasiten-Evolution: Die Entdeckung Europas
Malariaparasiten von Affen und Menschen sollten eigentlich genetische Unterschiede offenbaren. Machen sie auch - allerdings nur, wenn sie sich von unterschiedlichen Mücken transportieren lassen.
Eine halbe, vielleicht auch zweieinhalb Millionen Menschen fallen ihr jedes Jahr zum Opfer – die Malaria ist eine Geißel der Menschheit. Sie wird es bleiben, bis auf weiteres, denn medikamentöse Allheilmittel sind derzeit immer noch nicht in Sicht. Und sie war es schon seit langer Zeit – schriftliche Belege für das Wüten des Sumpffiebers reichen zurück bis weit vor das Leben und Sterben Alexanders des Großen, des prominentesten historischen Opfers des todbringenden Plasmodium-Einzellers. Mensch und Malaria scheinen in Europa und Vorderasien seit Urzeiten eine gemeinsame Geschichte zu haben.
Allemal gilt das für Plasmodium vivax, den Erreger der Malaria tertiana – diese Form des Wechselfiebers ist nicht ganz so häufig tödlich wie die gefährlichste, strikt tropische Malaria tropica, ihr Erreger dafür aber deutlich robuster: P. vivax überlebt auch schon einmal in tieferen Umgebungstemperaturen und gelangt so gelegentlich recht weit nach Norden. Schon die römischen Legionen konnten ein Lied davon singen, litten sie doch noch in den Rheinsümpfen Germaniens unter dem mückenübertragenen Erreger, gegen den damals wie heute kaum ein Kraut gewachsen war.
Bis weit hinein in gemäßigte Breiten also ein echter alter Europäer, der Einzeller Plasmodium vivax? Kann eigentlich nicht sein, meinen François Renaud und seine Kollegen von der französischen Forschungsorganisation CNRS, nachdem sie das Genom von Plasmodium vivax näher unter die Lupe genommen hatten [1]. Denn kompromisslos interpretiert lassen ihre Daten nur einen Schluss zu: Der Parasit ist eigentlich Südamerikaner.
Der genetischen Analyse der Forscher zufolge ähnelt Plasmodium vivax in charakteristischen DNA-Abschnitten – dreizehn ausgesuchten, hochvariablen Mikrosatellitenregionen beispielsweise – dem Malariaparasiten der Kapuzineraffenfamilie, Plasmodium simium, der wie seine neuweltäffischen Wirte eben nur in Südamerika vorkommt. Im Prinzip sind beide Parasitenarten tatsächlich nahezu Zwillinge – P. vivax, so die Analyse, muss aus dem Stammvater P. simium vor kurzem entstanden sein. Genauer: in neuzeitlich-historischen Zeiten, möglicherweise erst nach dem Abgang von Alexander, den Römern und den Germanen von der Bühne der Welt.
Das wiederum kann ja nun auch nicht ganz stimmen, meint Stephen Rich von der Tufts-Universität [2] – aus einleuchtenden Gründen: Ein Parasit aus Südamerika sollte schließlich nicht noch vor seiner evolutiven Erfindung – und, nebenbei, der Entdeckung Südamerikas durch die Europäer – in der Lage sein, Menschen des alten Kontinents dahinzuraffen. Entweder der Affenzwilling von Plasmodium entstand eben seinerseits aus dem menschlichen Erreger, statt umgekehrt, was allerdings zu den genetischen Analysen nicht passen würde, oder ... ja, oder was?
Oder P. vivax ist nicht immer P. vivax. Laut Jun Li und seinen Kollegen [3], rekapituliert Rich, unterscheiden sich einzelne Stämme des Parasiten genetisch sehr subtil in Bereichen, die möglicherweise mit dem zweiten Wirt des Einzellers neben dem Menschen zu tun haben – der Mücke. Offenbar regeln die Gene der entsprechenden unterschiedlichen DNA-Abschnitte die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Insektenwirten – lenkt man seinen genetisches Vergrößerungsglas nicht auf genau diese Abschnitte, so könnten womöglich am Ende beide Plasmodium-Arten durchaus für nahezu unverwechselbar ähnlich gehalten werden.
Vielleicht also haben sich durchaus manche P.-vivax-Parasitenstämme vor nicht allzu langer Zeit einmal aus P.-simium-Arten entwickelt – der aber hat sich wahrscheinlich seinerseits auch einmal aus Vorvätern von P. vivax entwickelt, die irgendwann mitsamt dem Verbreitungsdrang früher Hominiden aus Afrika in alle Welt gespült wurden. Dabei scheinen gerade die sonst so veränderlichen Mikrosatelliten-DNA-Abschnitte erstaunlich konserviert – während subtile Genveränderungen eine Anpassung insbesondere an andere Mückenwirte erlaubten. Kurz: DNA-Vergleichen ist nicht immer zu trauen, wenn nicht genau bekannt ist, wo man suchen soll. Und: Schmarotzer wie P. vivax haben womöglich eine wechselhaftere Geschichte als vermutet – mal kurz von Wirtsart zu Wirtsart zu hüpfen, scheint eines ihrer kleineren Probleme zu sein.
Allemal gilt das für Plasmodium vivax, den Erreger der Malaria tertiana – diese Form des Wechselfiebers ist nicht ganz so häufig tödlich wie die gefährlichste, strikt tropische Malaria tropica, ihr Erreger dafür aber deutlich robuster: P. vivax überlebt auch schon einmal in tieferen Umgebungstemperaturen und gelangt so gelegentlich recht weit nach Norden. Schon die römischen Legionen konnten ein Lied davon singen, litten sie doch noch in den Rheinsümpfen Germaniens unter dem mückenübertragenen Erreger, gegen den damals wie heute kaum ein Kraut gewachsen war.
Bis weit hinein in gemäßigte Breiten also ein echter alter Europäer, der Einzeller Plasmodium vivax? Kann eigentlich nicht sein, meinen François Renaud und seine Kollegen von der französischen Forschungsorganisation CNRS, nachdem sie das Genom von Plasmodium vivax näher unter die Lupe genommen hatten [1]. Denn kompromisslos interpretiert lassen ihre Daten nur einen Schluss zu: Der Parasit ist eigentlich Südamerikaner.
Der genetischen Analyse der Forscher zufolge ähnelt Plasmodium vivax in charakteristischen DNA-Abschnitten – dreizehn ausgesuchten, hochvariablen Mikrosatellitenregionen beispielsweise – dem Malariaparasiten der Kapuzineraffenfamilie, Plasmodium simium, der wie seine neuweltäffischen Wirte eben nur in Südamerika vorkommt. Im Prinzip sind beide Parasitenarten tatsächlich nahezu Zwillinge – P. vivax, so die Analyse, muss aus dem Stammvater P. simium vor kurzem entstanden sein. Genauer: in neuzeitlich-historischen Zeiten, möglicherweise erst nach dem Abgang von Alexander, den Römern und den Germanen von der Bühne der Welt.
Das wiederum kann ja nun auch nicht ganz stimmen, meint Stephen Rich von der Tufts-Universität [2] – aus einleuchtenden Gründen: Ein Parasit aus Südamerika sollte schließlich nicht noch vor seiner evolutiven Erfindung – und, nebenbei, der Entdeckung Südamerikas durch die Europäer – in der Lage sein, Menschen des alten Kontinents dahinzuraffen. Entweder der Affenzwilling von Plasmodium entstand eben seinerseits aus dem menschlichen Erreger, statt umgekehrt, was allerdings zu den genetischen Analysen nicht passen würde, oder ... ja, oder was?
Oder P. vivax ist nicht immer P. vivax. Laut Jun Li und seinen Kollegen [3], rekapituliert Rich, unterscheiden sich einzelne Stämme des Parasiten genetisch sehr subtil in Bereichen, die möglicherweise mit dem zweiten Wirt des Einzellers neben dem Menschen zu tun haben – der Mücke. Offenbar regeln die Gene der entsprechenden unterschiedlichen DNA-Abschnitte die Toleranz gegenüber unterschiedlichen Insektenwirten – lenkt man seinen genetisches Vergrößerungsglas nicht auf genau diese Abschnitte, so könnten womöglich am Ende beide Plasmodium-Arten durchaus für nahezu unverwechselbar ähnlich gehalten werden.
Vielleicht also haben sich durchaus manche P.-vivax-Parasitenstämme vor nicht allzu langer Zeit einmal aus P.-simium-Arten entwickelt – der aber hat sich wahrscheinlich seinerseits auch einmal aus Vorvätern von P. vivax entwickelt, die irgendwann mitsamt dem Verbreitungsdrang früher Hominiden aus Afrika in alle Welt gespült wurden. Dabei scheinen gerade die sonst so veränderlichen Mikrosatelliten-DNA-Abschnitte erstaunlich konserviert – während subtile Genveränderungen eine Anpassung insbesondere an andere Mückenwirte erlaubten. Kurz: DNA-Vergleichen ist nicht immer zu trauen, wenn nicht genau bekannt ist, wo man suchen soll. Und: Schmarotzer wie P. vivax haben womöglich eine wechselhaftere Geschichte als vermutet – mal kurz von Wirtsart zu Wirtsart zu hüpfen, scheint eines ihrer kleineren Probleme zu sein.
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