Planetenforschung: Die Erde stirbt im feuchten Treibhaus
Ein starker Anstieg des Kohlendioxidgehalts kann einen lebensfreundlichen Planeten in kurzer Zeit zerstören, wie ein Forscherteam um Max Popp am Max-Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg herausfand. Dafür simulierten die Forscher einen Modellplaneten von der Größe und der Masse der Erde, dessen Oberfläche vollständig von Wasser bedeckt ist und der keine Achsenneigung aufweist. Schon seit Langem ist bekannt, dass die Helligkeit unserer Sonne im Lauf ihrer Entwicklung langsam, aber stetig ansteigt, so dass es auf der Erde immer heißer wird. Irgendwann – viele Modelle gehen von etwa einer Milliarde Jahre oder weniger aus – ist dann ein Punkt erreicht, an dem das flüssige Wasser auf der Erdoberfläche instabil wird und verdampft.
Popp und seine beiden Koautoren untersuchten nun, wie sich ihr Modellplanet bei unterschiedlichen Bedingungen verhält. In einem Szenario gehen sie von einem festen atmosphärischen Kohlendioxidgehalt von 354 Teilen pro Million Atmosphärenteilchen (parts per million) aus, der dem heutigen Wert in der Erdatmosphäre entspricht, und verändern die Intensität der Sonneneinstrahlung in fünf Schritten bis zum 1,15-Fachen des heutigen Werts. Beim 1,10- beziehungsweise 1,15-Fachen der heutigen Intensität steigt die Temperatur auf dem Modellplaneten innerhalb weniger Jahre von im Mittel 298 Kelvin (25 Grad Celsius) auf mehr als 330 Kelvin (57 Grad Celsius).
Bei einem Anstieg der mittleren Temperatur auf einen solch hohen Wert verdampfen riesige Mengen an Wasser und geraten als Wasserdampf in die Atmosphäre. Wasserdampf ist jedoch ein wesentlich effektiveres Treibhausgas als Kohlendioxid, so dass der Modellplanet zu einem feuchten Treibhaus wird. Dabei steigt die Höhe der Tropopause stark an und Wasserdampf gerät in große Höhen über der Oberfläche. Dort sind die Wassermoleküle der ultravioletten Strahlung der Sonne viel stärker als heute ausgesetzt und werden in ihre Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der Wasserstoff kann vom Modellplaneten nicht festgehalten werden und entweicht ins All, der Sauerstoff reagiert mit dem Material unterhalb des globalen Ozeans. Unter solchen Bedingungen verliert der Planet in geologisch kurzer Zeit all sein Wasser auf der Oberfläche, trocknet aus und wird unbewohnbar. Ist dieser Prozess einmal angestoßen, ist er unumkehrbar und führt zur Zerstörung der lebensfreundlichen Bedingungen.
In weiteren Simulationen gehen die Forscher vom heutigen Wert der Sonneneinstrahlung aus und erhöhen drastisch den Gehalt an Kohlendioxid. Dabei stellten sie fest, dass ab einem Gehalt von 1520 Teilen pro Million Atmosphärenteilchen innerhalb von weniger als 200 Jahren ebenfalls die mittlere Oberflächentemperatur des Modellplaneten auf mehr als 57 Grad Celsius ansteigt. Dies entspricht dem 4,2-Fachen des heutigen Kohlendioxidgehalts der Erdatmosphäre. Allerdings gilt dies nur für den stark vereinfachten Modellplaneten ohne Kontinente und Eisflächen. Zudem nicht berücksichtigt ist die Ausfällung von Kohlendioxid in Form von Karbonatgesteinen, die sowohl durch biologische Vorgänge als auch anorganisch erfolgen kann. Diese Vorgänge haben in der langen geologischen Vergangenheit von rund 4,5 Milliarden Jahren dafür gesorgt, dass die Lufthülle der Erde von einer stark kohlendioxidhaltigen Atmosphäre ähnlich der heutigen Venusatmosphäre zu dem lebensfreundlichen Gasgemisch wurde, das heute unser Überleben sichert.
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