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Pioniere der Archäologie: Die Entdeckung von Machu Picchu

Am 24. Juli 1911 schlug sich Hiram Bingham durch den Dschungel Perus. Schlangen, Dauerregen und maßlose Hitze störten den Geschichtsprofessor nicht. Ein Bauer hatte ihm berichtet, dass hoch oben in den Bergen eine versunkene Stadt der Inka zu finden sei. Doch als Bingham schließlich die Ruinen von Machu Picchu betrat, war er nicht sonderlich beeindruckt.
Ansicht von Machu Picchu von schräg oben
Die anderen Mitglieder seiner Expedition – Forscher, Studenten und Techniker der Yale University – hatten die Mühen des Aufstiegs gar nicht erst auf sich genommen und es vorgezogen, im Lager zu bleiben. Es konnte ja keiner ahnen, dass nur einen halben Tag entfernt eine der weltweit bedeutsamsten archäologischen Stätten auf ihre Wiederentdeckung wartete.

Aus epoc 4/2011
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Bingham hatte von einer Ruinenstadt hoch in den Bergen von einem Bauern namens Melchor Artega gehört, der ihn nun zusammen mit einem Übersetzer dorthin führen sollte. Dass der 38-jährige Forscher in über 2300 Meter Höhe finden würde, wonach er suchte, glaubte Bingham genauso wenig wie seine im Tal harrenden Mitstreiter. Die siebenköpfige Expedition war vor allem ausgezogen, um die letzte Inkahauptstadt, Vilcabamba, zu finden. Hierhin waren die Letzten des einst mächtigen Volks nach der Eroberung von Cusco durch Francisco Pizarro 1536 geflohen – und dort unterlagen die Inka 36 Jahre später endgültig den spanischen Eroberern. "Machu Picchu" aber, so hieß der Berggipfel, an den sich die Ruinen nach Melchor Artegas Angaben schmiegen sollten, lag fernab der Gegend, in der sich Vilcabamba laut der alten Schriften befinden sollte.

Einmal als Entdecker berühmt zu werden, davon hatte Bingham schon in seiner eher freudlosen Kindheit auf Hawaii geträumt, wo die strengen Eltern – beide waren puritanische Missionare – die Ureinwohner zum rechten Glauben bekehrten. Der blitzgescheite Junge flüchtete sich in die Welt der Bücher, die ihn wenigstens in Gedanken in die Freiheit der weiten Welt führten. Mit 17 Jahren verließ er Hawaii und die Enge seines Elternhauses, um an den renommierten Universitäten von Yale, Berkeley und Harvard zu studieren und schließlich mit seinen Forschungen zur lateinamerikanischen Geschichte den Doktorgrad zu erlangen.

1905 war der mittlerweile mit einer millionenschweren Erbin der Juweliere Tiffany & Co. verheiratete Bingham, der sich stets als "Entdecker" ins "Who's Who" eintragen ließ, zum ersten Mal in Südamerika und hatte von den versunkenen Städten der Inka gehört – auch von Vilcabamba, das ihm fortan nicht mehr aus dem Sinn gehen sollte und das er unbedingt finden wollte.

Die Ruinen von Machu Picchu | Als Hiram Bingham auf die Ruinen von Machu Picchu stieß, war er verwirrt – und seine Begeisterung hielt sich zunächst in Grenzen. Denn gesucht hatte er eigentlich nach dem Ort der letzten Schlacht der Inka: Vilcabamba.
Doch jetzt ging es erst einmal zusammen mit Melchor Artega und einem Dolmetscher durch das Dickicht am Machu Picchu. Wenn er in seinem 1922 erschienenen Buch "Inca Land" jenen Nachmittag am 24. Juli 1911 Revue passieren lässt und von dem "kunstvollsten Mauerwerk, das er je sah" schwärmt oder von Bauwerken, deren "Leichtigkeit und Eleganz" von "kaum fassbarer Schönheit" waren; wenn er sich erinnert, "in verwirrender Folge eine Überraschung nach der anderen" erlebt zu haben, dann zeugt dies jedoch von einer, gelinde gesagt, ziemlich getrübten Erinnerung. In Wahrheit hielt sich seine Begeisterung in Grenzen. Schon nach ein paar Stunden war er wieder verschwunden; er hatte sich ja nicht einmal Proviant eingepackt. Als er im Lauf der Expedition ein paar Wochen später erneut nach Machu Picchu kam, war ausgerechnet er es, der im Lager blieb – und seine Assistenten und Studenten für Vermessungen den Berg hinaufschickte.

Es ist eine Ironie der Geschichte, dass Bingham kurz nach seinem ersten Besuch in Machu Picchu auch das echte Vilcabamba entdeckte – jedenfalls einen kleinen, verfallenen und unansehnlichen Teil davon. Auch wenn sich die Ruinen genau dort befanden, wo sie gemäß der alten Berichte hätten sein sollen, wollte Hiram Bingham das nie wahrhaben: In den vielen Jahren nach seiner Entdeckung Machu Picchus kam Bingham, der schließlich Politiker wurde und es sogar bis zum Senator von Connecticut brachte, zu der – und blieb bei der – schon damals erwiesenermaßen falschen Überzeugung, dass die Inka in Machu Picchu ihre letzte Schlacht schlugen, dass Machu Picchu das wahre Vilcabamba sei.

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