News: Die Evolution der Lactose-Toleranz
Dallas Swallow und ihre Kollegen vom University College London haben die Lactasegene bei elf unterschiedlichen Volksgruppen in Europa, Afrika und Asien untersucht, um mehr über die Evolutionsgeschichte dieses Gens herauszufinden (The American Journal of Human Genetics vom Januar 2001, Abstract). Beim Vergleich der Gensequenzen von afrikanischen und nicht-afrikanischen Volksgruppen zeigte sich, dass der Genlocus – der Ort, an dem das Gen auf dem Chromosom sitzt – bei afrikanischen Gruppen stark variiert, während alle Nicht-Afrikaner wesentlich niedrigere und meist ähnliche Grade an Diversität zeigen.
Die Wissenschaftler vermuten, dass diese hohe Diversität des Lactasegens verloren gegangen ist, als sich kleine Bevölkerungsgruppen abspalteten und von Afrika aus die anderen Kontinente besiedelten. Dort entwickelten einige Volksgruppen eine Vorliebe für frische Milch. Die Domestikation der Haustiere und der damit verbundene Milchkonsum leitete dann eine Evolution des Lactase-Genlocus ein. So haben viele Nordeuropäer traditionell große Mengen an Frischmilch getrunken, und sie sind die einzige Population der Studie, die eine auffallende Häufigkeit von Lactasepersistenz besitzen.
Dallas Swallow und ihre Kollegen nehmen an, dass die Fähigkeit, auch als Erwachsener Milch verdauen zu können, einen Selektionsvorteil für die Träger des Lactasegens darstellte. Die Individuen, welche dieses Enzym besaßen, konnten das vorhandene Nahrungsangebot optimal ausnutzen und waren so besser mit Calcium versorgt. Das Lactasegen setzte sich daher im Laufe der Zeit in den milchtrinkenden Gesellschaften durch. Offensichtlich wirkt sich die menschliche Kultur auf das menschliche Genom aus.
Siehe auch
- Spektrum Ticker vom 13.11.2000
"Die ersten Europäer"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 10.2.1999
"Mäusemelken professionell"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich) - Spektrum Ticker vom 2.8.1998
"Eine Genpille gegen Lactose-Intoleranz?"
(nur für Ticker-Abonnenten zugänglich)
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