News: Die Erde leckt
Shigenori Maruyama und seine Mitarbeiter vom Tokyo Institute of Technology wollten diese Annahme einmal mit konkreten Zahlen belegen – und kamen zu überraschenden Ergebnissen. Sie schätzten das Gesteinsvolumen, das in den Subduktionszonen aufgeschmolzen wird, und die Menge, die vom Mantel wieder freigegeben wird. Aus Experimenten kannten sie die Wassermenge, die von den in den Subduktionszonen in etwa hundert Kilometern Tiefe gebildeten Mineralien – vor allem Lawsonit – absorbiert wird.
Mit zunehmender Verlagerung in die Tiefe werden diese Minerale instabil und geben das Wasser an dichte, wasserhaltige Silikate ab, die es mit in die Übergangszone nehmen. Der Prozeß läuft allerdings nur ab, wenn die Temperatur mit der Tiefe relativ langsam ansteigt. Sonst wird das Wasser bereits in geringeren Tiefen freigesetzt und kehrt zur Erdoberfläche zurück.
Aus diesen verschiedenen Größen berechneten die Wissenschaftler den Wasserkreislauf zwischen Erdoberfläche und Mantel. Demnach sickern jährlich etwa 1,12 Billionen Tonnen Wasser in die Übergangszone zwischen den beiden Mantelschichten. Nur 0,23 Billionen Tonnen sollen dagegen wieder die Ozeane erreichen. Maruyama hält diese Zahlen sogar eher für eine zu geringe Schätzung. "Die Weltmeere werden in tausend Milliarden Jahren ausgetrocknet sein", meint er. "Dann wird die Erdoberfläche so aussehen wie die des Mars, auf dem anscheinend ein ähnlicher Prozeß stattgefunden hat."
Maruyama und seine Kollegen beschreiben im New Scientist vom 30. August 1999 auch, daß der Vorgang auf der Erde erst seit etwa 750 Millionen Jahren abläuft, da vorher der Temperaturgradient in den Subduktionszonen zu steil war. Seitdem soll der Meeresspiegel um 600 Meter gefallen sein. Kurzfristigere Schwankungen im Laufe der Erdgeschichte überdecken ihrer Ansicht nach jedoch diesen langsamen Ausstrocknungstrend.
Andere Wissenschaftler betrachten die Ergebnisse der japanischen Forscher mit Vorsicht. "Die Grundidee wirkt ganz plausibel", meint Raymond Jeanloz von der University of California in Berkeley. Er betont aber die Schwierigkeiten, wirklich alle Faktoren in solche Berechnungen einzubeziehen.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 23.3.1999
"Ein zweilagiger (Erd-)Mantel" - Spektrum Ticker vom 29.7.1999
"Wenn es in der Tiefe rumort"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum der Wissenschaft 5/94, Seite 54
"Der Erdmantel unter den Ozeanen"
(nur für Heft-Abonnenten online zugänglich)
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