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Aeronautik: Die erstaunliche Geschichte eines unmöglichen Flugs

Allein mit der Kraft eines Menschen kann ein Hubschrauber nicht fliegen, war die gängige Expertenmeinung. Zwei junge Ingenieure bewiesen das Gegenteil - und schrieben Luftfahrtgeschichte.
Modell von Leonardo Da Vincis Propeller

Im Jahr 2011 begannen zwei Ingenieure mit der Entwicklung eines Hubschraubers, der für 60 Sekunden in drei Meter Höhe schweben konnte – angetrieben allein von der Muskelkraft des Piloten. Größtes Hindernis dabei: Es war unmöglich.

So jedenfalls sahen es Experten, die sich 30 Jahre lang an dieser Aufgabe die Zähne ausgebissen hatten. Im Jahr 1980 hatte die American Helicopter Society AHS (inzwischen The Vertical Flight Society) den am Ende mit 250 000 Dollar dotierten Sikorsky-Preis ausgeschrieben für den Ersten, dem ein solcher Flug gelang. Zahlreiche Fehlschläge und Abstürze später kamen Forscher zu dem Schluss: Ein Mensch kann einfach nicht genug Energie erzeugen, um mit seinem Vehikel derart hoch und lange fliegen zu können. Der Aeronautik-Ingenieur Antonio Filippone von der University of Manchester in England veröffentlichte seine Berechnungen hierzu schon 2007 im »Journal of the American Helicopter Society«. Seiner Meinung nach könne ein solches Fluggerät nicht abheben. »Somit sind die Bedingungen der AHS aufs Ganze gesehen unter realistischen Bedingungen gar nicht erfüllbar.«

Von diesem Paper Filippones erfuhren Todd Reichert und sein Kollege Cameron Robertson erst, als sie Preis und Prämie bereits in den Händen hielten. Mit ihrem Atlas, einem riesigen, pedalbetriebenen Fluggerät mit vier Rotoren, hatten sie im Juni 2013 den Rekordflug geschafft.

Der Helikopter sieht aus, als hätte jemand mit einem riesigen Metallbaukasten gebastelt: Eine Rahmenkonstruktion aus Kohlefaserrohren ist mit Kabeln aus Hightechfasern verspannt und bildet dabei ein ausladendes, gebogenes X mit einer Diagonalen von knapp 27 Metern. An jedem der Enden sitzt ein Rotor – jeweils etwa 20 Meter im Durchmesser mit einem Gerüst aus Balsaholz und einer Bespannung aus durchsichtiger Mylar-Folie.

3,60 Meter hoch wölbt sich der Atlas über den Boden, in dessen Mitte ein umgebautes Rennrad an Spanndrähten baumelt. Auf diesem sitzt Reichert, der menschliche Motor. Wenn er in die Pedale tritt, setzt dies ein komplexes System von Spulen und Schnüren und schließlich die vier Riesenrotoren in Gang. Es ist allein Reicherts Strampeln, das das 54,88 Kilogramm schwere Fluggerät in der Luft hält.

Der Erfolg zeigt: Unmögliches schaffen kleine Teams am besten

Auch Reichert und Robertson mussten viele Fehlschläge hinnehmen. Doch ihr 64-Sekunden-Flug zeigt, dass in einer Zeit, die von den Ingenieurtrupps großer Firmen wie Lockheed Martin und Northrop Grumman dominiert wird, auch kleine Teams selbst härteste Nüsse knacken können.

Benjamin Hein, der Chefingenieur bei Sikorsky Aircraft und Vorsitzende des Sikorsky-Preiskomitees 2013, erklärt, vor welchen Aufgaben die jungen Entwickler standen. Sie hätten herausfinden müssen, welche Größe und welches Gewicht zu dem extrem leistungsschwachen Antrieb ihres Fluggeräts passt, wie das optimale Rotordesign aussieht und wie sich das Fluggerät in der Luft steuern lässt. Von ihrer Vorgehensweise könne die Industrie noch einiges lernen, sagt Hein. Vor allem die Bereitschaft der beiden, Fehlschläge in Kauf zu nehmen und schnell wichtige Konstruktionsänderungen vorzunehmen. »Das ist etwas, was große Firmen einfach nicht können.«

© Aerovelo Inc
Der Flug des Atlas
Der entscheidende Flug, der dem Team den Sikorsky-Preis eintrug. Über 30 Jahre lang hatten sich Teams an dieser Aufgabe die Zähne ausgebissen.

Wie leistungsfähig kleine Teams sein können, beweist die Software, die die beiden zur Konstruktion einsetzten und die sogar auf einem herkömmlichen Laptop läuft. Ihr Programm zur Optimierung des Designs ist inzwischen sogar Teil eines Software-Toolkits der NASA geworden, mit dem Fahrzeuge konfiguriert werden, bei denen es auf mehr als nur einen kurzen Hopser ankommt. (Anm. d. Red.: Im September 2013 hielt sich Teammitglied Alexis Reichert mit Atlas 53 Sekunden in der Luft und stellte damit einen neuen Weltrekord für Frauen auf.)

Unweigerlich kommen einem dabei zwei andere unabhängige Tüftler in den Sinn: die Brüder Orville und Wilbur Wright. Mit ihnen teilen Reichert und Robertson – die sich beim Ingenieurstudium an der University of Toronto kennen gelernt haben und nun das »Entwicklungs- und Innovationslabor« AeroVelo betreiben – die Leidenschaft für den bemannten Flug.

Die Leute sollen verstehen, »wie viel man erreichen kann, wenn man auf Effizienz setzt«, sagt Reichert. Deshalb nutzen sie Materialien, die es schon seit Jahrzehnten gibt, wie Balsaholz, Styropor und Mylar; und deshalb begnügen sie sich bereitwillig mit der Begrenztheit menschlicher Muskelkraft. Dann könne man eben nicht einfach einen stärkeren Motor nachrüsten, sagt Robertson. »Die Probleme muss man lösen, ohne die Energiequelle zu ändern. Deren Leistung lässt sich nicht groß steigern.« Dass darum das Fahrrad eine so zentrale Rolle in den Konstruktionen der beiden einnimmt, hätte den Fahrradmechanikern Wilbur und Orville vermutlich gefallen. Reichert und Robertson konstruierten beispielsweise neben dem Atlas auch ein flugfähiges pedalbetriebenes Flugzeug mit flatternden Flügeln, den Ornithopter.

Erfindergeist und wissenschaftliche Stärke

Die größte Ähnlichkeit mit den Wright-Brüdern findet sich aber in ihrer Arbeitsweise. »Die beiden waren Mechanikertypen«, erklärt Reichert. »Sie haben viel geschraubt und getüftelt. Aber sie sind auch streng wissenschaftlich vorgegangen – das ist die Kombination, die man braucht.«

Die zwei kanadischen Ingenieure sind eigentlich keine Helikopter-Konstrukteure und wussten deshalb nicht, dass ihr Vorhaben – jedenfalls laut Fachliteratur – zum Scheitern verurteilt war. Sie wussten aber, dass die notwendigen Berechnungen endlose Stunden teurer Rechenzeit auf Supercomputern in Anspruch nehmen würden, die ihr Budget gesprengt hätten. Außerdem wollten sie eine Alternative zur üblichen Herangehensweise im Flugzeugbau schaffen, bei der strukturelle und aerodynamische Bauteile in getrennten Teams entwickelt und erst anschließend zusammengeführt werden. Das Endergebnis sei dann weder aus aerodynamischer noch aus struktureller Sicht perfekt, sagt Robertson.

Was sie brauchten, war ein Programm, das die Auswirkungen beider Faktoren auf die speziellen Anforderungen eines mit Muskelkraft betriebenen Helikopters zusammenführte. Und auf billigen Computern lief. Und noch dazu schnell war.

Todd Reichert (auf dem Fahrrad) und Cameron Robertson (graues T-Shirt) | Ein Lehrbuchstück unabhängigen Ingenieurdenkens: Mit ihrem Helikopter Atlas gelang den beiden Kanadiern ein Flug, der zuvor als unmöglich galt.

In einem wahren Programmiermarathon schrieben sie innerhalb von nur fünf Monaten eine passende Software für ihren Laptop. Das neue Programm basierte auf früheren Arbeiten Reicherts für den Ornithopter, die ihm schon zu seinem PhD verholfen hatten. Damit es auf dem Laptop lief, verzichteten sie auf höchste Genauigkeit. High-Fidelity-Modelle, die Parameter wie den Luftstrom bis ins letzte Detail modellieren, sind zwar Standard im kommerziellen Flugzeugbau und verraten präzise, was sich an Stellen mit sehr komplexer Aerodynamik, wie den Rotorspitzen, abspielt. Für ihren niedrig und langsam fliegenden und leicht zu modifizierenden Atlas war das aber gar nicht nötig. »Mit Medium-Fidelity kommt man auf etwa zwei Prozent an die korrekte Lösung heran«, sagt Robertson. »Und das reichte uns.«

Dank ihrem selbst geschriebenen Programm konnten sie alle möglichen Helikopter-Konstruktionen schnell und einfach durchtesten. Sie mussten lediglich die Parameter einer Idee eingeben, also zum Beispiel die Geometrie des Rotors sowie Größe, Gewicht und Bruchverhalten des gewünschten Baumaterials, und innerhalb von Minuten spuckte die Software die optimale Version eines derartigen Fluggeräts aus. Außerdem berechnete sie ihnen, welche Kraft mindestens erforderlich ist, um das Fluggerät in die Luft zu heben. Diese Fähigkeit der Software, schon nach kurzer Zeit Antworten nahe an der korrekten Lösung zu liefern, hat die NASA davon überzeugt, das Programm in ihre eigene Softwarebibliothek aufzunehmen.

Think big!

Die erste Entscheidung beim Design des Atlas hieß: Größer ist besser! Lange Arme und große Rotorblätter sollten für maximalen Auftrieb sorgen. Im Video des Erfolgsflugs denkt man, die Rotoren mit nur zehn Umdrehungen pro Minute müssten doch viel zu langsam sein. Aber es ist ihre riesige Größe, nicht ihre Geschwindigkeit, die den Auftrieb erzeugt.

Gewaltige Ausmaße | Erst als sich die beiden Entwickler nicht mehr an künstliche Größenbeschränkungen hielten, gelang ihnen der Bau eines funktionierenden, mit Muskelkraft betriebenen Helikopters. Für den Start benötigten sie dann allerdings ein Fußballfeld in der Halle.

Reichert und Robertson erkannten, dass andere Konstrukteure auf Grund einer folgenschweren Entscheidung gescheitert waren: Zum Schutz vor Windböen hatten sie ihre Flugversuche in Sporthallen oder ähnliche Gebäude verlegt und ihre Helikopter an die entsprechenden Größenverhältnisse angepasst. Nun tut man tatsächlich gut daran, im Innern eines Gebäudes zu starten – die Gebilde sind viel zu fragil für den Außeneinsatz –, aber eine normale Turnhalle reicht nicht. So kam es, dass eine riesige alte Scheune im Norden Torontos und später das Fußballzentrum in der Nähe der Stadt zu Zeugen der ersten mit Muskelkraft betriebenen Helikopterflüge wurden.

Das zweite Konstruktionsproblem beim Atlas waren Gewicht und Leistung seines Antriebs: Reichert, 1,77 Meter groß und knapp 82 Kilogramm schwer. Die Konstruktion erlaubte maximal 74,8 Kilogramm, so dass er etwa 7 Kilo abnehmen musste. An ihm war es außerdem, durch Treten der Pedale genügend Leistung zu erzeugen, um sich selbst samt dem knapp 55 Kilogramm schweren Fluggerät – also insgesamt zirka 130 Kilogramm – in die erforderliche Höhe von 10 Fuß (etwa 3 Metern) zu bringen und für die geforderte Zeit von einer Minute in der Luft zu halten. Das Leistungsziel, berechnet aus dem Gesamtgewicht des Fluggeräts und der Größe der vier Rotoren, ergab einen Anfangsschub von etwa 1000 Watt, um erst einmal in die Luft zu gelangen. Danach war ein konstanter Output von etwa 600 Watt für den Rest des Flugs nötig. Das war so viel wie ein 100-Meter-Sprint mit einem anschließenden, etwas langsameren 400-Meter-Lauf.

Spitzensport auf dem Pilotensitz

Reichert, der vermutlich fitteste Aeronautik-Ingenieur Nordamerikas, ist ein begeisterter Sportler. Als Eisschnellläufer ist er bereits in den höchsten Ligen Kanadas mitgelaufen, als Teil einer Maschine tat er nun der Leidenschaft beider Ingenieure fürs Messen Genüge: »Sobald du etwas messen kannst, kannst du es auch verbessern«, schwärmt Reichert. Während des monatelangen Trainings bestimmten er und Robertson mit zwei Ergometern seine Leistung. Und Reichert tat noch das Seine dazu, indem er mehr abnahm als geplant und ein Körpergewicht von 72,5 Kilogramm, also 2,2 Kilo unter dem Zielgewicht, erreichte. So reduzierte er die zum Fliegen nötige Energie ohne wesentlichen Verlust an Power.

Spitzensportler durchlaufen einen ausgeklügelten Trainingsplan, um kurz vor dem Wettkampf ihre maximale Fitness zu erreichen. Doch mehrere technische Verzögerungen zwangen Reichert dazu, sein Kraft- und Fitnessniveau über mehr als neun Monate aufrechtzuhalten. Da ist es nahezu unglaublich, dass er während des entscheidenden Flugs sogar über sein Ziel hinausschoss und in den ersten zwölf Sekunden 1100 Watt (fast 1,5 PS) schaffte, bevor er auf durchschnittliche 690 Watt zurückfiel, um den Atlas insgesamt 64 Sekunden in der Luft zu halten.

Reichert, Robertson und ihr Team aus acht Studenten der University of Toronto bauten den Atlas im Sommer 2012. Auch wenn sie mit ihrer »fliegenden Kiste« ein vermeintlich unmögliches Ziel erreichen wollten, verschwendeten sie weder Zeit noch Geld für unnötige Anstrengungen oder ausgefallene Materialien. Wo immer möglich, griffen sie auf Bekanntes zurück und nutzten Fertigelemente, das hielt die Kosten niedrig und ihnen den Kopf frei für größere Probleme. Anstatt selbst ein ultraleichtes Fahrrad zu bauen, modifizierten sie ein Cervélo R5ca, eines der leichtesten bekannten Straßenräder. Wie Robertson heute gerne Schülergruppen erzählt, sind die meisten ihrer Materialien im Heimwerker- und Bastelbedarf erhältlich. Das innovativste Material ihrer Konstruktion war Vectran, eine Flüssigkristall-Polymerfaser für Hightech-Spanndrähte mit extremer Festigkeit, die sich, einmal belastet, nicht weiter ausdehnt.

Der Intuition freien Lauf gelassen

In der Halle im Norden von Toronto ließen die beiden Forscher schließlich Mathematik und clevere Algorithmen hinter sich und gaben der Intuition freien Lauf. Nach der Trial-and-Error-Methode probierten sie vieles einfach aus. Dem fiel als Erstes das Steuerungssystem des Atlas zum Opfer, ein kompliziertes Arrangement von Schalthebeln und Kabeln, die an der Spitze der Rotoren mit kleinen L-förmigen Vorflügeln, so genannten Canards, verbunden waren. Sie sollten durch Ändern ihres Anstellwinkels verhindern, dass der Helikopter aus der zehn Quadratmeter großen Fläche herausdriftet, deren Verlassen das Reglement des Sikorsky-Preises untersagt hatte.

Wegen einer zu langen Verzögerungszeit zwischen der Aktion des Piloten und dem Ergebnis funktionierte das anfängliche System aber nicht. »Rein mechanisch gesehen war es richtig cool«, erinnert sich Robertson; nur konnte es das Abdriften nicht verhindern. Deshalb ersetzten sie es durch eine einfachere Konstruktion, indem sie ein paar Verbindungskabel zwischen dem unteren Teil des Fahrrads und den Achsen der vier Rotoren umleiteten. Nun konnte der Pilot die Drift des Gefährts durch seine eigene Bewegung steuern. Für die Bewegung nach vorne lehnte er sich selbst nach vorne, für die Bewegung nach links lehnte er sich nach links, und so weiter. »Irgendwie kann ich immer noch nicht glauben, dass es wirklich funktioniert«, wundert sich Reichert, der sich fast während des ganzen Flugs stark nach rechts lehnte, wie auf dem Video zu sehen ist. Nicht nur das Fliegen war so einfacher, sondern auch das Gesamtgewicht des Fluggeräts war um 10 Prozent gesenkt. Zusammen mit dem verringerten Luftströmungswiderstand war nun der Leistungsbedarf um unglaubliche 20 Prozent niedriger.

»Das Unmögliche angehen ist nicht gerade einfach. Aber es ist befriedigender, motiviert stärker und ist letztendlich wichtiger«
Todd Reichert

Während der Tests brachen permanent Teile des fragilen Fluggeräts ab, und es kam zu zwei spektakulären Abstürzen nur wenige Wochen vor dem erfolgreichen Flug. Die Ursache war jedes Mal ein Eintritt ins so genannte Wirbelringstadium. Bei diesem aerodynamischen Phänomen dringen Rotoren in die Luftschicht ein, die sie bereits nach unten gedrückt haben. Damit geht Auftrieb verloren. Die zwei Ingenieure begaben sich an den Rotoren auf Fehlersuche. Schließlich stellte sich heraus, dass die Vorderkanten der Rotorblätter nicht glatt genug waren. Die Mylar-Folie, die sie in der Hektik der letzten Vorbereitungen aufgespannt hatten, offenbarte raue Stellen, die den Luftwiderstand erhöhten. Sie strichen die Haut vorsichtig glatt. Dann kürzten sie auch noch die Kohlefaserstreben und versteiften die Drahtverspannung auf den Rotorarmen.

Über drei Millionen Klicks auf YouTube

Die Reparaturen hielten. Acht Wochen nach dem zweiten Crash gewannen die zwei Ingenieure und ihr Team den Sikorsky-Preis. Das Video, das Reicherts Flug auf der verrückten Maschine zeigt, hat es bei YouTube auf über drei Millionen Klicks gebracht. Ziel des Wettbewerbs war es, die neue Generation von Ingenieuren anzuspornen und die Fantasie der Öffentlichkeit anzuregen. Gemessen an den YouTube-Klicks war der Atlas auf jeden Fall ein Erfolg.

64 Sekunden in der Luft | Die Vorgaben des Sikorsky-Preises sahen vor, dass ein Helikopter auf zehn Fuß Höhe kletterte und dort mindestens eine Minute in den Schwebeflug überging. Die sportlichen Anforderungen an den menschlichen Motor sind gewaltig.

Nach Reichert durften auch die anderen im Team den Atlas fliegen. Fast jeder schaffte es, ihn mindestens einen halben Meter in die Höhe zu hieven. »Vor uns hatten mehr Menschen einen Spaziergang auf dem Mond gemacht, als einen mit Muskelkraft betriebenen Helikopter geflogen. Wir haben ihre Zahl nun verdoppelt«, scherzt Robertson.

Wenn Reichert über die Gründe für ihren Erfolg spricht, geht er weit über die Technik hinaus. Es gehe darum, das Unmögliche möglich zu machen oder es zumindest zu versuchen: »Es braucht verrückte Ziele, um die Leute zu motivieren.«

So gäbe es Unmengen fantasieloser Ziele – sein Lieblingsbeispiel sind die Standards beim Treibstoffverbrauch. Der an sich löbliche Versuch der damaligen US-Regierung, den durchschnittlichen Verbrauch aller Kraftfahrzeuge bis zum Jahr 2025 auf 4,3 Liter pro 100 Kilometer zu senken, war ihm nicht ambitioniert genug – auch wenn es eine Verbesserung von 88 Prozent gegenüber dem damaligen Stand bedeutet hätte. »Wenn die Regierung stattdessen eine 1000-prozentige Reduzierung des Treibstoffverbrauchs fordern würde, wäre jeder zum Umdenken gezwungen«, sagte er. Und das könnte seiner Meinung nach eine neue Ära eines supereffizienten Transportwesens einleiten.

Reichert und Robertson wissen natürlich, dass jedem Politiker eine solche Vorgabe um die Ohren flöge – aus naheliegenden Gründen. Trotzdem könnten hochfliegende Ideen dabei helfen, scheinbar unlösbare Probleme von einer neuen Seite her zu betrachten. »Das Unmögliche angehen ist nicht gerade einfach«, weiß Reichert. »Aber es ist befriedigender, motiviert stärker und ist letztendlich wichtiger.«

Im Herbst 2014 wollten die beiden in Battle Mountain in Nevada den Geschwindigkeitsweltrekord im Radrennen von 133,77 Stundenkilometern brechen. Doch sie verpassten ihn um etwas über 7,2 km/h. (Anm. d. Red.: Mit dem vollverkleideten Liegerad Eta halten sie aktuell den 2016 von Todd Reichert aufgestellten Weltrekord von 144 km/h.)

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