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News: Die farbigen Seiten des Himmels

Seit mehreren Jahren ist das Deep-Sky-Treffen (DST) ein Mekka für Astrofotografen und Beobachter von Sternen, Sternhaufen, galaktischen Nebeln und Galaxien. Ein abwechslungsreiches Vortragsprogramm und die angenehme Atmosphäre am Veranstaltungsort sorgen stets für hohe Teilnehmerzahlen.
Am letzten Märzwochenende fanden sich visuelle Beobachter und Astrofotografen nahe dem hessischen Bebra zum diesjährigen Deep-Sky-Treffen zusammen. Die meisten Teilnehmer nutzten bereits den Freitag zum gegenseitigen Kennenlernen und Erfahrungsaustausch. Am Samstagvormittag begann das offizielle Programm des DST mit der Begrüßung der Teilnehmer durch die Organisatoren Jens Bohle und Peter Riepe. Die versierten Amateurastronomen leiten die Fachgruppen "Visuelle Deep Sky Beobachtung" beziehungsweise "Astrofotografie" der bundesweiten Vereinigung der Sternfreunde e.V.

Die Teilnehmer des DST 2007 | Alljährlich erfreut sich das Deep-Sky-Treffen einer wachsenden Fangemeinde. Das Bild zeigt die Teilnehmer des DST 2007.
Den Auftakt des Vortragsprogramms bildete ein Beitrag von Klaus-J. Stepputat über ein für visuelle Beobachter wichtiges Thema: altersbedingte Einschränkungen der Sehfähigkeit. Der Referent war selbst von einer Trübung der Augenlinse betroffen und entschloss sich für eine operative Erneuerung der Augenlinse. Neben einigen Bildern von Augenoperationen, die nicht unbedingt etwas für schwache Nerven waren, konnte er vor allem von einer deutlichen Steigerung seiner visuellen Wahrnehmungsfähigkeit berichten.

Frank Bewermeyer referierte über seinen Einstieg in die Astrofotografie. Hierbei setzt er auf konventionelle und bewährte Technik: Die Genauigkeit der zum Ausgleich der täglichen Himmelsdrehung erforderlichen Nachführung seiner Optik kontrolliert er manuell mit einem Fadenkreuzokular. Die Leistungsfähigkeit seiner Ausrüstung belegte Bewermeyer durch zahlreiche eigene auf Diafilm belichtete Deep-Sky-Astrofotografien.

Exotische Objekte
Exotische Deep-Sky-Objekte haben es Martin Krahn angetan. Er fotografiert leidenschaftlich gerne Herbig-Haro-Objekte und Sterne, die sich mit hohen Geschwindigkeiten bewegen (engl.: High Velocity Stars). Herbig-Haro-Objekte sind leuchtende Nebel, die als Bugstoßwelle bei den Jets junger Sterne auftreten. Inzwischen sind 600 dieser Objekte bekannt. Noch exotischer sind High Velocity Stars, die sich außerhalb der Galaxienscheibe im Bereich der Kugelsternhaufen befinden.

Lange Zeit galt es als ausgeschlossen, dass Sterne das Schwerefeld einer Galaxie verlassen können. Aktuelle Forschungsarbeiten gehen jedoch davon aus, dass dies möglich ist: Die Astronomen vermuten, dass High Velocity Stars ursprünglich Doppelsternsystemen angehörten, die nahe an einem Schwarzen Loch vorüberzogen. Hierbei wurde einer der beiden Sterne, ähnlich dem Swing-By-Manöver einer Planetensonde, auf eine so hohe Geschwindigkeit beschleunigt, dass er der Galaxie entweichen kann.

Hans-Günter Diederich beschäftigte sich mit der 1972 nach Alar und Juri Toomre benannten Toomre-Sequenz. Anhand von Aufnahmen von in Wechselwirkung stehenden nahen Galaxien illustrierten die beiden Forscher die einzelnen Phasen der Verschmelzung und ordneten sie in das nach ihnen benannte Schema ein. Besonders interessant sind die im Frühstadium der Galaxienverschmelzung auftretenden imposanten Verbindungs- und Gezeitenschweife.

Gemeinsam mit Jens Bohle setzte Hans-Günter Diederich das Tagungsprogramm mit dem Workshop "Von Aladin, Simbad und Co." fort, in dem es um die Internetrecherche von astronomischen Daten ging. Das Internet bietet eine Vielzahl von Informationsmöglichkeiten, von den neuesten Forschungsergebnissen aus der Astrophysik bis hin zu Daten über fast alle am Himmel zu beobachtenden Deep-Sky-Objekte. Die beiden Referenten gaben Tipps zu Datenbanken und Strategien bei der Informationssuche.

Bruno Mattern berichtete über seinen Wechsel von der konventionellen Astrofotografie mit Filmemulsionen zur digitalen Himmelsfotografie mit der Canon 20Da. Er zeigte seine zusammen mit Eric-Sven Vesting erbaute Sternwarte und sehr viele Astrofotografien.

Die Farben der Sterne
Während des vorangegangenen DST im Jahr 2006 äußerten die Teilnehmer den Wunsch nach einem Schwerpunktthema sowie der Vermittlung von physikalischen Zusammenhängen. Dies wurde nun mit dem Schwerpunktthema "Die Farben der Sterne" berücksichtigt, worüber Peter Riepe referierte. Hierbei erläuterte er die Morphologie verschiedener Farben-Helligkeits-Diagramme (FHD), unter anderem das der Plejaden und des Kugelsternhaufens M 92, sowie die Entwicklung der den Haufen angehörenden Sterne. Anhand einer Aufnahme mit dem 1,2-Meter-Teleskop der Sternwarte Melle wurden die Farben der Einzelsterne in M 92 diskutiert.

Arndt Latußeck berichtete über seine ersten Erfahrungen in der Photometrie. Mit den Programmen Daophot und SExtractor maß er die scheinbaren B- und V-Helligkeiten der Einzelsterne Offener Sternhaufen und trug die Messwerte in ein FHD ein. Das FHD erlaubt eine recht gute Abschätzung der Haufenentfernung.

Klassische und moderne Verfahren
In der Deep-Sky-Szene ist Stefan Schuchard seit Jahren ein Inbegriff für detailreiche Zeichnungen von sehr lichtschwachen Deep-Sky-Objekten. Bei der Suche nach neuen Herausforderungen wurde er auf Planetarische Nebel innerhalb der Magellanschen Wolken aufmerksam. Mangels Datenmaterial gestaltete sich die Recherche zu den Objekten sowie ein Erstellen von Aufsuchkarten als sehr schwierig. Schließlich nutzte Schuchard die Aufnahmen des Palomar Observatory Sky Survey (POSS) als Aufsuchhilfe. Während eines Aufenthalts in Namibia konnte er zahlreiche der nur wenige Bogensekunden großen und deshalb wie stellare Objekte aussehenden Nebel mit einem 12,5-Zoll- und 20-Zoll-Dobson-Teleskop durch Beobachtungen mit Linienfiltern identifizieren.

Gerald Willem berichtete über seinen Einstieg in die digitale Astrofotografie. Bei der Wahl seiner ersten Kamera entschied er sich für die bisher noch relativ unbekannte Atik 16 HR. In seiner Gartensternwarte nutzt er seitdem fast jede wolkenfreie Nacht für die Astrofotografie. Sein Engagement belegte er mit zahlreichen Farbbildern des Deep-Sky-Himmels.

Axel Mellinger stellte die Fotografie von großflächigen und lichtschwachen Nebeln als sein neues Projekt vor. Hierbei überraschte er vor allem mit der Leistungsfähigkeit seiner verwendeten Ausrüstung: Mit einer CCD-Kamera des Typs Starlight Xpress SXV-H9 und Normalobjektiven fotografierte er abschnittsweise großflächige Nebel, die er anschließend im PC zu einem Mosaik zusammensetzte. Durch geschickte Bildbearbeitung im PC entlockte Axel Mellinger den Aufnahmen schwächste Nebelpartien und gelangte so zu beeindruckenden Bildern der Eridanus-Blase und des Gum-Nebels, der mit einem scheinbaren Durchmesser von 36 Grad einer der größten H-Alpha-Emissionsnebel am Himmel ist.

Im letzten Vortrag des Tages stellte Frank Hauswald das zusammen mit Christoph Lohuis in der Sternwarte Neuhaus entstandene Projekt "Das Zeichnen der Messier-Objekte" vor. Das Ziel dieses von Sternfreunden für Sternfreunde erdachten Projekts besteht darin, alle Messier-Objekte möglichst realistisch darzustellen, um einen Eindruck von der visuellen Wahrnehmung am Fernrohr zu vermitteln. Hierfür werden von jedem Objekt für drei verschiedene Fernrohröffnungen fünf Zeichnungen gesammelt. Frank Hauswald rief die Anwesenden zur Mitarbeit durch das Beisteuern eigener Zeichnungen auf.

Zeichnung der Starburstgalaxie M82 | Markus Dähne beteiligte sich mit seiner Zeichnung der Starburstgalaxie M82 am Projekt »Das Zeichnen der Messier-Objekte«. Die Zeichnung entstand bei 150- und 245-facher Vergrößerung an einem 60-Zentimeter-Cassegrain mit einer Brennweite von sechs Metern.
Mit der Webcam glücklich
Bernd Gährken stellte die Idee des "Lucky Imaging" sowie seine ersten Ergebnisse ihrer Umsetzung vor. Dieses Aufnahmekonzept eignet sich vor allem für helle, kleine Planetarische Nebel: Analog zur Planetenfotografie mit Webcams werden mit einer lichtempfindlichen Kamera viele Kurzzeitbelichtungen von Deep-Sky-Objekten erstellt. Diese werden anschließend automatisch gemäß ihrer durch die Luftunruhe ("Seeing") beeinflussten Bildqualität bewertet, und schließlich die besten Rohbilder addiert. Somit können die Auswirkungen des Seeing stark gemindert werden und mit relativ einfachen Mitteln wie der Mintron- oder Watec-Videokamera hochaufgelöste Bilder von Planetarischen Nebeln aufgenommen werden.

Hans-Günter Diederich überraschte anschließend die Teilnehmer mit seinem Workshop zur Bildauswertung durch eine eher unkonventionelle Möglichkeit der Bilddarstellung und Bildanalyse: mit Microsoft Excel. Im Workshop erarbeitete er gemeinsam mit den Teilnehmern nach einer kurzen Einführung in die Welt der Bits und Pixel die Möglichkeit der Bilddarstellung in Excel und wie beispielsweise die Helligkeit einer Supernova innerhalb einer Galaxie ermittelt werden kann. Trotz der trocken wirkenden Materie gelang es Hans-Günter Diederich die digitale Welt unterhaltend und lebendig darzustellen.

Bildauswertung | Mit Hilfe von Pappscheiben erläutern Jens Bohle (links) und Peter Riepe während eines von Hans-Günter Diederich gestalteten Workshops über die Bildauswertung die Eigenschaften schwarzer und grauer Pixel.
Im Abschlussvortrag des DST stellte Peter Riepe die ersten Ergebnisse des Projekts "Ursa Minor Dwarf" der VdS-Fachgruppe Astrofotografie vor. Die Untersuchung der 250.000 Lichtjahre entfernten und gravitativ an das Milchstraßensystem gebundenen Zwerggalaxie ließ auf eine wesentlich größere Ausdehnung dieses Systems schließen als bisher angenommen.

Nächstes Treffen 2008
Im Anschluss bedankten sich die beiden Organisatoren Peter Riepe und Jens Bohle bei den Besuchern für ihr Interesse und bei den Referenten für ihre Vorträge. Gemeinsam wurden Verbesserungsvorschläge für das nächste DST diskutiert. Allgemein befürwortet wurde die Auswahl eines Leitthemas für das Treffen. Es wurde auch der Wunsch laut, nicht nur bunte Bilder zu zeigen, sondern auch Hintergrundinformationen zu den einzelnen Objekten oder der verwendeten Technik zu vermitteln. Bereits jetzt freuen sich die Teilnehmer auf das kommende Deep-Sky-Treffen, das vom 14. bis zum 16. März 2008 stattfinden wird.

Stefan Ueberschaer
Messung der Himmelshelligkeit | Klaus-J. Stepputat erklärt sein selbstgebautes Messgerät zur Ermittlung der Himmelshelligkeit.

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